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Dankesworte zur Ehrenringverleihung

Dankesrede von Friederike Doose anlässlich ihrer Ehrenringverleihung am 23. Januar in der Schlosskapelle.

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Friederike Doose bei der Dankesrede anlässlich der Ehrenringverleihung. Foto: Dorothée Schenk
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Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Stadtverordnete, liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter liebe, allerliebste Familie,

die Überraschung war groß. Zuerst völlig irritiert von Glückwünschen auf meinem Handy, von denen ich nicht wusste wofür, verfiel ich – nachdem das Rätsel gelöst war – in eine gewisse Schockstarre bei dem Gedanken nach so langer Zeit der Abstinenz wieder in der Öffentlichkeit zu stehen und reden zu müssen. Aber wie sagte der Bürgermeister auf meine Bitte, doch alles möglichst klein zu halten „da müssen Sie jetzt durch Frau Doose“. Also stehe ich hier mit klopfendem Herzen und klingenden Ohren, sehe aber in viele vertraute Gesichter, bin dankbar und freue mich, dass Ihr mir damit das Durchkommen erleichtert.

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Ihnen, Herr Bürgermeister, danke ich sehr für Ihre liebenswürdige Laudatio. Offensichtlich hat Ihnen aber niemand erzählt, wie sehr ich manchmal nervte, wenn ich – um mein Ziel zu erreichen – restlos alle mir zur Verfügung stehenden Argumente auspackte, und das konnte dauern.

Herzlichen Dank auch Dir liebe Katja, der SPD Fraktion, die den Ring ins Rollen brachte und dem gesamten Stadtrat für den einstimmigen Beschluss. Das hat mich wirklich sehr gerührt und ehrlich gesagt auch ein bisschen überrascht.

Danke Ihnen und Euch allen für die hohe Ehre, die mir mit diesem Ring zuteil wurde. Ich stehe hier allein, aber wir wissen alle, alleine erreicht man nichts. Deshalb danke an alle Mitstreiterinnen, die mich inspiriert, mit mir diskutiert, mich unterstützt und auch mal kritisiert haben. Auch heute wäre das Zusammenleben in unserer Stadt ein anderes, gäbe es nicht so viele Menschen, die als Ehrenamtliche Zeit verschenken, wie Birgit Rose, vielen von Euch sicher bekannt, es nannte.

Das klingt so viel schöner, als Zeit zu opfern. Und für diejenigen, denen es dank Ehrenamtlichen besser geht, ist diese Zeit ja tatsächlich ein wertvolles Geschenk.

Als ich 1969 der KFA wegen mit meinem damaligen Mann, einem Atomphysiker und drei kleinen Kindern von München nach Jülich kam, hätte ich nicht im Traum daran gedacht, dass ich mich 10 Jahre später für diese Stadt, die mir anfangs so fremd war, fast 30 Jahre lang als Ratsfrau und 15 Jahre lang als stellvertretende Bürgermeisterin engagieren würde. Ich tat es mit großer Freude, und offensichtlich auch mit zunehmender Akzeptanz. Denn wenn man nach einer Zeit der skeptischen Beobachtung – Frau, jung, nicht von hier und auch noch SPD – eine persönliche Einladung von Jülich 1910 bekommt und auf dem Umschlag steht „an unsere stellvertretende Bürgermeisterin“ dann fühlt man sich n dieser Funktion wirklich angekommen. Und das ist ein gutes Gefühl.

Diese 30 Jahre waren eine intensive und spannende Zeit mit dem Wunsch nach gesellschaftspolitischen Veränderungen, Frauennetzwerk, Frauen helfen Frauen, die Gleichstellungsstelle, Ausländerbeirat, Jugendparlament und Behindertengesprächskreis seien hier exemplarisch genannt.

Es war aber auch eine Zeit großer Herausforderungen wie z.B. die Unterbringung und Betreuung der vielen Flüchtlinge, die schon Anfang der 90er Jahre zu uns kamen. Da einigen der Wind scharf ins Gesicht blies bei der Suche nach möglichst sozialvertäglichen Lösungen – Dr. Nieveler stand in Selgersdorf ja regelrecht im Sturm – war unsere fraktionsübergreifende, solidarische Zusammenarbeit ein wahrer Segen.

Ich denke gerne an diese Zeit, vor allem an die Begegnungen mit Menschen zurück. Viele haben mich nachhaltig beeindruckt, wie die 100-jährige, die zufrieden in bescheidenen Verhältnissen lebend, ihr Sparbuch auflöste, um mit dem Ergebnis ihres lebenslangen Sparens ihre Beerdigung vorab zu finanzieren, selbstbestimmt über den Tod hinaus. Bei der Auswahl des Sarges durfte ich allerdings helfen.

Zu meinen schönsten Erinnerungen gehört auch das Straßenkulturfest in der Schweizer Siedlung. Es ist ein Beispiel dafür, was entstehen kann, wenn Menschen sich wahrgenommen und respektiert fühlen. Intern funktionierte unser Motto „Einer für Alle, Alle für Einen“ dank Petra Gase, der Mutter Courage im Wohngebiet, schon lange. Von außerhalb waren Vorbehalte, ja Diskriminierung die Regel.

Das Prinzip, Raum für positive Erlebnisse zu schaffen und nicht immer nur Probleme zu thematisieren, funktionierte wie bei den Veranstaltungen des Ausländerbeirates auch hier.

Dank der Kreativität und der Großzügigkeit der Bewohnerinnen wurde es ein wunderbares Fest. Viele, sehr viele kamen und waren begeistert. Die meisten hatten noch nie einen Fuß in die Schweizer Siedlung gesetzt.

Die Antwort einer Jüdin – vor den Nazis geflohen und nach Jahrzehnten zurückgekehrt – auf die Frage nach ihrem Eindruck: Alle Deutschen sind schrecklich, bis auf die, die man kennt, hat nahezu Allgemeingültigkeit.

Wenn es gelingt, uns vorurteilsfrei auf Fremdes einzulassen und zu akzeptieren, dass für andere nicht alles richtig und wichtig sein muss, was wir für richtig und wichtig halten, dann begegnen wir uns auf Augenhöhe, dann nehmen wir den Menschen wahr und nicht die Hautfarbe, das Geschlecht oder die Umstände, in denen er lebt.


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