Scheinbar ist die ganze Stadt eine Baustelle. Darüber wird reichlich auch in den sozialen Netzwerken gekürt. Aber wo gebaut wird, werden Veränderungen sichtbar. So hat eine Medaille doch immer zwei Seiten. Und natürlich wird auch gebaut – aber noch nicht jetzt. Verschiedene Projekte haben ihren Anfang im abgelaufenen Jahr genommen.
Bau-Stellen
Die sicher spürbarste und sichtbarste Baustellen ist die Umsetzung der InHK-Maßnahme auf dem Marktplatz, die sich im kommenden Jahr auch auf den Kirchplatz ausdehnen wird. Dabei kam weniger Spektakuläres und Aufsehenerregendes zutage: Ein spätantikes Stück der ersten Stadtmauer in voller Breite wurde am Fuße der Propsteikirche entdeckt. Eine Folge der Bauarbeiten war, dass die Marktstände zunächst auf den Walramplatz umzogen und schließlich jetzt auf dem Parkdeck zu finden sind. Apropos! Die Sanierung des Tiefgarage Zitadelle ist endlich abgeschlossen.
Die zweite einschneidende Baustelle ist die Rurbrücke. Hier war ursprünglich noch für dieses Jahr eine Öffnung geplant. Unter anderem auch der bedeutende Fund von Brückenbauten aus napoleonischer Zeit verzögerte die Arbeiten. Jetzt ist für das Frühjahr 2024 die Wiederbefahrbarkeit angesetzt. Zusätzlich für den Verkehr belastend ist die „Ampelbaustelle„, die auch erst im kommenden Jahr abgeschlossen sein wird. Ein weiterer Engpass ist die Bahnhofstraße / Ecke Große Rurstraße, an der seit einem Jahr der „Schwan“ seiner Vollendung entgegensieht. Begleitet wird dieses Gastronomie-Projekt durch viele Diskussionen – ebenso wie das geplante „Schwanen-Quartier„. Nach Plänen der Investoren, die im Dezember in der Kulturmuschel vorgestellt wurden, sollen bis 2026 hier Hotel, Seniorenwohnanlage und ein Vollsortimentler stehen. Vorher müssen die bestehenden Gebäude bis auf den „Sparkassenturm“ abgerissen werden.
Bereits erdbodengleich ist das Traditions-Haus Heitzer: Seit März 2022 ist der Betrieb hier eingestellt. Mit einer rauschenden Karnevals-Abschiedsparty feierte die KG Rurblümchen mit vielen Gästen Abschied. Im kommenden Jahr wird hier ein Wohn- und Geschäftshaus gebaut. Platz für ein neues Feuerwehrhaus machte in Broich das alte Pfarrhaus, das im April abgerissen worden ist.
Aber auch einige Plätze, an denen Gemeinschaft gefeiert werden kann, entstanden in diesem Jahr: Richtfest gefeiert wurde in Merzenhausen, wo eine Bürgerhalle mit extras entsteht. Und in Broich wurde in Eigeninitiative als Leader-Projekt die Schwedenschanze wieder hergerichtet.
Einen „historischen Moment“ erlebten die Gäste in der Südbastion, als im Hochsommer der Siegerentwurf für das „Quartier Nierstein“ präsentiert wurde. Der Spatenstich für das neue Viertel von Jülich soll laut Bürgermeister 2025 erfolgen.
Los geht’s
Es läuft so einiges in Jülich. Damit ist nicht nur der Strohmanus-Brunnen gemeint, der nach jahrelanger Dürre nun wieder Wasser führt. Das Freibad hatte nach Corona und Hochwasser endlich wieder geöffnet und konnte trotz regnerischem Sommer eine gute Bilanz ziehen.
Sicher war aber eines der bewegendsten Themen des Jahres 2023 die Zukunft des Krankenhauses Jülich. Das hat inzwischen namentlich seine Patronin eingebüßt, aber alle – inklusive des neuen Geschäftsführers Niklas Cruse – äußern sich optimistisch. Die Unterstützung des Landes NRW wurde durch Abgeordnete Patricia Peill signalisiert. An die Seite der Apotheker, die im Juni zum ersten Protesttag aufriefen und im September und November weitere nachlegten, stellte sich Bundestagsabgeordneter Thomas Rachel. Nachdem das Thema Gesundheit Fahrt aufgenommen hat, wird sich 2024 zeigen, ob eine Ziellinie überwunden wird. Angekommen ist jedenfalls bereits das Hausarzt-Zentrum Koslar, das feierte Anfang Dezember Eröffnung.
