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Was bewegt…Kirchberg?

Der HERZOG besucht derzeit alle Ortschaften und deren Ortsvorsteher und Ortsvorsteherin. Im Jahr 2021 startete die Stadt Jülich das so genannte Dorfentwicklungskonzept – ein Instrument, um Lösungen für die aktuellen Herausforderungen im „ländlichen Raum“ zu entwickeln. Gespannt warten auch Bürgerinnen und Bürger nach zwei Terminrunden mit der Stadtverwaltung auf die Ergebnisse. In Kirchberg drängen derweil zahlreiche Probleme auf eine Lösung.

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Seit der Schließung des "Lindenhof"s wünscht sich Kirchberg einen neuen Ort für Versammlung und Geselligkeit. Foto: Sonja Neukirchen
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Kirchberg ist mit 1700 Einwohnern ein größerer Ort und liegt im Westen von Jülich. Es existieren weder Nahversorgung noch ein Gaststättenbetrieb oder eine nutzbare Bürgerhalle; der ehemalige „Lindenhof“ steht leer – mit ungewisser Zukunft. Insgesamt fünf Industriebetriebe, Papier-, Spezial-Chemie, Logistik-, geben dem Ort dafür ihr Gepräge, der seit Generationen Standort der Papierindustrie ist.

Helmut Schmidt ist seit 2022 Ortsvorsteher von Kirchberg sowie Geschäftsführer der Jülicher SPD Fraktion und Mitglied des Aufsichtsrates der Stadtwerke Jülich. Welche Themen bewegen die Menschen in Kirchberg gerade am meisten? „Wir haben hier eine besondere Lage im Jülicher Raum, was ungelöste Infrastrukturprobleme bezüglich des örtlichen Lebens und natürlich auch der örtlichen Industrie betrifft“, definiert Schmidt gleich zu Beginn den bedeutsamen Rahmen der Probleme im Ort. Es gehe in Kirchberg insbesondere um Wege, Straßen und Straßenführungen. In Zukunft werde Kirchberg jedoch praktisch das „Tor zum Indesee“.

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„Hier sollte daran gedacht werden, dass der industrielle Verkehr an Kirchberg vorbeigeführt wird, sowohl beim Dorfentwickllungskonzept, verbunden mit dem Mobilitätskonzept, als auch im Rahmenplan des Strukturwandels zum Indesee“, so der Ortsvorsteher. Erst dann könne von einem „Tor zum Indesee“ überhaupt gesprochen werden. Die Straßenplanung sieht Schmidt als einen strategischen Standort-Faktor, insbesondere eine verbesserte südliche Anbindung, wo auch LKW verkehren könnten, ohne durch den Ort zu müssen.

Foto: Sonja Neukirchen

Ein weiteres strategisches Thema erhitzt im Ort des künftigen „Indesee-Tors“ einige Gemüter: Es liegt ein Bebauungsplan vor, der ein Hochregallager mit einer möglichen Höhe von 34 Metern und einer möglichen Länge von über 40 Metern am Ortseingang beinhaltet. Außerdem eine erweiterte Papierproduktion der ortsansässigen Traditionsfirma Carl Eichhorn KG. Aus Sicht vieler Bürger gefährde eine Umsetzung dieses Plans ihre Lebensqualität im Ort und sei in aktuell geplanter Größe und Gestaltung des Bauvorhabens außerdem landschaftsschädigend. Das Unternehmen genießt als langjähriger Arbeitgeber jedoch gleichzeitig Sympathien bei vielen Bürgern.

Zu dem offengelegten Bebauungsplan, der bereits rechtlich überarbeitet ist, habe es eine Vielzahl an Einwände gegeben, so Schmidt. Darunter ist auch sein eigener als Kirchberger Bürger. Die rechtliche Überarbeitung war nötig geworden, weil eine Klage gegen den ursprünglichen, etwa sechs Jahre alten Bebauungsplan, dies notwendig gemacht hatte. Eine erneute Abstimmung im Jülicher Rat steht jetzt bevor. „Ich bin in der Funktion des Ortsvorstehers mit den betroffenen Anwohnern und einer Kirchberger Bürgerinitiative bei einzelnen politischen Parteien gewesen und habe das Thema diskutiert“, so Schmidt. Es gehe den Bürgern in erster Linie um einen verbesserten Lärmschutz, Verkehrssicherheit, und um die Höhe des Horchregallagers und eine optisch ansprechendere Fassade der geplanten Bauten an der Ortseinfahrt L241. Mitglieder des Vereins Zukunft Kirchberg e.V. hatten schon in der Vergangenheit Kompromiss-Vorschläge gemacht, um Verbesserungen für die Bürger und den Standort Kirchberg zu erreichen.

