Aktuell bestimmen Kräne und erdverkrustete Straßen das rund 42 Hektar große Areal des Brainergy Parks. Gut sichtbar wird, was bislang nur auf dem Papier stand: Unternehmen siedeln sich an. Sieben Baustellen, berichtet Geschäftsführer Frank Drewes, sind es aktuell, die „in Arbeit“ sind. Eine der Baustellen ist der Hub, für den der symbolische Spatenstich im vergangenen November erfolgte. „Der Keller wird gerade ausgekoffert – große Erdmassen werden bewegt, da ist Tempo drin“, formulierte Drewes. Für Juni kündigte er die Grundsteinlegung an, im letzten Quartal 2026 soll Eröffnung gefeiert und der Regelbetrieb im ersten Quartal 2027 aufgenommen werden. „Wir sind nach wie vor im Zeitplan.“
Dazu kommt der „Mobility Park“, ein Holz-Parkhaus mit 270 Stellplätze, Lade-Infrastruktur für E-Autos und Platz für E-Scooter. „Die Ausschreibung geht nächste Woche raus“, lautete die Information. Hierfür, den Bau eines S1-Labors und die Erweiterung der Start-Up-Village gibt es noch einmal eine namhafte Förderung von 15,1 Millionen Euro. Übrigens sind alle Module der Start-Up-Village inzwischen bezogen. Zwei weitere Gründerteams stünden auf der Warteliste. Der Plan ist daher, weitere Module anzuschaffen. Hierfür stünden 1,5 Millionen Euro Förderungen im Raum.
Der Brainergy Park ist ein Erfolgsmodell, darin waren sich die Gesellschafter und die Geschäftsführung bei der Jahrespressekonferenz einig. Weit über 100 Millionen Euro an Fördermitteln habe, so erklärt Geschäftsführer Frank Drewes, der interkommunale Gewerbepark an öffentlichen Fördermitteln erhalten, wenn der vierte Zuwendungsbescheid da ist. Er wird in Kürze erwartet. Das spräche für das wegweisende Strukturwandelprojekt. 174 Hektar zusätzliche Fläche möchte die GmbH auf der Merscher Höhe erschließen. Und hier fließt dann bei aller positiver Bilanz, die gezogen wurde, ein Wermutstropfen.
Während die Vermarktung gut läuft und wenn der Regionalplan Ende des Jahres verabschiedet wird – mit bis zu 172 Hektar Flächenerweiterung, die in den kommenden Jahrzehnten erschlossen werden sollen, – dann steht die GmbH vor dem Problem der Vorfinanzierung, wie Brainergy-Park-Aufsichtsratsvorsitzender Axel Fuchs erläuterte. Fünf bis sieben Jahre dauere es vom Ankauf der Fläche bis zur Möglichkeit, sie zu vermarkten. Für die drei Kommunen, die hier als Gesellschafter einstehen, ist das kaum mehr zu bewältigen. Titz’ Bürgermeister Jürgen Franzen prägte in diesem Zusammenhang den Satz: „Wir sind kurz davor zu Tode zu siegen.“ Im Klartext: Das Eigenkapital stehe auf der falschen Seite der Bilanz. Hintergrund: Die Grundstückspreise seien gestiegen, die Zinssituation habe sich verändert, enorme Investitionen müssten getätigt werden, ehe ein Betrieb entstehen könne und „betriebswirtschaftlich müssen wir in Vorleistungen gehen“. Finanziert würden sie über Bürgschaften, aber „irgendwann ist das Bürgschaftsvolumen erschöpft.“ Nicht zum ersten Mal wurde der Wunsch in Richtung Regierung NRW laut, durch Landesbürgschaften für die nötige Sicherheit zu sorgen. Gerade weil auf der anderen Seite Jürgen Frantzen die Losung ausgibt. „Ich bin zuversichtlich, dass das Unternehmen sich in Zukunft gut entwickelt.“
Auch nicht neu, aber wieder auf den Tisch gebracht wurden die Kosten für die so genannte archäologische Prospektion. Axel Fuchs ließ sich auch von Geschäftsführer Drewes nicht in seinem Plädoyer bremsen in der rhetorisch angelegten Frage: „Ist im Strukturwandel die Schaffen von Arbeitsplätzen wichtiger oder ist es das Einzelinteressen. Meine Antwort ist einfach: Vor dem Hintergrund, was gefunden wurde, ist das Verhältnis gekippt.“ Die kosten für die Archäologie bezifferte Fuchs mit einer sechsstelligen Summe und damit fast so hoch wie die vollständige Erschließung des Areals für den Brainergy Park. „Um es flapsig zu sagen: Und dafür liegen im Bonner Museum ein paar Scherben.“
80 Prozent der Flächen, die aktuell im Angebot sind, sind bereits veräußert oder verplant. Neun statt der vorab angenommenen zwei Hektar Gewerbeflächen seien im abgelaufenen Jahr 2024 veräußert worden. Bürgermeister Frank Rombey stellte klar, dass die noch zur Verfügung stehenden 20 Prozent der Flächen innerhalb weniger Stunden an Interessenten abgegeben werden könnten. „Aber wir nehmen ja nicht jeden.“ Hier gehe es nicht um Arroganz, sondern darum, dass die Unternehmen auch zum Konzept passen müssten. Die thematische Ausrichtung laute: Fokussierung auf Digitalisierung und neue Energie. Besonders stolz ist die GmbH auf die über 90 Prozent Co2-freie Energieversorgung als Alleinstellungsmerkmal. Nachhaltigkeit sei ein wichtiges Argument für neue Ansiedlungen, erklärte Drewes und eines, dass beispielsweise den Brainergy Park für das taiwanesische Unternehmen Quanta attraktiv gemacht habe. Hier sind, so war in den Zwischentönen zu hören, auch ein Zuzug von weiteren Firmen zu erwarten, die als Zulieferer von Quanta eng mit dem Unternehmen verbunden sind.
Auf Nachfrage bestätigte, dass zwei Aachener Unternehmen aus den Bereichen RWTH und Fraunhofer ebenfalls Interesse für eine Ansiedlung gezeigt hätten. „Wichtig ist, dass der 3. Bauabschnitt kommt“, betont Geschäftsführer Drewes. Gerade sei die Nachfrage hoch, wenn zu lange dauere, ebbe das Interesse ab. „Wir brauchen sehr schnell große Flächen“, legt Drewes nach. Hierfür steht das Projekt „Brainergy Global“. „Wir würden gerne Flächen größer fünf Hektar anbieten – überregional.“
Das neue interkommunale Projekt und eng mit dem Brainergy Park verbunden entsteht in der Landgemeinde Titz: Auf neun Hektar ist Platz geschaffen worden für Handwerksbetrieben – für etablierte und engagierte. Der Titel „Brainergy Craft“ spricht für sich. Der Aufsichtsrat hat’s einstimmig beschlossen, der Notar beurkundet und der Aufstellungsbeschluss ist gefasst. Jetzt müsse die beantragten Fördermittel noch fließen.
Betont wurde auch die Akzeptanz der Menschen vor Ort und in der Region. Dafür sorgen unter anderem die so genannten Brainergy-Botschafter, die ehemaligen „Väter“ des interkommunalen Gewerbegebietes und ehemaligen Bürgermeister von Niederzier, Hermann Heuser, beziehungsweise von Jülich, Heinrich Stommel. 35-mal führten sie Gäste aus Politik, Bevölkerung und Wirtschaft durch das Areal.