Ein Teilziel erreicht worden ist auf der Merscher Höhe: Für den Brainergy Park wurde das Zentralgebäude noch vor dem Baustart vergoldet und der Förderscheid zum Baubeginn ging kurz vor Weihnachten ein. In direkter Nachbarschaft, auf dem Campus FH, wurde darüber hinaus ein neues Seminargebäude für Physiotherapie und Technomathematik eröffnet.
Weniger erfolgreich ist „die Kirche“ in Jülich mit ihren Bauten: Zwar gelang der Verkauf der Rochuskirche, der zum Jahreswechsel 2023 in den Besitz von Thomas Oellers überging, gescheitert sind aber die Neubaupläne für ein Pfarrzentrum an der Stiftsherrenstraße. Das Bistum Aachen stoppte das Projekt kurz vor Umsetzungsbeginn.
Dass sich dagegen für Jugendliche politischer Einsatz in Jülich auszahlt, dafür ist die Eröffnung der beiden Bolzplätze ein schöner Beweis. Inzwischen hat sich das Jugendparlament auch neu aufgestellt. Eine Doppelspitze führt mit großer Energie die „Geschäfte“.
Darüber hinaus drehen die Jülicher erfolgreich am Rad: Die Fahrradabstellanlage Kölnstraße / Ecke Schloßstraße wurde ebenso in Betrieb genommen wie das „Cyclespace“. Der Erfindergeist hat mit dem Science College Barmen eine „Schraubwerkstatt“ für bis zu 20 Werkelfreudige eröffnet. Durchgestartet ist ebenso das Leader-Projekt „Coffee-Bike„, das neben Kirchberg und Bourheim auch Schophoven anfährt. Erwähnenswert zum Thema abgefahren: Der Bürgerbus hat eine großartige Bilanz abgeliefert: 9000 Fahrgäste kamen mit dem ehrenamtlichen Verein ans Ziel – allein es fehlen akut Fahrer.
Das Problem hatten die Probefahrten der Castoren in Richtung Ahaus nicht. Sie verliefen ohne Zwischenfälle aber mit begleitenden Protesten.
Jubiläum
Reichlich zu feiern hatten die Menschen in und um Jülich. Dabei gab es weniger runde Jubiläum wie 45 Jahre Kunstverein Jülich oder 40 Jahre Morbus Bechterew Selbsthilfegruppe Jülich-Düren und immerhin 20 Jahre UWG JÜL als politische „Variante“ unserer Stadt, sowie 10 Jahre Pfarrei Heilig Geist Jülich. Darüber hinaus gab es jecke Jubiläen wie die 8 x 11 Jahre der KG Maiblömche und die KG Ulk Jülich, die ihre 11 x 11 Jahre ausgiebig das ganze Jahr feierte. Gestartet mit der Matinee, über „Kino„, die Galasitzung bis zum Brings-Konzert im Sommer.
Die größte Zahl für ein Jubiläum warf in diesem Jahr die die Schützenbruderschaft St. Sebastianus Lich-Steinstraß in die Waagschale: 175 Jahre besteht der Verein. Immerhin auf 100 jähriges Bestehen blickten das Trommler- und Pfeiferkorps aus Broich, der Jülicher Wassersportverein, der Angelsportverein Jülich und der Jülicher Geschichtsverein, der damit nicht nur Geschichtspflege betreibt, sondern selbst ein Stück Geschichte ist.
Auf 75 Jahre Vereinsgeschichte blickt der TTC – mal Simex, mal Indeland aber immer – Jülich. Gefeiert hat sich der Jubilar allerdings nicht mit einem Festakt.
Das ganze Jahr feierte sich dafür die Musikschule Jülich, die vor 50 Jahren gegründet wurde. Ebenso lange gibt es bereits die KiTa Sonnenschein und den Weihnachtsmarkt der Werbegemeinschaft.
Immerhin versilbert haben in diesem Jahr die „Grünschnäbel“ in Bourheim ihre Jahreszahl. Und 25 Jahre ist es her, dass die Landesgartenschau ihre Pforten öffnete.
