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Zum Präsentationstermin der Planungsänderungen waren eigens Dirk Iserlohe, Aufsichtsratsvorsitzender der Dorint-Gruppe, und Planer Andreas Tischler in den Planungsausschuss ins Jülicher Rathaus gekommen. Die Umplanungen erfolgten auf Wunsch der Investoren, die – um die Aussage des Planers einmal übersetzt zu formulieren – nicht gerne hinter der Gastronomie „Schwan“ verschwinden wollten. Sie wünschten sich einen repräsentativen Eingang als Alleinstellungsmerkmal. Das ist gelungen. Der Blick auf den Schwanenteich bei der eigenes angelegten „Anfahrt“ dürfte für die Gäste attraktiver sein als bei der ursprünglichen Planung – oder um es mit den Worten von Iserlohe zu sagen: Die Fassade ist genauer „ausformuliert“.
Dafür rücken nun „die Senioren“, die einmal im Schwan-Quartier einziehen sollen, näher an die Stadt – und an die Einkaufsmöglichkeit für den täglichen Bedarf. Die Lebensmittelkette soll am ursprünglich gedachten Standort Platz finden.
Durch die Rochade ergeben sich sichtbare Veränderungen der Baukörper. Gelungen erscheint, dass nun kein geschlossener Gebäudekomplex mehr geplant ist, sondern Hotel und Seniorenwohnanlage wie benachbarte Bauten erscheinen. „Eine Durchsicht durch die Gebäude – macht die Gebäude auch ,leichter’“, meinte Tischlers. Kritisch ist, dass die Höhe der Seniorenwohnanlage inzwischen sieben Geschosse einnimmt – zuzüglich technischer Anlagen auf dem Dach.
Ähnliches wie für die Planung gilt für die Haltung der Fraktionen: Alle finden grundsätzlich, dass Jülich ein Hotel braucht, stellen sich aber unterschiedlich zum Projekt „Schwan-Quartier“. Da die Fahrten des Forschungszentrums zu Unterkünften der Gäste in den benachbarten Metropolen entfallen würden. Erich Gussen (CDU) betonte, dass ein Hotel zieht weitere Menschen nach Jülich ziehen würde. „Das braucht Jülich, wir sind eine wachsende Stadt – wir schaffen hier einen Stadtmittelpunkt“, brachte Christian Klems (UGW JÜL) zum Ausdruck. Fraktionschef Heinz Frey (UWG JÜL) ergänzte, dass neben dem Faktor der Belebung der Innenstadt auch einen Gewinn zur Verkehrsvermeidung und Reduzierung von CO2 sieht. Gerade hier hatte es Kritik aus dem Auditorium gegeben. Beklagt worden war, dass durch den Hotelkomplex wie auch den Nahversorger ein erhöhtes Verkehrsaufkommen die Belastung durch CO2 zunehmen werde. Und gerade Senioren sollten diesen Belastungen nicht ausgesetzt sein, wurde formuliert. Die gegenteilige Meinung war, dass gerade Senioren ins Herz der Stadt gehörten und es für sie ein Gewinn sein werde.
„Leider immer noch völlig überdimensioniert“, finden Bündnis 90/ Die Grünen das Projekt, wie es stellvertretend Jürgen Laufs formulierte. Christine Klein ergänzte, dass ihre Fraktion Zweifel habe, dass der prognostizierten Profit des Lebensmittelvollversorgers erzielt werde. Grundsätzlich ansprechender als den ersten Plan bewertete Martina Gruben für die SPD die Präsentation: „Wir können auch erkennen, dass sie darauf eingegangen sind, was wir moniert haben.“ Dennoch bleibt es bei der Ablehnung des Projektes: „Die Siebengeschossigkeit ist für uns eigentlich unakzeptabel.“ Für die CDU meinte Erich Gussen: „Über Geschmack lässt sich immer streiten“, aber auch er forderte eine optische Anpassung der Fassade zur Großen Rurstraße und die Veränderung des obersten Stockwerks in ein Staffelgeschoss. Dem schloss sich auch die UWG JÜL an. Veränderungen, die auch bei den Projektplanern auf Zustimmung stieß.