Foto: Sonja Neukirchen

Schmidts eigene Bedenken bezögen sich auf „harte Fakten“: Die überarbeiteten, sechs Jahre alten Gutachten zeigten wenig Bezug zu den nach der Flutkatastrophe möglicherweise neuen Bodenverhältnisse. Bei einem 24 Stundenbetrieb sei außerdem ein Licht-Emissionsgutachten sinnvoll – gekoppelt mit einem vorgelegten Lärmschutz-Gutachten, findet der Ortsvorsteher: „Wir wollen die Lebensqualität verbessern und auch einen touristischen Charakterzug für Kirchberg aufbauen. Aber das sollte nicht schon am Eingang Kirchbergs verhindert oder sogar zerstört werden“, so Schmidt. Dies müsse im DEK berücksichtigt werden.

Ein weiterer ganz wichtiger Aspekt, den viele Bürger im Rahmen der DEK- Veranstaltungen vorgebracht hatten: der Wunsch nach einem Versammlungsort für soziale Aktivitäten. Kirchberg verfügt über keine nutzbare Bürgerhalle. Es sei bereits ein Grundstück identifiziert, wo ein Bürgerhaus gebaut werden könne. Ein fertiges, vom Dorfverein Zukunft Kirchberg e.V. ausgearbeitetes Konzept zum Umbau des Dorfplatzes, liegt der Stadt vor und wäre der erste Schritt auf dem identifizierten angrenzenden Grundstück, das Bürgerhaus als Dorfmittelpunkt zu errichten, findet Schmidt. „Dies ist natürlich nur dann richtig umsetzbar, wenn die ansässige Industrie den Ort von Süden und von Norden her „freier“ beliefern könnten und nicht immer Kirchberg durchfahren müssten. Der Dorfplatz würde damit verkehrsberuhigt“.

Die Parkplatzsituation, eine veraltete Straßenführung sowie gewünschtes Tempo-30 im Ort, hatten Bürger ebenfalls auf der Wunschliste. Auch ein konkreteres Hochwasser-Konzept im Hinblick auf Zusammenfluss von Inde und Rur in Kirchberg stehe aus. „Die Hochwasser Unsicherheit bleibt“, so Schmidt.

Ortsvorsteher Helmut Schmidt. Foto: Sonja Neukirchen

Bezüglich des Status des DEK, das die Stadt vor Jahren ins Leben gerufen hatte, findet Schmidt: „Wir hatten in 2022 eine Veranstaltung mit großer Kirchberger Bürgerbeteiligung, wo federführende Personen der Stadt Jülich, der Planung und des „Strukturwandels“ dabei waren. Die gebildeten Bürgergruppen in dieser Veranstaltung warten immer noch auf Antworten. Wir wissen nicht, wie es weitergeht.“ Die inzwischen erfolgte Renovierung der Vereinsräume in der „Alten Schule“ sei von den Bürgern positiv aufgenommen worden, aber sei letztlich nur ein Tropfen auf den „Heißen Stein“, so Schmidt. Und was vermisst er beim so genannten DEK in Jülich? „Eine konkrete Rückmeldung zu den „wahren“ Kirchberger Themen ist schon lange überfällig.“

Der Herzog stellt Fragen
Was muss in den Ortschaften rund um Jülich passieren, damit sie auch in Zukunft attraktive Wohnorte bleiben – oder sich dazu entwickeln? Laut Statistischem Bundesamt wird bis Mitte 2030 die Anzahl der Menschen im Rentenalter um etwa 20% steigen. Der Verkehr als größter Verursacher von Treibhausgasen, erfordert ein Umdenken, gerade bei der Anbindung der Dörfer an die Stadt – Stichwort Mobilitätswende. Die Stadt Jülich möchte außerdem wachsen, und potenzielle Neubürger brauchen Wohnraum. Gerade zugezogene Städter beteiligen sich aber oft weniger am Vereins- und Gemeinschaftsleben der Dörfer. Dafür Lösungen zu entwickeln ist unter anderem Aufgabe von Dorfentwicklungskonzepten. Wo der Schuh am meisten drückt, möchte der HERZOG mit den Ortsvorstehern in einer Artikel-Serie klären.


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