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Streitpunkt Bürgerbeteiligung

Bei der Umgestaltung des Marktplatzes werde die Planung dem Ergebnis der Onlinebeteiligung nicht gerecht, kritisiert Grünen-Fraktionsvorsitzender Sebastian Steininger in einer Stellungnahme. Die Stadtverwaltung widerspricht. Die zitierten Zahlen würden falsch gewertet. Heute Abend im steht der Beschluss der "Variante 5" als endgültiges Ergebnis der Vorplanung des Marktplatzes auf der Tagesordnung im Ausschuss für Kultur, Dorf- und Stadtentwicklung, Wirtschaftsförderung.

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Visualisierung Variante 5 Markplatzgestaltung. Abbildung: MWM
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Das Thema „Bürgerbeteiligung“ ist in Jülich viel diskutiert. Bereits im Juni kam es in der Kulturmuschel zwischen den Vertretern der Jülicher Fraktionen zu einem verbalen Schlagabtausch während einer Ausschusssitzung. Während eine mangelnde Bürgerbeteiligung von SPD und Bündnis 90/die Grünen noch zum Thema Marktplatzvarianten angemahnt worden war, brachte die SPD einen Antrag Schlossplatz für alle Generationen ein, der nach Ansicht der anderen Parteien eine Bürgerbeteiligung außen vor ließe. Nach der Auswertung der Bürgerbeteiligung zum Marktplatz soll im aktuellen KDSW-Ausschuss heute der letztliche Startschuss für die Umgestaltung des Marktplatzes per Beschluss der politischen Vertreter erfolgen. Nach der jüngsten Stellungnahme von Grünen-Fraktionsvorsitzendem Sebastian Steininger ist damit zu rechnen, dass dies nicht die Zustimmung von Bündnis 90/ die Grünen finden wird.

„Aus Sicht der Jülicher Grünen wird dabei dem Ergebnis der Onlinebeteiligung nur unzureichend Rechnung getragen. Die Grünen werden sich daher für eine Anpassung der Planung gemäß den Wünschen der Bürgerinnen und Bürger einsetzen“, schreibt Steininger. Er habe die Auswertung intensiv durchgearbeitet und sei zu dem Schluss gekommen: „Die von den Jülicher Bürgerinnen und Bürgern geäußerten Meinungen wurden teilweise schlichtweg ignoriert.“ Julia Huneke als Amtsleiterin des Stadtmarketing in der Stadt Jülich widerspricht. Zwar seien 543 Zugriffe auf der Beteiligung-Seite verzeichnet worden, aktiv durch Meinungsäußerung beteiligt hätten sich aber weniger als 10 Prozent. 50 einzeln Beteiligte seien festzustellen. 66 Prozent der Kommentatoren seien über 60 Jahre alt gewesen. Deutlich mehr hätten die Beiträge mit „Daumen hoch“ und „runter“ bewertet, aber hier sei keine Altersstruktur auszumachen. „Auswertung und Interpretation sind ausgesprochen komplex“, sagt Julia Huneke. Die Auswertung zeige zwar ein Meinungsbild, spiegele aber nicht die Meinung der ganzen Bevölkerung in Jülich wider. Diese Erkenntnis spiele vor allem bei den zu bewertenden Einzelmaßnahmen eine Rolle. Bürgermeister Axel Fuchs ergänzte: „Wir sind dankbar, dass wir diese Bürgerbeteiligung machen dürfen – und ja auch machen müssen –, aber daraus zu schließen, dass ausschließlich die Befragung als Bürgerwille zählt, das geht zu weit. Letztlich leben wir in einer parlamentarischen Demokratie. Die letzte Entscheidung liegt beim Rat der Stadt Jülich.“