Weitere Veränderungen, die angekündigt worden sind, betreffen einen besseren Lärmschutz. Den soll eine Überdachung der Rampe zur Tiefgaragenzufahrt bieten. Zurückgenommen werden laut Verwaltungsvolage auch ein Teil der unterirdischen Bauteile. Das hat sich sich wohl Gesprächen mit dem Landschaftsverband Rheinland ergeben. Es soll weniger in das Bodengefüge mit den dort potenziell vorkommenden Bodendenkmalen eingegriffen werden.
Nicht eingehalten werde könne da Ziel, den Platin-Status beim Neubau zu erreichen. Andreas Tischler erläuterte, dass der Fakt, dass Jülich in einer Erdbebenzone liege, erfordere, dass Stahlbeton als Baustoff verwendet werde. „Sicherheit zuerst: Standfestigkeit hat Priorität“, waren seine Statements. Das erfülle den Standard der Nachhaltigkeit nicht. Dennoch hielten die Planer daran fest, mit dem Jülicher Unternehmen Meteoviva energetisch höchste Standards zu erreichen. „Wir werden Gold mit Sicherheit erreichen“ sagte Tischler, „Aber unser Anspruch war höher.“ Ebenfalls zur Zertifizierung gehöre ebenfalls der Betrieb, wie Iserlohe ergänzte: „Es sind nicht nur die Steine.“ In Kooperation mit GreenSign haben werde – mit Ausnahme von der Hülle – die höchste Zertifizierung erreichen.
Kritisch hinterfragte wurde noch einmal die Verkehrsführung. Jürgen Laufs forderte die Ergebnisse der Prüfung durch StraßenNRW ein. Die Verkehrsuntersuchung fordere weiteres Monitoring, weil die Daten immer noch coronabedingt und wegen der Brückenschließeung hochgerechnet seien. Das habe noch nicht stattgefunden, sei aber aus Sicht der Grünen vorab wichtig. Das Sicherheitsaudit, dass es geben soll, sei den Fraktionen außerdem nicht vorgelegt worden. Martin Schulz antwortete als technischer Beigeordneter, dass StraßenNRW mit dieser Planung einverstanden sei. Die Gutachter seien zum Ergebnis gekommen, das es nicht so ideal sie, wie wenn auf der grünen Wiese gebaut werden, aber für einen Bau im Bestand insgesamt „machbar und akzeptabel“ sei. StraßenNRW fordere allerdings ein Ausführungsaudit. Das solle, so Laufs, wie auch das Protokoll des Treffens und von StraßenNRW – von ihnen mit unterzeichnet – den Fraktionen zur Verfügung gestellt werden.
Sehr freimütig gab sich Dirk Iserlohe auf die Frage nach der Wirtschaftlichkeit des Schwan-Quartiers. „Auch wir haben die Glaskugel nicht in die Hand“, führte er ein und „Das Risiko geht jeweils der Betreiber ein.“ Die Dorint-Gruppe, wie Edeka für den Lebensmittelsektor und das Betreiberunternehmen für die Seniorenanlage würden sich auf Pachtverträge über 20 Jahre festlegen und eine Betreiberpflicht unterschreiben. Das heißt: „Der Vertragspartner darf seine Fläche nicht leerstehen lassen. Im Zweifelsfall muss er sein Konzept anpassen.“
Mit 22 Ja-Stimmen von CDU und UWG JÜL zu 14 Nein-Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen und einer Enthaltung wurde für die erneute Offenlage gestimmt. Die Offenlage der Pläne erfolgt im Rathaus ab 10. März. Dort können bis 11. April auch Eingaben gemacht werden. Um eine Anmeldung unter 02461/63- 257 oder den Durchwahlen -259, -260, -261- oder -266 wird gebeten. Eine online-Beteiligung ist unter www.juelich.de/beteiligung möglich. Der absehbare Umsetzungszeitraum für die Gesamtmaßnahme wurde in der Ausschuss-Vorlage vor zwei Jahren mit rund drei Jahren beziffert – ab dem Zeitpunkt, zu dem der Bebauungsplan rechtskräftig wird.
„Ich würde mich freuen, wenn wir schnellstens beginnen können – es gibt den Bedarf, v.a. in der Hotellerie – wenn wir das auf dem Papier von den Leuten bewilligt bekommen“, schloss Dirk Iserlohe.
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