Menschen
Eine Stadt in ihrer Vielfalt lebt von seinen Menschen. Für Vielfalt steht Prinz Björn Esser, der im Februar noch als närrische Majestät der KG Ulk Selgersdorf gefeiert wurde und im Dezember mit dem VdK-Preis ausgezeichnet wurde. Gefeiert wurde auch Elisabeth Vietzke, Grand-Dame der SPD beging ihren 80. Geburtstag und gab jetzt ihren langjährigen Vorsitzende der Stadtbücherei ab. Der Platz ist aktuell verwaist. Verwaist und ist der Platz des Propstes der Herzogstadt: Josef Wolff hatte sich Ende 2022 in sein Wüstenjahr verabschiedet. Auf Wunsch des Bischofs kommt er nun in der GdG Kreuzau zum Einsatz. Wiederbesetzt ist der Platz des Sozialdezernenten: Thomas Mülheims hat die Arbeit aufgenommen. Neu in der Stadt ist Franziskus Meuthrath, der im Bonhoefferhaus für die Jugend da ist. Den Spitzenwechsel vollzogen hat in diesem Sommer das Forschungszentrum Jülich: Seit dem Sommer ist Astrid Lambrecht neue Vorstandsvorsitzende.
Preis-Würdig
Sie ist Nachfolgerin von Wolfgang Marquardt ab, der Anfang des Jahres noch qua Amt den Stadtmarketing-Preis für das Forschungszentrum Jülich entgegen genommen hatte. Im September wurde Marquardt verabschiedet.
Aber apropos Preise: Nicht nur regional, landesweit und sogar bundesweit wurde Aufmerksamkeit auf Jülich gezogen. Regional zum 23. Mal würdigte der Kreis Düren soziales Engagement. Damit verbunden ist eine Nominierung für den Deutschen Engagementpreis. Unter 400 bundesweiten Bewerbern erreichte der Jülicher Mo Khomassi Platz 11.
Für den Deutschen Kita-Preis 2023 im Rennen war die Broicher KiTa Purzelbaum. Letztlich hat es nicht ganz fürs Treppchen gereicht. Anders bei der 6c des Mädchengymnasiums, die den Gruppenpreis im Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten erhielten. Am selben Wettbewerb beteiligten sich Liam Franken und Maria Ljubicic vom Gymnasium Haus Overbach: Sie erreichten Platz 3. Ebenfalls gegen bundesdeutsche Konkurrenz trat beim Wettbewerb Jugend musiziert die 13-jährige Evelina Schneider, Schülerin des Gymnasiums Zitadelle, an: Mit ihrer Partnerin Adele Reissenberger aus Köln erspielte sie sich die Bronzemedaille. Auf den 2. Platz beim Landeswettbewerb Jugend forscht kam Martin Pfeiffer vom Gymnasium Haus Overbach.
Eine besondere Würdigung erhielt Alexander Holz aus Barmen: Im Juni veröffentlichte er noch den dritten Band zur Geschichte seines Heimatortes, im November verlieh ihm Bundespräsident Steinmeier die Verdienstmedaille der Bundesrepublik.
des Weiteren ausgezeichnet wurden Dr. Thomas Kreßner mit dem Kronenkreuz der Diakonie und der TTC Indeland mit der Jülicher Klippe. Den Heimatpreis in Jülich verlieh Bürgermeister Fuchs an den Angelsportverein Jülich 1923, die Mundartfreunde und die Bürgerinitiative Broich.
Sportlich herausragend schlagen sich Simone Ewinger vom TTC indeland Jülich, die sich mit Kerstin Segeth (TSV 1909 Langstadt) den Deutschen Meistertitel im Doppel der Seniorinnen 50 sichern konnte. Außerdem dürfen sich die Funky Teens der TSG Rot-Weiße Funken Güsten Europameister nennen: Sie errangen den Titel gegen das internationale Starterfeld aus dem eigenen Land, Belgien, Niederlande und Österreich.
Sport
Wo wir gerade beim Sport sind. Der spielte in diesem Jahr in Jülich eine besondere Hauptrolle, denn die Herzogstadt war HostTown der libanesischen Delegation, die an den Special Olympics in Berlin teilnahmen. Das Trainingslager in Jülich umfasste in großer Feierlaune auch viele Menschen in Jülich. Rund 500 Feiernde trafen sich im Brückenkopf-Park mit den Sportlern zu Musik, Genuss und Geselligkeit.
Erwähnenswert ist sicher ebenso, dass die 3. Herrenmannschaft des TTC indeland Jülich hat sich als Westdeutscher Pokalsieger durchgesetzt hat und für den Fortbestand des Jugendfußballs die neu gegründete Spielgemeinschaft Jugendspielgemeinschaft Ruraue sorgen wird.
Sportlich ging es natürlich auch wieder im Sommer zu: Inzwischen etabliert haben sich die Westdeutschen Meisterschaften im Beach-Volleyball auf dem Jülicher Schlossplatz. Im zweiten Jahr hieß die Veranstaltung Rur-Beach-Cup. Diesmal kämpften die Teams nicht nur um Bälle, Satz und Sieg, sondern auch mit den Wassermassen.
