Ich möchte mich bei Ihnen, Frau Pfeiffer-Poensgen, bedanken, dass Sie gerade auch in Jülich immer so für Kunstkultur und Wissenschaft gekämpft haben, dass sie bis zum heutigen Tag auch eine Gestalterin sind, damit Kreativität und Wissenschaft auch weiterhin gedeihen kann.
Ich möchte hier nicht der Laudatio von Nathanael Liminski vorgreifen, sondern dieses nachhaltige Wirken mit dem Ort dieser Veranstaltung des Fördervereins Museum Jülich verbinden. Aber, Herr Liminski, wenn wir uns hier schon persönlich treffen, möchte ich mich auch bei Ihnen bedanken. Vor ein paar Wochen hat in Jülich eine ganz wichtige Veranstaltung stattgefunden, im Brainergy Park. Es war die Pressekonferenz zur Ansiedlung von Quanta. Der Termin war für die Landesregierung wirklich schwierig und Herr Liminski hat dafür gesorgt, dass diese Pressekonferenz in einem Rahmen stattfinden konnte, der wirklich großartig war. Sie haben dafür gesorgt, dass unser Ministerpräsident noch ein sehr ausführliches Grußwort per Videobotschaft geschickt hat und auch Frau Staatssekretärin Krebs war zugeben. Das hat alles hier im Hintergrund gemacht und dafür meinen herzlichen Dank.
Wir sind hier in der Schlosskapelle – wir sagen ja immer in unserem Wohnzimmer – Bauherr war Herzog Wilhelm V. Von Jülich-Kleve-Berg. Er wurde geboren am 28. Juli 1516. Er ist dann Herzog geworden im Jahre 1539 und gestorben ist er am 5. Januar 1592 in Düsseldorf. Der Überlieferung nach sagt man, dass ungefähr der Zeitpunkt, wo man in unseren Breitengraden von der verbotenen Stadt spricht. Ich sehe das nicht so. Ich habe gerne in Düsseldorf übrigens gelebt. Er war eine zentrale Gestalt, das meine ich nicht nur städtebaulich. Vielleicht ist es sogar so, dass er dafür gesorgt hat, dass wir sogar heute noch in Jülich in einer sehr aufgeschlossenen, toleranten und bunten Welt leben. Ich komme darauf in meiner Grußrede noch zu sprechen. Er hatte ein sehr, sehr großes Territorium. Sein Territorium war etwas mehr als die Hälfte vom heutigen Nordrhein Westfalen. Also ich als ein demokratisch gewählter Nachfolger könnte sagen: Großartig, sehr viele Schlüsselzuweisungen. Da sind aber auch ein paar andere Kommunen dabei.
Sein Beiname war Wilhelm der Reiche. Da schließt sich so ein bisschen auch der kleine Kreis zur heutigen Zeit. Denn der Reichtum wurde nicht danach bemessen, wie viel Geld man in der Schatzkammer liegen hatte. Es wurde eher danach bemessen, was man geschaffen hatte, zum Beispiel so ein großartiges Bauwerk wie die Jülicher Zitadelle.
Wir haben keine intimen Kenntnisse darüber, wie das Leben damals so war. Was wir aber von ihm wissen ist, dass er sich mit wirklich wichtigen Menschen umgeben hat, die gleichzeitig seine Berater waren. Sie waren für die damalige Zeit sehr humanistisch eingestellt. Zwei von diesen Beratungen möchte ich ihnen ein wenig kurz näher bringen.
Da ist zum einen Konrad Heresbach, der als Erzieher und geheimer Rat Wilhelm V. diente, und zum anderen der herzogliche Leibarzt Johann Weyer. Er war von Beruf Jurist und Philologe und er stellte sich insbesondere zwei Fragen: Die Frage nach dem gerechten Staat, also im 16. Jahrhundert die Frage nach dem gerechten Staat, die man heute natürlich auch stellen kann. Eine ganz entscheidende Frage in dieser Zeit war die Frage der Konfessionspolitik. Wir sind in der Zeit der Reformation. Herzog Wilhelm und seine Berater waren eher für eine eher ausgeglichene Politik.
Man vermied Entscheidungen zu der Konfessionsfrage. Gleichzeitig stand man aber vor dem Problem, dass man die Treue zum Papst propagieren musste. Wir würden heute sagen: Er ist da so ein bisschen laissez faire damit umgegangen. Hier in Jülich, in diesem katholischen Raum wissen wir, hat es auch protestantische Predigten gegeben, und wir wissen auch, dass der Herzog an katholischen sowie protestantischen Zeremonien teilgenommen hat.
