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Gerichtsweg be(sch)ritten

Immenhof-Romantik: Wehende Mähnen im Wind, über Feld und Wiesen unterwegs, das Glück der Erde auf dem Rücken der Pferde... Die Realität ist anders. Der § 58 des NRW-Landesnaturschutzgesetz (LnatSchG) regelt das Reiten in der freien Landschaft und im Wald.

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§ 58 des Landschaftsschutzgesetzes regelt das Reiten in Wald und Natur. Foto: privat
§ 58 des Landschaftsschutzgesetzes regelt das Reiten in Wald und Natur. Foto: privat
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Bis 31. Dezember 2017 galt, dass Wanderwege und Wanderpfade sowie die Sport- und Lehrpfade grundsätzlich nicht beritten werden durften. Mit der Novellierung des Gesetzes zum 1. Januar 2018 gab es mehr Freiraum: Reitwege im Wald müssen nach Absatz 2 nicht mehr ausgezeichnet sein – durch das Schild mit dem weißen Reiter auf Pferd im blauen Feld –, sondern das Reiten ist grundsätzlich im Wald auf privaten Straßen und Fahrwegen erlaubt. „Fahrwege sind befestigte oder naturfeste Waldwirtschaftswege“, heißt es. Das wäre unstrittig – gäbe es nicht die Absätze 4 und 5 im § 58, die kreisfreien Städten und Kreisen die Möglichkeiten von Beschränkungen eröffnen. Diese hat auch der Kreis Düren ausgeschöpft und trifft sich mit dem Verband der Freizeitreiter (VFD) vor dem Aachener Verwaltungsgericht.

Worum geht es?
Kreis-Allgemeinverfügung schlägt Landesgesetz. So könnte man es markig formulieren. Denn nach dem Beschluss und unter Beteiligung der Unteren Landschaftsbehörde ist am 23. März vom Landrat veröffentlicht worden, dass in Jülich die Sophienhöhe – die übrigens durch das Bergrecht und RWE einen Sonderstatus hat –, der Lindenberger Wald und Stetternicher Wald wie bisher den Reitern weitgehend versperrt bleiben. „Im Grunde geht es darum“, so die Vize-Landesvorsitzende des VFD, Birgit Hüsing, „die Gesetzeslage vor dem 1.1.2018 beizubehalten“. Um das zu verhindern, hat der VFD innerhalb der vorgeschriebenen Vier-Wochen-Frist Klage eingereicht. Angeschlossen hat sich als Privatperson Tordis Garitz, die in ihrer Funktion als Reitwegewartin im Kreis Düren am Prozess beteiligt ist. Sie hat den Stein praktisch ins Rollen gebracht, denn – wie vorgeschrieben – wurde der Verband durch den Kreis Düren am Verfahren „beteiligt“. Etwas verstimmt ist Tordis Garitz, denn ihr ist in Welldorf-Güsten zwar der Entwurf zu den Beschränkungen des Landesgesetzes durch den Kreis Düren zugegangen, ihre Stellungnahme vom September 2017 sei allerdings „bis auf ein unbedeutendes Wort“ unberücksichtigt geblieben.

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Kritik geübt wird an der „Wege“-Definition, die weit über das Landesgesetz hinaus gehe: Darunter werden nämlich „solche Wege verstanden, die grundsätzlich ganzjährig mit einem normalen, mit Front- oder Heckantrieb ausgestatteten Personenkraftwagen befahren werden können“, wie es in der Mitteilung des Kreises Düren heißt. Denn natürlich ist die Bodenbeschaffenheit abhängig von der Jahreszeit und ist in der regenreichen Herbst- und Frühlingszeit oder bei Schnee anders zu bewerten, gibt Birgit Hüsing zu bedenken. Dem schließt sich übrigens der Pferdesportverband Rheinland an, der formulierte: „Allerdings bereitet uns die etwas ,eigenwillige‘ Definition der Fahrwege etwas Sorge. Das Reiten nach § 58 Abs. 2 sollte nicht auf Wege reduziert werden, die auch ,panzertauglich‘ sind.“

Zweiter Kritikpunkt ist der zeitliche Ablauf. Das Gesetz trat zum 1.1. in Kraft, aber erst zum 23.3. erließ der Kreis Düren die Beschränkungen. Das heißt: Die grob geschätzt rund 1000 Reiter im Jülicher Land konnten sich drei Monate lang im Wald und auf der Heide frei bewegen. Jetzt müssen sie sich – das betont Birgit Hüsing ausdrücklich – an bestehendes Recht vor Ort halten. „Nur weil wir klagen, heißt es ja nicht, dass sie aufgehoben sind.“

Bis August hat es jetzt gedauert, bis zur Klage auch die ausstehende Klagebegründung verfasst war. Schließlich kämpft der VFD an vielen Fronten in NRW. Ein erster Erfolg für die Reiter ist schon zu vermelden: Der Kreis Viersen hat Ende Juli sein Verfahren gegen den VFD vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf verloren und seine Allgemeinverfügung zurück genommen, wie es in der Pressemitteilung vom 31. Juli nachzulesen ist.
Wann es in Jülich zu einer Entscheidung kommt, ist unklar. Das Leben ist eben kein Ponyhof.


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