Start Magazin Festival „Ein ,Ich‘ in Würde und ein ,Wir‘ in Toleranz“

„Ein ,Ich‘ in Würde und ein ,Wir‘ in Toleranz“

Wenn es sich nicht um ein Schiff handeln würde, könnte man von einem "ganz großen Bahnhof" sprechen, der für das "Ship of Tolerance" im Brückenkopf-Park bereitet worden ist: Hunderte von Gästen waren bei strahlendem Sonnenschein zum Lindenrondell gekommen, um bei der Einweihung dabei zu sein, zu der auch eigens die 83-jährige Emilia Kabakov aus New York gekommen war. Gemeinsam mit ihrem Mann, der sie gesundheitsbedingt nicht hatte begleitete können, hatte die Russin vor 14 Jahren in Ägypten das Projekt initiiert.

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Nach Moskau, Rom, London, dem schweizerischen Zug und Havanna ist Jülich der erste dauerhafte Heimathafen in Deutschland für das weltumspannende Kunst-Projekt für Toleranz und Menschlichkeit. Vor zwei Jahren am 16. Mai 2017, schilderte Landrat Wolfgang Spelthahn, hatten er und Projektleiterin Annegret Greven auf Vermittlung des Düsseldorfer Galeristen Breckner die Chance, im Journalistenclub des Springerverlags in Berlin Emilia Kabakov zu treffen – und sie waren offenbar gewinnend: „Beim Dessert waren wir soweit, sie zu überzeugen, dass Jülich der bestmögliche Platz ist.“ Wörtlich sagte der Landrat: „Jülich ist ein Hotspot der Toleranz und Menschlichkeit.“

Und die Künstlerin war sicht- und hörbar begeistert. Sie lobte nicht nur den Aufstellungsort im Park, sondern auch – nach allem, was sie über die 120-Nationen-Stadt Jülich erfahren hatte – dass hier überzeugend Toleranz gelebt werde. „Mehr als an vielen Stellen der Welt, wie mir scheint.“ Dankbar sei sie für die Arbeit der über 100 Kinder und Jugendlichen, die durch ihre Entwürfe ein sichtbares Zeichen geschaffen haben. Um Kindern eine Zukunft zu geben, sei es wichtig, ihnen zuzuhören. Kinder seien schlauer als Erwachsene, denn ihnen käme nicht der Gedanke, das Menschen wegen ihrer Religion oder Hautfarbe gefährlich sein könnten – es sei denn, Erwachsene brächten sie auf diese Idee. „Wir hoffen, dass in Zukunft die Kinder tolerant, friedlich und ohne Angst gegenüber anderen aufwachsen.“

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Vor den Ansprachen stimmte das „exART Musiktheater“ vom Franziskus-Gymnasium in Vossenack die Gäste eindrucksvoll mit ihrer Friedensaktion ein. „Schiffbruch, Brandung und Brücken“ heißt der Text von Heiko Westerburg, der die Grundlage für Musik und szenischer Darstellung bot. Das „Schiff“ als zentrales Bild stand im Mittelpunkt, das Gefühle wie „Sehnsüchte, Ängste, Freiheits- und Ohnmachtsgefühle“ auslösen könne. Wie vor der Brandung und Felsen fürchteten sich die Menschen vor der Vielfalt. Furcht und Feindlichkeit würden Menschen krank machen. Heilsam könnten Häfen sein: „Denn Häfen können Brücken sein zwischen Menschen, zwischen Kulturen, zwischen Erdteilen.“ In einen solchen Hafen ist das „Ship of Tolerance“ in Jülich eingelaufen, damit wahr wird, was Heiko Westerburg formulierte: „Ein ,Ich‘ in Würde und ein ,Wir‘ in Toleranz.“

Zur Friedensaktion gehörte auch der Einsatz von Holi-Farben, der zu einem echten Spektakel führte, das unter dem Westenburger-Leitmotiv stehen könnte: „Vielfalt kennt Farben, wo jeder eine Farbe ist.“ Gleiches galt auch für das Abschlussbild. Mit 300 bunten Luftballons war das Lindenrondell rund um das Schiff geschmückt, die schließlich an die Gäste verteilt wurden, um Landrat Spelthahn zu zitieren „Bilder für die Ewigkeit“ zu schaffen. Eine wunderbare Kulisse gab die Flut von bunten Ballons ab, die vor dem gehissten Segel zu den Klängen von „Ode an die Freude“ über dem Ship aufstiegen und durch den blauen Himmel davonzogen.

Bleiben wird dagegen das Schiff als sichtbares Symbol für Menschlichkeit und Toleranz, das eine neue Attraktion und sicher ein Magnet für den Brückenkopf-Park ist, wofür Axel Fuchs als Geschäftsführer des Parks dem Landrat seinen Dank aussprach: „Wir sind unfassbar stolz, dass Du an Jülich gedacht hast.“ Künstlerin Kabakov versprach er: „Wir werden das Schiff in Ehre halten.“ Denn durch die Ansiedlung des Forschungszentrums in den 1950er seien die Jülicher „immer gezwungen gewesen, tolerant zu sein, den anderen anzuerkennen, das Fremde nicht als fremd zu sehen, sondern auch anzunehmen“. Ein guter Hafen eben.


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