Damals wie heute war es so, dass – wenn man glaubte, man ist in einem abgeschlossenen Raum – die Information doch relativ schnell nach außen dran. Unter anderem zu seinem Schwiegervater, Kaiser Ferdinand der Erste. Diesem war es wohl mit dem laissez faire etwas zu viel geworden und er ermahnte ihn schriftlich, nicht zum Protestantismus zu konvertieren. Der Herzog und seine Berater überlegten, wie sie auf diese Ermahnung reagieren könnten, die möglicherweise sogar ein bisschen mehr war als eine Ermahnung – vielleicht sogar eine Drohung? Die Antwort war sehr klug, war ausgewogen aufgeklärt. Er schrieb zurück: „Mein lieber Herr Papa“. Nein, das hat er natürlich nicht geschrieben! Er schrieb zurück, er verstünde sich als treuer Katholik. Aber die Art seiner Religionsausübung sei etwas, das er allein mit seinem Gewissen ausmachen müsse. Das war für die damalige Zeit wirklich bahnbrechend. Es war ein Plädoyer zur Gewissensfreiheit und das hat er sogar verschriftet in der jülich-klevischen Kirchenordnung von 1564, die aber wohl aus gutem Grund nie veröffentlicht worden ist. Also in einer Zeit, wo man wegen seiner Konfession zum Tode verurteilt werden konnte, hat er ein Plädoyer für die Gewissensfreiheit vorgenommen.
Der zweite wichtige Berater war Johann Weyer. Er war sein Leibarzt. Johann Weyer beschäftigte sich unter anderem mit dem Thema der Hexenverfolgung. Und 1563 hat er eine bahnbrechende Schrift veröffentlicht über das Blendwerk des Teufels. In dieser Schrift sagte er, der Vorwurf der Hexerei basiere auf falschen Annahmen. Frauen und Männer sehen sich alleine durch von Teufel geschaffene Wahnvorstellungen als Hexen bzw. Hexer. Daher dürfe ihnen nicht der Prozess mit abschließender Verurteilung zum Tode gemacht werden, sondern sie müssten durch eine umfassende Katechese unterzogen werden, um sie in den Schoß der Gottesfürchtigkeit zu bekommen.
Diese Einstellung machte sich Herzog Wilhelm zu eigen, mit der Folge, dass im Herzogtum Hexenprozesse weitestgehend unterbunden wurden. Das hat sicherlich hunderten von Frauen und Männern auch das Leben geweckt.
Das war jetzt nicht gerade die Zeit der Aufklärung, aber Herzog V. hätte auch gut in die Zeit der Aufklärung gepasst mit seinen zukunftsweisenden Ansätzen, was Toleranz und das freie Denken anbelangt.
Jetzt schließt sich so ein wenig der Kreis, Frau Pfeiffer-Poensgen. Ihm war auch die Bildung seiner Untertanen wichtig. Er wusste, das es für die Zukunft des Reiches eine Rolle spielen werde, dass Bildung auch ankommen muss bei den Untertanen. Deswegen gründete er in Düsseldorf und in Jülich sogenannte Lateinschulen und in Duisburg war eine Universität geplant.
Um eine Universität betreiben zu können, brauchte man die Erlaubnis sowohl vom Papst als auch vom Kaiser. Und die beiden haben sich möglicherweise wegen seiner Person damit sehr, sehr schwergetan. Mit der Folge, dass diese Universität erst 90 Jahre später gegründet wurde – aber auf ihn ist sie im Prinzip zurückzuführen.
Und heute leben wir im 21. Jahrhundert. Wir leben in einer offenen, demokratischen Gesellschaft. Wir dürfen in einer offenen, demokratischen Gesellschaft leben. Wir akzeptieren unterschiedliche Meinungen, vor allen Dingen auch unterschiedliche Lebensentwürfe.
Vor dem Hintergrund der Wahlen vor ein paar Wochen sollen alle demokratischen Kräfte und die demokratische Zivilgesellschaft dafür sorgen und kämpfen, dass das so bleibt, dass wir unterschiedliche Meinungen haben dürfen und auch unterschiedliche Lebensentwürfe. Damit komme ich zum Entscheidenden und wieder hier auf diesen Ort zurückkommen: auf das Schloss. Frau Pfeiffer-Poensgen, Ihr schaffen, das ist ein Zeichen. Es kann keinen schöneren und besseren Ort geben für die Minerva-Preisverleihung an die Schlosskapelle.
Ich möchte schließen mit einer kleinen Geschichte, die Sie an unsere Stadt für immer bindet und Generationen von Schülerinnen und Schülern wie auch von Lehrerinnen und Lehrern zu ewigem Dank verpflichtet. Vor ein paar Jahren haben wir uns schon mal hier getroffen zum Minerva-Preisverleihung. Bei uns war so ein kleines Problem entstanden. Ich habe gesagt: Liebe Frau Ministerin, wenn wir jetzt durch diese Tür da hinten gehen würden und es wäre noch hell, dann würden wir ein ziemlich großes und tiefes Loch schauen. Sie haben es dann sofort ihrer Referentin gesagt. Sie hat dann eine Kladde aufgeschlagen und sich ein paar Notizen gemacht und – oh Wunder! – ein paar Wochen später kam Bewegung in die Geschichte und noch ein paar Wochen später, auch mit Unterstützung unserer Landtagsabgeordneten Patricia Peill wurde das Loch tatsächlich zugemacht. Die Stadt Jülich hat dann dafür gesorgt, dass noch Mutterboden aufgebracht und eingesät wurde. Heute ist es noch hell, Frau Pfeiffer-Poensgen, und so schauen wir auf einen wunderschönen Rasen hier im Innenhof.
Vielen, vielen Dank für Ihre Initiative und Ihr Engagement und damit bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Zum Artikel Strahlende Minerva-Ministerin