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Was bewegt….Selgersdorf

Im Jahr 2021 startete die Stadt Jülich das so genannte Dorfentwicklungskonzept – ein Instrument, um Lösungen für die aktuellen Herausforderungen im „ländlichen Raum“ zu entwickeln. Gespannt warten jetzt Bürgerinnen und Bürger sowie Ortsvorsteher nach zwei Terminrunden mit der Stadtverwaltung auf die Ergebnisse. Der HERZOG möchte dieses Mal genauer wissen, was die Menschen in Selgersdorf bewegt.

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Foto: Sonja Neukirchen
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Den Begriff „Dorf“ mag der Ortsvorsteher von Selgersdorf, Bernhard Westphal, deutlich lieber, als die aus der Verwaltung stammende neue Bezeichnung „Ortschaft“. Und das, obwohl Westphal selbst durch seine ehemalige berufliche Tätigkeit bei der Bundeswehr von Verwaltungsprozessen geprägt ist. Das kommt ihm jetzt bei seinen Aufgaben als Ortsvorsteher zu Gute.

Westphal liebt dieses „Urwüchsige“, was er mit dem Wort „Dorf“ verbindet. Dass dies jedoch nicht „Verfall“ bedeuten darf, macht der Ortsvorsteher ebenfalls deutlich. Dass Jülichs Dörfer Sanierungsbedarf haben, hat diese Reihe bereits gezeigt. Hier macht auch Selgersdorf, einem Ort im Jülicher Süden, keine Ausnahme.

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Selgersdorf habe gerade seine einzige Kneipe verloren, schildert Westphal mit Bedauern. Er erklärt weiter: Dies war unter anderem das ausgewiesene Stammlokal der KG Strohmänner Jülich Selgersdorf 1966 e.V.. Der Ort verfügt über zwei Karnevalsgesellschaften. Auch die KG Ulk Selgersdorf 1925 e.V. ist dort beheimatet. Ortsvorsteher Westphal ist seit fast 40 Jahren Mitglied und habe da „fast alles mitgemacht“, erinnert er sich fasziniert an zahlreiche Geschichten, die er erzählen könne, schmunzelt er. Auch der Mai-Club ist in Selgersdorf eine Säule, die zusammen mit der St. Katharina-Schützenbruderschaft das Vereinsleben belebt. Nicht zu vergessen der SV Selgersdorf 1910 e.V. mit seiner Fußballmannschaft. In der Vielfalt des Vereinslebens besteht offenbar Selgersdorfs wahrer Luxus.

Doch es gibt – wie in fast allen Orten – auch Probleme, was die Versammlungsstätten angeht, erklärt der Ortsvorsteher. In diesem Fall ist das Kernthema der Dorfplatz. Ein Veranstaltungsort ist dieser hauptsächlich während der Karnevalszeit, wenn die KGs ihre Zelte legen. Der Mai-Club nutzt den Dorfplatz für das Aufstellen des Maibaums und die Feierlichkeiten in den 1. Mai. Außerdem gibt es ein Sommerfest der „Strohmänner“ sowie einen Adventsbasar.

Foto: Sonja Neukirchen

Es tue Not, diesen Platz so herzurichten, dass er für verschiedene Veranstaltungen genutzt werden könne, findet Westphal. Ein Konzept für eine multifunktionale Nutzung muss her, so sein Wunsch. Und so steht es auch auf der „Wunschliste“, die aus den DEK-Veranstaltungen mit den Bürgern resultiert. Ein weiteres Thema ist die unklare Parksituation der Kita-Beschäftigten, die den Dorfplatz dafür nutzen.

„Sitzgelegenheiten“, und nicht nur Asche-/Schotterplatz, wünscht sich Westphal für den zentralen Ort im Dorf. Und er ergänzt: Der Platz soll vor allen Dingen schöner aussehen, aber auch für die Zeltlegung weiter genutzt werden können. Am 12. Mai hat  im Rahmen des DEK dazu zuletzt ein Treffen mit dem Planungsamt gehabt. Es gibt bereits eine Zeichnung und ein paar formulierte konzeptionelle Anforderungen.

Ein weiteres Thema ist für den Ortsvorsteher der Rurufer-Radweg: Da wo die Schophovener Brücke ist, da gibt es einen Weg nach Selgersdorf. „Das weiß nur keiner.“ Da hätte man die Kneipe als Einkehrmöglichkeit bewerben können. Die Radwege sind außerdem künftig so auszuschildern, dass man Selgersdorf auch findet, regt der Ortsvortsteher an. Das sei zudem eine ungefährliche Möglichkeit, über einen außerdem noch sehr schönen Weg auch nach Jülich zu finden, ohne über die B56/L253 zu müssen.

