Vorab die guten Nachrichten. Zufrieden sein dürften alle Beteiligten mit der Wahlbeteiligung in Jülich. Sie lag noch fünf Prozentpunkte höher als 2021, nämlich bei 84,13 % und damit über dem Bundesdurchschnitt und der kreisweiten Wahlbeteiligung.
Die CDU hat vor der SPD in Jülich die meisten Stimmen auf sich vereinen können. 33,52 Prozent der Stimmen erzielte die CDU. SPD erhielt mit 19,18 Prozent der Stimmen die zweitmeiste Zustimmung und nahm der CDU sogar „das Nordviertel“ ab: Hier stimmte die Mehrheit für die SPD. Es blieb allerdings der einzige „Wahlsieg“. In 29 Stimmbezirken lag die CDU vorne.
Sowohl Thomas Rachel (CDU) als auch Daniel Walter (SPD) werden in den Bundestag einziehen – wobei der CDU-Politiker mit fast 40 Prozent das Direktmandat holte, während der SPD-Kandidat über die Liste einziehen wird.
Der vielzitierte Rechtsruck ist auch in Jülich angekommen. Im Schnitt gaben 17 Prozent aller Wahlberechtigten der AfD ihre Stimme. Ein Blick in die Wahlbezirke zeigt erhebliche Unterschiede. In 26 von 32 Wahlbezirken lag der Stimmanteil bei der AfD über 20 Prozent. Merzenhausen ist Spitzenreiter mit 28,68 Prozent. In Jülich „holte“ die AfD erstmals zwei Wahlbezirke und zwar in der Innenstadt: Im Wahlbezirk 2 stimmten 24,85 und Bezirk 4 26,27 Prozent für die AfD.
Bürgermeister Axel Fuchs bedauerte, dass nur eine geringe Zahl an Jülichern den Weg zum Rathaus fanden, um die Wahl gemeinsam zu verfolgen. Bei aller Zufriedenheit mit der Wahlbeteiligung stellt er fest, dass es ein verändertes Wählerverhalten gibt. „Wir haben glücklicherweise einen extrem hohen Anteil an Wählerinnen und Wählern in Jülich, die die so genannte ,Mitte‘ wählen.“ Mit Blick auf die Kommunalwahlen bleibe jetzt abzuwarten, welche Folgen das gestrige Ergebnis haben werde.
„Nicht unerwartet nach den Prognosen“, so ist fraktionsübergreifend die Reaktion auf das Bundeswahl-Ergebnis. Als gute Nachrichten nimmt SPD-Parteivorsitzende Katja Böcking natürlich das Jülicher Ergebnis mit, das deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt, den Einzug ihres Bundestagskandidaten Walter und, dass die AfD in Jülich deutlich unter dem Bundesschnitt geblieben ist. Für die kommende Wahlkampf-Zeit bis September spricht sie sich vor allem für Fairness und Sachlichkeit in den Debatten aus. „In der Sache können wir uneins sein und jeder kann in seiner Partei seinen Punkt setzen – sonst bräuchten wir auch keine Parteienlandschaft“, sagt Böcking und, „wir müssen uns auch vertrauen können, dass wir auch fair „spielen“. Darum muss es jetzt gehen.“ Das, so unterstrich die SPD-Frontfrau, habe aber bislang in Jülich immer „wirklich gut funktioniert“.
„Am besten wäre – auch wenn es vielleicht unbequem ist – wenn wir Ratsfraktionen aus einem Mund sprechen würden“, sagt CDU-Parteichef Jan Schayen. „Wir müssten eine gemeinsame, interfraktionelle Erklärung abgeben und uns bekennen.“ Klar sei, dass jede Partei ihre Linie zu wahren habe, aber man müsse geschlossen stehen und demonstrieren, dass alle demokratischen Parteien in Jülich sich gemeinsam für die Gesellschaft einsetzten. „Das Beste ist, sich unaufgeregt, aber konsequent mit der Sache auseinanderzusetzen. Die AfD wird darauf spekulieren, dass man sich nicht traut, ihnen die Stirn zu zeigen.“ Das, so unterstreicht Schayen, werde in Jülich nicht so sein.
Ob die Bundestagswahlergebnisse für die Kommunalwahlen in Jülich maßgebend sein werden, dahinter macht Christine Klein, Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, noch ein Fragezeichen. Schon zur Europawahl sei die Tendenz zur AfD erkennbar gewesen. Vier Prozent mehr Stimmen sind seit Juni 2024 hinzugekommen. Auch Klein sieht eine Wirksamkeit in der Gemeinsamkeit: „Wir haben in letzter Zeit auf kommunaler Ebene durchaus versucht, es anders zu machen – zuletzt mit dem Frauenantrag. Natürlich geht es um die Frauen, aber es geht auch ums Brückenbauen. Der Antrag hat Unterstützung durch alle Fraktionen gefunden.“ Trotz schwieriger Haushaltslage gehe es darum, Problemlösungen zu finden – zum Thema Schulen, Sporthallen, Brücken… „Wir haben so große Probleme, wir müssen, da wo es geht, zusammenarbeiten.“
Für ihre Fraktion freut sie sich, dass sie mit 11,39 Prozent das beste Ergebnis im Kreis Düren verzeichnen können. Damit haben die Jülicher fast das Bundesergebnis von 11,61 Prozent erreicht – hier habe man sich, so Tine Klein, natürlich ein besseres Ergebnis gewünscht.
Zuversichtlich zeigt sich Frank Bourguignon für die FDP: Weder im Bund noch in Jülich hat es die Partei über die 5-Prozent-Hürde geschafft, aber den fehlenden halben Prozentpunkt werde man bei der Kommunalwahl packen. Den Rechtsruck nennt er „erschreckend“. Sein Lösungsansatz: „Wir müssen argumentativ in den Dialog gehen“, weiß aber auch: „Da ist ein dickes Brett zu bohren.“ Das Thema Migration, so der FDP-Mann, dürfte in Jülich keine Rolle spielen.
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