Erst sollte 2003 ein Golfplatz auf dem Areal angelegt werden, dann wurde im Rathaus 2017 eine Wasserski-Anlage vorgestellt, jetzt werden auf den 25 Hektar an der Aachener Landstraße künftig über 1500 Menschen ein neues Zuhause finden. Wohnraum, der nach Ansicht des Bürgermeisters dringend gebraucht wird: „Wir reden in Jülich sehr kurzfristig von der Schaffung über 1000 Arbeitsplätze: Im Königskamp werden 900 Arbeitsplätze entstehen und 375 alleine durch die Ansiedlung eines Instituts im Brainergy Park. Unser Anspruch muss natürlich sein, dass die Menschen nicht permanent nach Jülich fahren. Bestenfalls sollen sie auch hier wohnen.“
Kurzfristig wird das nicht gelingen. Eine Perspektive von fünf bis acht Jahren steht im Raum. Schon im Vorfeld waren Schwierigkeiten zu bewältigen. Es gehörten zwar 20 Hektar bereits der stadteigenen Entwicklungsgesellschaft (SEG), aber „problematisch war der Erwerb der letzten fünf Hektar“, verrät Hanna Jeworowski. Sie zeichnet mit Pia Hallmann bei der SEG verantwortlich für das Großprojekt. Gelungen ist der Ankauf Ende 2021.
Als erster Schritt sind die Voruntersuchungen im Gange. Dazu gehören natürlich auch Umweltprüfungen. Schützenswerte Tierarten, die den Bau verhindern könnten, erwartet das Planungsteam allerdings nicht.
Jedoch erst wenn diese Untersuchungen abgeschlossen sind, kann das Wettbewerbsverfahren in Abstimmung mit der Architektenkammer festgelegt und die Förderung akquiriert werden. Noch in diesem Jahr soll das Verfahren gestartet werden und Planungsbüros zum Wettbewerb aufgefordert beziehungsweise die Ausschreibung vorgenommen werden. Zum Abstimmungskanon ist auch eine Informationsveranstaltung für die Menschen in und um Jülich vorgesehen, die sich laut Hanna Jeworowski aktiv einbringen sollen. Vorgesehen ist, diese Vorschläge in die Vorgabenliste einzubringen, die den Planungsbüros für die Gestaltung des neuen Stadtquartiers Nierstein an die Hand gegeben wird.
Einige Punkte sind bereits jetzt gesetzt und verstehen sich eigentlich von selbst: Das gilt etwa für die Aufgabe, eine Nutzungsmischung zu schaffen mit ausreichendem Wohnraum für Wachstumsstrategie und Zuwachs durch Forschungseinrichtungen unter dem Aspekt „alternative Wohnformen“ wie altersgerechtes und studentisches Wohnen, die aber auch eine Ansiedlung von „geräuscharmem“ Gewerbe vorsieht. Gemeint sind damit Bürogebäude, die quasi als „Lärmschutzwall“ entlang des Nord-West-Ringes, der zum Brückenkopf-Park führt, platziert werden soll. Zu berücksichtigen sind selbstverständlich Nachhaltigkeitsaspekte, Stichwort „klimagerechtes Quartier“. Auf Nachfrage bestätigen Hanna Jeworowski und Pia Hallmann, dass an eine ortsnahe Infrastruktur – angefangen von einem Bäcker bis zur „Eckkneipe“ als Treffpunkt – ebenfalls gedacht wird.
Die größte Herausforderung, darin sind sich alle einig, ist die Anbindung des neuen Quartiers an die Innenstadt. Es gilt, die Rur als „Trennlinie“ zu überwinden, oder wie es Hanna Jeworowski nennt, „den Brückenschlag zu schaffen“. „Das ist sehr spannend, weil man vermeiden muss, die Stadt vor der Stadt zu bauen“, sagt Bürgermeister Axel Fuchs. Im Zuge des Neubaus wird übrigens auch schon an eine Erweiterung des Wohngebietes Ölmühle gedacht. Im Zuge der Rurbrückensanierung soll als nächster Schritt auf der Aachener Landstraße ein Kreisverkehr als möglicher Abzweig ins Quartier angelegt werden.
Bei allen Planungen und Zeitplänen steht allerdings eins noch aus: Die finale Bestätigung durch die Bezirksregierung, die entscheidende Behörde des Landes NRW. Die Zuversicht bei der SEG ist allerdings so groß, dass es keine Bedenken gibt, das Projekt „Quartier Nierstein“ schon jetzt mit Elan anzugehen.
Spätestens im Herbst soll der Wettbewerb ausgeschrieben werden.