Das Thema ist in der Jülicher Jugendarbeit im übertragenen Sinne ein Spiel mit mehrfacher Verlängerung, ohne Elfmeterschießen und „Golden Goal“. Den Beteiligten geht die Puste offensichtlich aber nicht aus: Seit drei Jahren ist der Wunsch formuliert, einen Treffpunkt für Jugendliche im öffentlichen Raum zu bekommen, der gleichzeitig zum Fußball- und Basketballspielen, aber auch als „Chill-Area“ dienen soll. „Ich finde es gut, dass jetzt Bewegung in das Thema kommt“, sagt Sascha Römer, Leiter des Jugendtreffs Roncalli-Haus. Die SPD-Fraktion Jülich stellt in der morgigen Sitzung vom Ausschuss für Jugend, Familie, Integration, Soziales, Schule und Sport den Antrag, die Verwaltung solle mit der Suche nach geeigneten Grundstücken für Neubauten von Bolzplätzen beginnen. Die Verwaltung wird in dem Antrag zusätzlich gebeten zu prüfen, ob gegebenenfalls eine Sanierung der derzeit noch vorhandenen Bolzplätze notwendig ist, um sie weiterhin nutzbar zu halten. „Wir haben die Vorarbeit bereits geleistet und auch Neuanlagen forciert“, betont Römer. Es gehe nicht um eine Beteiligung der Jugendlichen, die von der SPD gefordert wird. Diese sei schon längst erfolgt.
Initialzündung, wie Roncallihaus-Jugendtreff-Leiter Sascha Römer erzählt, war eine Fragebogenaktion vor drei Jahren. Die damaligen Leiter der drei Jülicher Jugendtreffs – Bonhoeffer-Haus, Roncalli-Haus und Städtisches Jugendheim – hatten über 2500 Jugendliche nach ihren Wünschen befragt. Ein Ergebnis war, dass Bedarf an Treffpunkten außerhalb der Jugendeinrichtungen, also im öffentlichen Raum, bestand und heute noch besteht. „Es gibt keine vernünftigen Plätze, auf denen die Kids erwünscht sind, wenn die Einrichtung geschlossen ist. Mit Kids meine ich Jugendliche ab 14 Jahre aufwärts“, sagt Sascha Römer. Denn Kinder seien in Jülich bestens versorgt. Der Sozialpädagoge des Roncalli-Haus hat nachgezählt: „Es gibt 33 Kinderspielplätze, denen 3 nicht-intakte Bolzplätze für Jugendliche gegenüberstehen. Das ist ein großes Ungleichgewicht“, betont Römer und stellt die kritische Nachfrage: „Wieso ist nicht schon längst jemand darauf aufmerksam geworden?“
Dem soll Abhilfe geschaffen werden. Die „BolzPlatzbedarfs“-Frage konstruktiv, kreativ und konkret angegangen sind Sascha Römer und ein Team von jungen Männern, das eigentlich längst der Klientel des Roncalli-Haus entwachsen ist, sich aber weiter engagiert. Ein Zeichen, wie lange der Prozess sich hinzieht. Unter anderem gehören zum Team Bilal, Liridon, Daniel und Fation. Zunächst haben sie eine Bestandsaufnahme gemacht und eine Ideenbörse initiiert, an der sich alle Besucher des Roncallihauses beteiligen konnten. Auf einer Flipchart wurden die Vorschläge gesammelt. Die Wunschliste liest sich abschließend so: Es sollen ein Feld für Basketball und eines für Fußball entstehen, schön wären eine Tischtennis-Platte und eine Calisthenics Anlage – Outdoor-Fitness wie man sie aus dem Brückenkopf-Park kennt – viele Bänke, diese gerne mit Überdachung für Regentage und als Rückzugsorte, und Mülleimer. Außerdem ein Grillplatz, „damit wir uns auch nach dem Spiel zusammensetzen können“, erklärt Bilal. Und samit auch nach Sonnenuntergang eine Nutzung möglich ist, soll die Anlage ins rechte Licht gesetzt werden, und das gerne auch reichlich. Einen Plan, wie das aussehen könnte, hat Bilal schon entworfen und Sascha Römer ihn nach eigenem Bekunden der Stadt zur Verfügung gestellt.
Viertelbezogene Bolzplätze finden Anklang, aber vor allem würden die Jugendlichen gerne in zentraler Lage einen Treffpunkt haben. Der ist auch schon ausgeguckt: Gegenüber dem Spielplatz auf dem Schlossplatz könnten zwei „Käfige“, also flugballschützende Einzäunungen, aufgebaut und mit Hartgummiboden und kleinen Toren beziehungsweise einem Basketballkorb ausgestattet werden. „Eine solche Anlage auf dem Schlossplatz wäre meine Idealvorstellung und auch ein starkes Zeichen, dass man ,Ja‘ zu den Jugendlichen sagt“, formuliert es Sascha Römer. Daniel führt ein weiteres Argument ins Feld: „Es würde ja auch die Stadt attraktiver machen.“ Wenn man nach Jülich als Besucher käme, wäre das, so die Meinung der Jugendlichen, durchaus ein gutes Aushängeschild und ein Anziehungspunkt.
Sollte der Schlossplatz nicht in Frage kommen, wäre alternativ eine Anlage im Wallgraben eine gute Lösung – am besten wäre es natürlich aus Sicht des Teams, wenn an beiden Standorten etwas entstehen könnte.
Hintergrund:
Grundsätzlich gibt es derzeit drei Bolzplätze in Jülich: An der alten Realschule am Aachener Tor, im Nordviertel hinter den Bahngleisen und am Ende der „Vogelstange“ im Heckfeld. Als vierten Platz benennt das Team das Areal hinter der alten Schirmerschule, Düsseldorfer Straße. Hier und am Aachener Tor wird gebaut. Diese Plätze fallen also weg.
Der im Heckfeld, „das war immer ein cooler Platz“, sagt Daniel; aber auch nicht optimal, wie Fation ergänzt, denn es fehlt die Einzäunung, und damit flogen die Bälle auch schon mal gerne in die benachbarten Schrebergärten oder auf den benachbarten Fußweg. Glücklicherweise sind nie Passanten ernsthaft getroffen worden, aber gut ist die Situation natürlich nicht. Und der Rasen wächst. Wenn Daniel und seine Kumpels Fußball zocken wollten, scheiterte das schon mal an der Rasenlänge. Liridon, selbst im Garten- und Landschaftsbau tätig, äußert stellvertretend fürs Team großes Verständnis, dass die Personaldecke des städtischen Bauhofs zur Pflege aller Plätze nicht dicht genug ist. Genau darum wünschen sie sich einen Hartgummi-Platz.
Das Grundstück des Bolzplatzes im Nordviertel ist in Privatbesitz. Hier hat die Stadt keine Handhabe. Eine Überlegung ist, mit dem Besitzer ins Gespräch zu kommen, um den Platz wiederherzustellen.
Inzwischen hat die Verwaltung der Stadt Jülich eine Bestandsaufnahme der Bolzplätze zusammengestellt und in Ratssystem veröffentlicht.