Start Stadtteile Jülich Zwischen Überraschungen, Appellen und Mahnungen

Zwischen Überraschungen, Appellen und Mahnungen

Die in den März vorverlegten Haushaltsreden der Jülicher Ratsparteien ließen eine gewisse Positivität über konstruktive Zusammenarbeit und die ausgebliebenen Steuererhöhungen spüren. Neben dieser Überraschung für die Bürgerschaft gab es auch eine für vier der fünf Fraktionen: Bündnis 90 / Die Grünen lehnte den Haushalt ab. Er wurde dennoch bei fünf Gegenstimmen angenommen.

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Mit einer neuen Masche wollen Betrüger ans Geld herankommen. Foto: pixabay
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Die Haushaltsreden der vergangenen Stadtratssitzung waren in mehrerlei Hinsicht überraschend, so leitete es auch der Fraktionsvorsitzende der CDU Marco Johnen ein, wenngleich er das Ausmaß zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorhersehen konnte.

Überraschend war zum Einen, dass sie bereits Anfang März stattfanden – anders als in der Vergangenheit, als sie erst im Juni stattfanden. Zum Anderen, dass diesmal keine Steuererhöhungen veranschlagt sind. Diese fand allgemein positiven Anklang, wenn auch mehrfach zur Vorsicht und Weitsicht gemahnt wurde. Es war von einer Erhöhung der Kreisumlage die Rede. Heinz Frey (UWG JÜL) betonte etwa die Steigerung der Jugendamtsumlage und auch neue Tarifverträge für die Verwaltung, die von der Gewerkschaft Verdi ausgehandelt werden. Sie waren ein Thema über Parteigrenzen hinweg. Der Grund des Ausfallens der Steuererhöhungen sei auch bei „Einmaleffekten“ zu finden, meinte etwa Harald Garding (SPD), insbesondere bei der Gewerbesteuer. Es zeichnete sich der Appell ab, sich nicht darauf zu verlassen, dass der Weg künftig weiter gegangen werden kann, auch wenn Johnen an den Kreis appellierte, indem er die Möglichkeit in den Raum stellte, dass aufgrund einer niedrigeren Landschaftsverbandsumlage ein Spielraum in den Zahlungen an den Kreis, also Entlastungen, für die Kommunen existiere.

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Die dritte und womöglich größte Überraschung der Haushaltsreden war wohl, dass die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen den Haushalt 2023 ablehnte. Hatte sich zuvor noch Garding zuversichtlich gezeigt, dass der Haushalt einstimmig verabschiedet werden würde, so zeigte sich die zweitkleinste Fraktion des Rats nicht optimistisch: Sebastian Steininger sprach stellvertretend davon, dass angesichts der Klimakrise Kompromisse zulasten der Natur statt etwa der Baumaßnahmen, eine fehlende Priorisierung der Mobilitätswende und die zu unkonkret und zu wenig ambitioniert eingesetzten Mittel des Haushalts dazu führten, dass er den anstehenden Anforderungen nicht gerecht werde. Überraschend auch deswegen, weil zuvor CDU-Chef Johnen noch ein Loblied auf die gute finanzielle Ausstattung zum Thema Umwelt und Nachhaltigkeit – ohne „Symbolpolitik“ – gesungen hatte.

Die Ablehnung erfolge somit, obwohl die Fraktion grundsätzlich hinter den Förderungen stehe und die Notwendigkeit sowie den Sinn der Einzelpläne sehe. Innovationen seien aber nur möglich, wenn die „Basics“ stimmten und nicht alle Projekte in großen Planungen mündeten, außerdem sei die für sie zentrale Frage der Entwicklung Jülichs im Rahmen der klimatischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Herausforderungen nur unzureichend beantwortet.

Kritik gab es auch an den geplanten Großprojekten. Von Seiten der SPD und Grünen wurde betont, dass von der Stadt selbst Vorgaben gemacht werden müssten, statt sie von den Investoren machen zu lassen. Die Stadt solle formulieren, was sie an bestimmten Orten gerne hätte – für die Sozialdemokraten steht hier etwa das Thema „bezahlbarer Wohnraum“ und „Durchmischung“ im Fokus – und es wurde von Steininger unterstrichen, dass auch Vorgaben für Investoren Zeichen politischer Stärke seien. Wolfgang Steufmehl (FDP) sah „übertrieben große Blöcke“ am Schwanenteich kritisch, es solle immerhin noch die „gemütliche Stadt Jülich“ bleiben, auch wenn er selbst ebenso die Wohnraumfrage im Zuge des Strukturwandels, explizit des Brainergy-Parks, ansprach.

Einig waren sich alle Fraktion in der Krankenhausfrage. Zwar stellten sie alle deutlich heraus, dass ein enormer finanzieller Aufwand und ebenso großes Risiko damit verbunden sei, das Krankenhaus auch finanziell zu fördern – hier müssten laut der UWG alle Ausgaben von Anfang an genauestens überprüft werden, gefordert wird ein eigener Finanzausschuss, die CDU betont ein Versagen des Bundes, der die Last auf die Kommunen abwälze während die SPD auf die angekündigte Krankenhausreform des Bundes hofft –, doch sei es die richtige Entscheidung gewesen. Steufmehl betonte die mittel- bis langfristige Relevanz der Einrichtung für den Ausbau der Stadt und die Erhaltung von Arbeitsplätzen.

Im Nachklang zur Sitzung gab Marco Johnen für die CDU sein Unverständnis zur Ablehnung der Grünen zum Ausdruck: „Total verwundert bin ich über das Verhalten der Grünen, die keinen einzigen Antrag zum Haushalt eingebracht haben aber sich dann beschweren, dass das Zahlenwerk angeblich den Herausforderungen unserer Zeit nicht gerecht wird. Ich finde das unredlich und das entspricht auch nicht dem konstruktiven Miteinander über Parteigrenzen hinweg, das uns sonst im Stadtrat auszeichnet.“

Letztlich gilt ein Haushalt, der 114 Millionen Euro an Ein- und Ausgaben vorsieht und projektbezogene Investitionskredite von gut 13,5 Millionen Euro. Der „Dispo“ – der sogenannte Kassenkredit – liegt bei maximal 130 Millionen Euro.


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