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Sebastian Steininger macht den Erhalt der Bäume auf dem Markt- und Kirchplatz als besonderes Anliegen der Jülicherinnen und Jülicher aus. „Über 200-mal wurden Aussagen wie ,Die Bäume auf dem Marktplatz müssen erhalten bleiben‘ positiv bewertet. Dem stehen gerade mal 30 negative Bewertungen gegenüber.“  Jede Äußerung werde einzeln gezählt, erläutert Amtsleiterin Julia Huneke, so dass der Eindruck entstehen könnte, dass die Beteiligung weitaus höher gelegen hätte. Faktisch hätten aber die bereits genannten 50 Einzelpersonen mehrere Kommentare verfasst. Bürgermeister Axel Fuchs stellt fest, dass sich die Bevölkerung für Bäume auf dem Marktplatz ausgesprochen hätte, es müssten aber keineswegs die bereits bestehenden Bäume sein. Bereits bei der Bürgerbeteiligung im Mai (Minute 4 im Livestream) hatte er deutlich gemacht, dass der Baumbestand „mit hohen personellen und finanziellem Aufwand“ versetzt werden solle. Grund hierfür ist, dass der Marktplatz in einer Tiefe bis zu 2 Meter ausgekoffert werden muss. Neben der Verlegung neuer Hausanschlüsse steht auch eine archäologische Untersuchung an. Würden die Bäume nicht versetzt, würden sie in jedem Fall eingehen. Für die Neuanpflanzung sei eigens ein Gelände bei den Nordpoldern angekauft worden, wo ein „Ort für besondere Anlässe“ entstehen soll. Allerdings bietet die Stadt die Bäume auch Interessierten zum Kauf an: „Wer eine solche Plantane haben möchte, dem bringen wird den Baum kostenfrei auch bis nach Hause.“

Diese „Umpflanzaktion“ würden laut Sebastian Steininger „Kosten von mindestens 5000 Euro pro Baum nach sich und würde somit Gesamtkosten im hohen fünfstelligen Bereich verursachen. Für die Grünen aus ökologischer und finanzieller Sicht ein falscher Schritt. Zumal er nicht den Wünschen der Menschen vor Ort entspricht.“ Besonders vor dem alten Rathaus wünschen sie sich Bäume für eine bessere Aufenthaltsqualität und nicht ein Miniaturfontänenfeld mit Pasqualini-Statue, wie es jetzt im Plan angedacht ist.

Laut Nachfrage im Bürgermeisteramt belaufen sich die Kosten für die Versetzung je Baum auf 700 Euro. Die Entscheidung, dass keine Bäume vor dem alten Rathaus – dem neuen Kreishaus Nord – stehen könnten, wäre eine Vorgabe des Landschaftsverbandes Rheinland als zuständige Denkmalbehörde. „Der LVR erteilt nur die Genehmigung, wenn der Blick auf das Rathaus frei bleibt“, betont Axel Fuchs.

Das betrifft nicht das „Fontänenfeld“, dass nach der Stellungnahme von Sebastian Steininger von den Jülichern nicht gewünscht ist. Steininger formuliert „eine Tendenz gegen das Wasserspiel. 120 Befürwortungen stehen 250 Ablehnungen gegenüber. Zusammen mit der Statue, die ebenfalls Ablehnung erfährt und deren Preis vermutlich den Kostenrahmen sprengt, wird der Plan auch hier den Ergebnissen der Onlinebeteiligung nicht gerecht.“ Abgesehen davon, dass es bei der Zählung erneut die Mehrfachnennungen zum Tragen kommen würden, müsste bei der Bewertung der Befragung berücksichtigt werden, dass hier kaum jüngere Menschen und Familien mit Kindern an der Befragung teilgenommen hätten, hält Amtsleiterin Julia Huneke dagegen und hält diese Negativauswertung für nicht aussagekräftig. Die in einer eigenen Veranstaltung sind die Gastronomen befragt worden, die durchweg positiv gewesen seien, aber in der Online-Dokumentation nicht vorkämen.

Fazit von Sebastian Steininger als Sprecher der Jülicher Grünen-Fraktion: „Die Jülicher:innen wollen keine komplette Neugestaltung, sondern eine optische und funktionale Aufwertung des Marktplatzes für eine höhere Aufenthaltsqualität. Der Marktplatz muss nach dem Willen der Menschen, die ihn tagtäglich nutzen, gestaltet werden. Die Politik, die Stadtverwaltung und auch die Planer müssen zeigen, dass ihnen die Meinung der Bevölkerung wichtig ist.“

Fazit von Bürgermeisters Axel Fuchs: „Ich sehe, dass 97 Prozent der Bevölkerung Vertrauen in die parlamentarische Entscheidung haben.“

Die erste Entscheidung fällt am heutigen 19. August im Ausschuss. Das letzte Wort hat der Stadtrat am 30. August.

Lesen Sie hierzu einen Kommentar vom April 2021: Wer ist der Bürger?

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