Eine besondere Spezies ist nämlich die „Muttkrat“, die Matschkröte. Die Jülicher haben ein inniges Verhältnis zu ihr. Für die Einheimischen ist es fast ein Adelstitel. Tragen durfte ihn nur, wer seine Wurzeln wenigstens bis in die zweite Generation in Jülich zurückführen konnte. Seit die Geburtsstation im Elisabeth-Krankenhaus geschlossen wurde, gehören die Muttkrate zu einer bedrohten Art. Hier kann Abhilfe geschaffen werden. Sunita Gupta: „Darum finden wir, dass alle, die sich gerne Jülicher nennen, sich auch Muttkrat nennen können sollen und dürfen.“
Sie können Krone tragen, Narrenkappe oder Baskenmütze, Toga und einen Doktorenkittel. Und selbst im Adams- und Evakostüm haben sie Idealmaße.
„Fjell“ zeigt die Besonderheiten der Stadt und nutzt die Kröte als „Fremdenführer“. Mal sympathisch schmunzelnd, mal selbstironisch, mal selbstbewusst oder introvertiert erklärt die „Muttkrat“ auf Jülicher Platt was für Stadtbewohner und auch die Gäste ein Hingucker sein sollte. Eine Notwendigkeit, wie das Duo Gupta/von Ameln erkannt hat. Gut zugehört haben die beiden beim Neujahrsempfang im vergangenen Jahr den Worten von Landrat Wolfgang Spelthahn und Bürgermeister Axel Fuchs, „die inspirierend und auffordernd waren“. Man müsse Mut haben muss, wenn man im Wettbewerb der Regionen bestehen möchte und, dass nur Selbstbewusstsein Strahlkraft besitze und Investoren anziehe. Jülich habe viel zu bieten. Ein größeres Bewusstsein für die Vorzüge der Stadt forderten sie und schließlich, dass die Jülicher mit mehr Selbstverständnis für „unsere Stadt“ eintreten sollten.
Fazit von Fjell: „Wir alle sind dafür verantwortlich, dass die Stadt – vor allem die Innenstadt – lebendig ist und bleibt. Die Rahmenbedingungen haben wir alle vor der Türe – wir müssen sie nur nutzen.“ Sie in Szene zu setzen, ist das Ziel der neuen Kampagne. „Die Frage ist allerdings: Warum sind wir nicht stolzer auf das, was wir zu bieten haben. Kann der Jülicher an und für sich nicht gut ,stolz‘ sein? Können wir! Können wir sein, weil im Vergleich zum gemeinen Frosch, den man erst küssen muss, und bei dem man Glück haben muss, ob er zum Prinzen wird, haben wir Muttkrate unser Schloss immer schon parat.“ Worum es gehe, sei nicht das Aufzählen von den Jülicher Besonderheiten. „Worum es geht, ist ein Lebensgefühl – das Jülicher Lebensgefühl.“ Benannt werden sie von Fjell mit: Zufriedenheit, Lebensqualität, Geselligkeit aber auch Entschleunigung, Bequemlichkeit – aber auch der Aspekt „Sicherheit“. Sunita Gupta und Pia von Ameln sind in Jülich aufgewachsen, zur Schule gegangen, haben gemeinsam an der RWTH Visuelle Kommunikation studiert. Statt das Sprungbrett in die Großstädte zu wählen, sind sie bewusst nach Jülich zurückgekehrt – „auch, weil es in gutes Umfeld für Familien ist“. „Wir sind glücklich, wie behütet unsere Kinder hier aufgewachsen sind. Behütet und gleichzeitig kulturell vielfältig – das ist ein Wert, den man vermitteln muss und kann.“
Die Vermittlerfigur „Muttkrat“ biete eine große Identifikationsmöglichkeit – den Jülichern, wie zufrieden sie sein können und sollten, und Fremden, wie zufrieden man hier leben kann. „Die Muttkrat ist so uneitel, die darf patriotisch sein und voller Stolz hinweisen auf alle Besonderheiten, die wir zu bieten haben. Darum finden wir, dass sie sich perfekt als Werbe- und Sympathiefigur eignet, weil sie humorvoll und bodenständig ist und unverwechselbar.“ Der Vorteil: Die Kröte ist keine Kunstfigur – sie entspringt der Jülicher Geschichte.
Die Plakataktion soll erst der Anfang sein. Darüber hinaus wurde exklusiv für die Mitglieder des Stadtmarketing e.V. ein Kalender gestaltet. Auftraggeber und Stadtmarketings-Vereinsvorsitzender Wolfgang Hommel räumt ein: „Es gibt mehr Möglichkeiten, als sofort umsetzbar sind. Wir müssen es dosieren, damit die Muttkrat mit diesem Humor gestaltet und damit identifiziert wird.“