St. Stephanus, Selgersdorf. Foto: tee | Archiv

Was insbesondere die Bürger bemängelten: die Bürgersteige. „Ich hatte eine Begehung mit einem Mitarbeiter des Tiefbauamtes“, erinnert sich Westphal. Er habe dabei viele Tipps und Ansprechpartner bekommen. Es gebe Stolperfallen aber gemäß der Regularien müsse bei diesen eine bestimmte Höhe überschritten sein, um als solche zu gelten. „Aber Rollator-Fahrer und ältere Menschen halten sich beim Stolpern nicht an Regularien“, ergänzt er nicht ohne Ironie. Auf der einen Seite möchte man die Bäume mit ihrem Wurzelwerk nicht missen. Auf der anderen Seite müsse der Fußweg aber vernünftig sein. Allerdings räumt Westphal in Richtung Stadtverwaltung Jülich lobend ein: „Wenn ein massives Problem auftritt, dann wird es auch behoben.“

Was Westphal auch nicht besonders gefällt in Selgersdorf sind die Bushaltestellen: „Diese sollen wohl angegangen werden in einer Maßnahme mit Anhebung der Bürgersteige für einen barrierefreien Zugang in die Busse.“ Einen Zeitplan gebe es derzeit nicht, erklärt der engagierte Ortsvorsteher. Die Verkehrsverbindung über die Rurtalbahn funktioniere super. „Dadurch sind wir in einer glücklichen Lage“. Auch die Autobahnanschlüsse sind gut zu erreichen.

Als Wohngebiet findet der Ortsvorsteher Selgersdorf jedoch attraktiv. Einkaufen sei in Jülich, Huchem-Stammeln, der Neuen Mitte in Niederzier oder gar Düren optimal möglich. Diese Wahlmöglichkeit sieht er als Standortvorteil. Zum Thema „Wachstum der Dörfer“ weiß Westphal, dass es langfristig am Ortseingang und Ausgang Baugebiete geben werde.

Das Vereinsleben sei nach wie vor rege, aber Nachwuchs zu begeistern mitunter schwierig. Seine Empfehlung lautet, die Ideen Jüngerer bei der aktiven Vorstandstätigkeit verstärkt zu berücksichtigen. „Verein in der heutigen Zeit ist unheimlich schwierig“. Früher sei das Dorf noch „urwüchsig“ gewesen. Es habe immer Leben gegeben. Von den neu Zugezogenen bekomme man häufig nur jemanden in die Vereine, wenn es deren Kinder täten.

Wie in anderen Dörfern ist auch in Selgersdorf das Thema Tempo-Sünder ein Problem. Selgersdorf sei im Bereich der Altenburger Straße als Mischgebiet ausgewiesen, außerdem durchzieht eine Kreisstraße das Dorf. „Speziell im Feierabendverkehr gibt es hier keine angepasste Fahrweise.“ In der DEK-Wunschliste steht deshalb der Vorschlag einer dauerhaften Tempomessung, mit einer konkreten Tempo-Angabe statt eines Smileys.

Was verspricht sich Westphal vom DEK? Die Veranstaltung war eine „Wünsch-dir-was-Veranstaltung“. Dass sich die Selgersdorfer Bürger einmal äußern und eigene Ideen einbringen konnten, das sei positiv und entsprechend gut war wohl die Resonanz. Beim zweiten Mal sei es schon schwieriger gewesen, die Plätze zu füllen und gemeinsam mit drei Dörfern in einem Raum etwas weniger effektiv als die erste. Insgesamt haben sich ein paar Kernthemen gezeigt. Die gilt es nun gweiter zu verfolgen und dann auch umzusetzen, wenn es nach Westphal geht.

Der Herzog stellt Fragen:
Was muss in den Ortschaften rund um Jülich passieren, damit sie auch in Zukunft attraktive Wohnorte bleiben – oder sich dazu entwickeln? Laut Statistischem Bundesamt wird bis Mitte 2030 die Anzahl der Menschen im Rentenalter um etwa 20% steigen.. Der Verkehr als größter Verursacher von Treibhausgasen, erfordert ein Umdenken, gerade bei der Anbindung der Dörfer an die Stadt – Stichwort Mobilitätswende. Die Stadt Jülich möchte außerdem wachsen, und potenzielle Neubürger brauchen Wohnraum. Gerade zugezogene Städter beteiligen sich aber oft weniger am Vereins- und Gemeinschaftsleben der Dörfer. Dafür Lösungen zu entwickeln ist unter anderem Aufgabe von Dorfentwicklungskonzepten. Wo der Schuh am meisten drückt, möchten wir mit den Ortsvorstehern in unserer Reihe klären.


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