Das Thema Gesundheit ist so präsent wie nie. Immerhin wird der Alltag momentan von Schutzmaßnahmen geprägt, die eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 verhindern sollen. Allerdings gab es bereits vor der Pandemie andere Erkrankungen, die tödlich sein können. Und ob aus Angst vor dem Corona-Virus oder mit dem Willen, Arztpraxen und Krankenhäuser zu entlasten: Seit dem Beginn der Pandemie treten häufiger Fälle im Krankenhaus auf, bei denen die Patienten ihre Erkrankung verschleppt haben. Das ist der Gesundheit nicht zuträglich und kann im schlimmsten Fall auch den Tod zur Folge haben.
„Wir sehen aktuell Patienten, die zwei bis drei Wochen lang mit starken Bauchschmerzen keinen Arzt aufgesucht haben und dann mit einer Hohlorganperforation (Magen-oder Darmperforation) im Krankenhaus vorstellig werden. In dieser Häufigkeit haben wir solche Verläufe bisher nicht gesehen“, sagte Dr. Christoph Walter, der Chefarzt für innere Medizin des St. Elisabeth Krankenhaus Jülich und machte auch darauf aufmerksam, dass aktuell bundesweit rund 20 Prozent weniger Tumor-Patienten zu verzeichnen sind. Sollten diese 20 Prozent tatsächlich gerade Arztpraxen und Krankenhäuser meiden, kann das ein Problem werden. Ein fortgeschrittenes Tumorleiden infolge verzögerter Diagnostik ist prognostisch deutlich ungünstiger als Tumorerkrankungen im Frühstadium. Auch in der Kardiologie werden vermehrt Patienten mit thorakalen Beschwerden (Brustschmerz) vorstellig, die erst verspätet einen Arzt konsultieren.
Dr. Klaus Hindrichs, ärztlicher Direktor und Chefarzt der Chirurgie des St. Elisabeth Krankenhauses, rät aus ärztlicher Sicht davon ab, sogenannte Eigendiagnostik zu betreiben. Notfälle werden auch während der Pandemie im Krankenhaus behandelt. Bis jetzt habe man niemandem ein Intensivbett vorenthalten müssen. Wenn man also der Überzeugung ist, dass gerade ein ernster Notfall vorliegt: Rettungsdienst rufen. Bei Beschwerden jeglicher Art ist eine Rücksprache mit dem Hausarzt oder Vorstellung in einer Notfallambulanz dringend erforderlich.
„Wir haben den ureigenen Auftrag für Menschen zu sorgen. Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir die medizinische Versorgung gemeinsam mit unserem Träger beibehalten können. Der Mensch hat Vorrang“, Hindrichs weiter. Mehrmals in der Woche stehe man intern, aber auch mit den Krankenhäusern im Umland im Austausch, um die allgemeine Lage zu überblicken und um zeitnah auf die aktuelle Situation reagieren zu können.
„Wir haben in der Pandemie viel gelernt. Niemand in der westlichen Welt musste sich vor der Corona-Pandemie mit einem solchen Szenario auseinandersetzen“, blickt Christoph Walter auf die letzten Monate zurück. Und die Krankenhäuser im Kreis Düren hatten vergleichsweise viel Zeit, um Erfahrungen zu sammeln. Denn mit dem Beginn der Pandemie übernahmen die Krankenhäuser der Josefs-Gesellschaft aus Köln, zu dem auch das Jülicher Krankenhaus gehört, auch Patienten aus Heinsberg und den Niederlanden. Rund 150 Patienten, die mit dem grassierenden Corona-Virus infiziert waren, wurden bereits in Jülich behandelt.
Zeit, in der sich das Sicherheitssystem innerhalb des Krankenhauses immer wieder weiterentwickelt hat. Alle Mitarbeiter des Krankenhauses haben die Möglichkeit, sich einmal die Woche auf das Virus testen zu lassen. Außerdem sind die Impfungen im vollen Gange. Gerade findet die zweite und damit letzte Impfrunde statt. Die beiden Ärzte schätzen die Impfbereitschaft unter den Mitarbeitern auf über 90 Prozent. Sämtliche Patienten, die ins Krankenhaus eingeliefert werden, werden nach Erkältungssymptome befragt, Fieber gemessen und es wird ein Test auf COVID-19 durchgeführt. Risikogruppen sowie Patienten, die positiv getestet sind, werden isoliert. „Das ist ein enormer wirtschaftlicher und logistischer Aufwand, den wir seit dem Frühjahr 2020 betreiben“, sagt Hindrichs. Außerdem gibt es eine Maskenpflicht (FFP2) und es gilt das Gebot des Abstands. Mitarbeiter, die positiv auf COVID 19 getestet sind, bleiben selbstverständlich zu hause. Laut Hindrichs werden positiv getestete Mitarbeiter sofort in Quarantäne entlassen. Dazu Walter: „Es gibt mehrere Gründe dafür. Zum einen geht es um die Patientensicherheit. Zum anderen geht es um die Gesundheit des Personals und auch um einen psychologischen Aspekt.“
Dennoch: „Nichts ist 100prozentig“, sagt Hindrichs. Das gilt auch für die Corona-Schutzmaßnahmen. Aktuell gilt: Risiken abwägen.