Sichtlich und hörbar bewegt war Prof. Wolfgang Marquardt nach der Fülle von anerkennenden und lobenden Worten, denen er anlässlich seines offiziellen Abschieds eine Stunde lang zuhörte. Eine Stunde lang wurde Marquardt im Saal der Zentralbibliothek des Forschungszentrums attestiert, dass er mit strategischem Blick ausgestattet sei, ein gutes Verständnis für die Wissenschaftslandschaft – national und international – habe, den Durchblick bei komplexen Prozessen und ein Gespür für spannende Entwicklungen. Als entscheidungsfreudig wurde er charakterisiert, mit einem Händchen für kluge Köpfe, darüber hinaus von großer Disziplin und mit einem Kommunikationstalent ausgestattet, der Gabe, Zuwendungsgeber zu überzeugen. Kurzum wurde ein Mann anlässlich seines Abschieds aus dem aktiven Berufsleben geehrt, der nach Ansicht aller Redenden reich gesegnet ist mit allem, was eine Führungspersönlichkeit benötigt, die ein Flaggschiff der Wissenschaft wie das Forschungszentrum Jülich durch raue See steuern sollte.
Marquardts vielfältige Verdienste würdigte Judith Pirscher, Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung und Forschung und sagte über sein Wirken am Forschungszentrum: „Das Selbstverständnis als forschende und gestaltende Institution wird untrennbar mit ihrem Namen verbunden bleiben.“ Er habe 2015 einen Strategieprozess initiiert, der das Wirken der Institution bis heute geprägt habe in einer Kultur der Offenheit, des Austauschs und der Interdisziplinarität. „Marquardt der Macher“, so apostrophierte Pirscher ihn schmunzelnd und lobte Marquardts Erfolge, den Bund für Projektmittel zu gewinnen. „Sie waren uns lieb und teuer“, sagte sie und erntete zustimmendes Lachen. 4,5 Milliarden Euro an Fördermitteln sind in der Ära Marquardt ans Forschungszentrum geflossen.
Dem konnte sich als Unterstützerin der Landespolitik Ina Brandes, NRW-Ministerin für Kultur und Wissenschaft nur anschließen und gab einen kleinen Seitenhieb in Richtung Bundesregierung mit: „Frau Prischer, Sie wissen ja, Ihr Geld ist in NRW immer gut angelegt.“ Dann gab sie sich als Fan von Wissenschaftskommunikation zu erkennen. „Es macht einfach Spaß mit Ihnen“, sagte sie in Richtung des scheidenden Vorstandsvorsitzenden: „Sie sind jemand, der Politikern Dinge so erklären kann, dass sie sie verstehen.“ Was außerdem von großer Bedeutung gewesen sei, sei die vertrauensvolle Zusammenarbeit gewesen. „Ich bin sicher, dass wir uns Wiedersehen, denn auf jemanden wie Sie, können wir nicht verzichten!“
„Du hast das Forschungszentrum geprägt, aber ich glaube, dass auch das Forschungszentrum Dich geprägt hat“, sagte Prof. Otmar Wiestler, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft. Er habe den „Spirit“ des Forschungszentrums geprägt, ein Profil und Dach geschaffen, unter dem sich jeder wiederfinden könne. So sei das FZJ europaweit führender Standortes für Quantenforschung und Human Brain geworden aber auch für Bioökonomie, der er enormes Zukunftspotential attestierte.
Das wurde auch der neuen „Kapitänin“ auf dem Flagschiff der Wissenschaft attestiert, Prof. Astrid Lambrecht, die die Nachfolge als Vorstandsvorsitzende angetreten hat und durch den Festakt führte.
„Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen“, hatte sie eingangs Aristoteles zitierte. Den Wandel buchstäblich auf die Fahne geschrieben hätte sich Prof. Marquardt – und das auch sichtbar, denn die Beflaggung, die die Gäste begrüßte gingen auf den ersten Besuch des angehenden Vorstandsvorsitzenden 2013 zurück. Ihm waren das fehlende Branding und nüchterne Auftreten des FZJ aufgefallen und er hatte für Abhilfe gesorgt. Dankbar sei sie, dass er auch Sie beim „Wandel“ vom französischen zum deutschen „System“ willkommen geheißen und begleitet habe.
Wie es Prof. Marquardts Art ist, reihte er sich in seiner Dankesrede in das große Ganze ein, sprach von der Teamleistung der Wegbereiterinnen und Wegbereiter, und dem gemeinsamen Ringen um die gemeinsamen Ziele. Es sei nicht darum gegangen „Egoismen zu bedienen, sondern Innovationen und Erkenntnissen den Weg zu bereiten“. Launig erzählte er, wie eine wichtige Wegentscheidung, nämlich jene, nicht mit 44 Jahren Dekan an der RWTH zu werden, ihn letztlich nach Jülich führte. Der „völlig unerwarteten Option“, die Nachfolge von Prof. Achim Bachem anzutreten, habe er 2013 nicht widerstehen können. Bis heute habe er eine anhaltende Faszination für Jülicher Forschungszentrum, dafür, wie das Forschungszentrum tickt, und es „„ob dem Atom“ zugeht. Anders als seine Vorredner meinte Marquardt bescheiden, „Manches nicht so gelungen, wie ich es mir gewünscht hätte. Und ich bin nicht sicher, dass wir schon Bilanz ziehen können.“ Erst künftig werde sich zeigen, was wirklich gelungen sei.
Seiner Nachfolgerin Prof. Lambrecht gab er mit: „Sie bringen alles mit, um das Schiff auch in rauer See zu steuern. Sie werden alle Hände voll zu tun haben, ich hoffe, dass Sie schnell Verstärkung auf der Brücke bekommen. Von den Schiffseigner wünsche ich mir: Bleiben Sie Jülich gewogen – unterstützen Sie das Zentrum nach Kräften- Ihr Einsatz wird sich lohnen“. Er selbst freue sich „auf neue Work-Life-Ballance – besonders für Frau und Tochter“.