Richtig Sport ist es nicht, aber immerhin ein Wettbewerb und einer, der Premiere hatte: Kirchberg rief zum 1. Bobby-Car-Rennen und sorgte für reichlich Spaß. Um den Abschuss geht es auch bei den Schützen, die sich zwischen Tradition des Vogelschusses und Schießsport ansiedeln. Einmal im Jahr ist Bezirksbundesschützenfest. Diesmal gab es einen spektakulären Umzug in Altenburg.
Kultur und Veranstaltungen
Reichlich Besuch hatte die Herzogstadt. Die Bühnen zwischen Kulturbahnhof und Haus Overbach betraten reichlich Größen aus Köln von Brings, den Black Föös über Cat Ballou bis Kasala und dem Tiroler mit rheinischem Blut, Konrad Beikircher. Wo wir gerade beim Thema Kölsch und damit Karneval sind: Die Kulturmuschel, heiß umstrittener Veranstaltungsort in der Entstehungszeit, ist inzwischen in den Herzen der Jecken angekommen, die grandios feierten vom StarContest über die Kostümsitzung der KG Rurblümchen, Galasitzung der KG Ulk bis zum Konfettiball. Und weiter geht es im Jahr 2024, in dem weitere KGs die neue Party-Stätte nutzen.
Es kam Carsten Sebastian Henn zur Lesung und als ganz besonderer Höhepunkt Jeff Kinney, Vater von Greg und Autor dessen Tagebücher. Aufsehenerregend, wenn auch ganz anders, sind stets die Programme vom Ensemble Opus 45. Seitdem in Jülich in der Kulturmuschel die erste Premiere gefeiert wurde, kommt das Ensemble um Roman Knicks gerne zu Erstaufführungen in die Herzogstadt – diesmal mit „Ich wand‘re durch Theresienstadt“ versetzten Schauspieler Roman Knižka – und die nächste Premiere ist für 2024 auch schon wieder in Jülich angekündigt. Eine Uraufführung erlebte „Die letzte Hexe„, in der Jülich eine Hauptrolle spielt. Als Kurzfilm wurde sie bei den 1. Euregio Filmfestspielen in Alsdorf gezeigt. Zum ersten Mal zur Bühne wurde in Jülich die Propsteikirche: Die Gäste erlebten eine eindrucksvolle „Judas-„Aufführung durch das Grenzlandtheater Aachen.
Inzwischen sind durch Braingery-Park und Forschungszentrum politische Würdenträger fast schon Normalität, ob die Ministerinnen Mona Neubaur, Ina Brandes oder Ina Scharrenbach, Ministerpräsident Hendrik Wüst kennt Jülich inzwischen auch bestens. Auf Tuchfühlung gehen konnte das Publikum mit „der Politik“ bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Frauen und Politik“ mit Ministerin Ina Scharrenbach, Grünen-Fraktionsvorsitzende in NRW, Verena Schäffer, Yvonne Gebauer, ehemalige NRW-Ministerin, Gisela Walsken, ehemalige Regierungspräsidentin sowie NRW-Landtagsabgeordnete Patricia Peill Besonders ist aber, wenn Jugendliche in den Austausch mit hochkarätigen Politikern treten können: In diesem Jahr kam Landtagspräsident André Kuper ins Gymnasium Haus Overbach und Europa-Abgeordnete Sabine Verheyen besuchte das Gymnasium Zitadelle.
Die wichtigsten Kulturereignisse des Jahres waren sicher der Veranstaltungsreigen zu 30 Jahre Museum im Kulturhaus am Hexenturm, das sein Volumen um über 2000 Werke bereichert hat – beziehungsweise ist bereichert worden: Der Künstler Jens Dummer schenkte dem Museum seine Selbstporträts, die in der Ausstellung und Ausstellungskatalog „Ecce Ego“ nachhaltig gesichert sind. Außerdem das bedeutende Projekt „Stadträume„, das noch das ganze nächste Jahr in Jülich
gezeigt wird. besonders deshalb, weil viele Jülicher sich beteiligten, Schüler und Laien- und studierte Historiker und daraus Film, Vorträge und die Ausstellung erwuchsen.
2023 zeigte: Kein Jahr ist eine Insel, ganz für sich alleine. Vieles, was in diesem Jahr begonnen wurde hat Konsequenzen für das Folgejahr oder findet dann seine Erfüllung. Freuen dürfen sich die Jülicher, dass – so war es zu lesen – sie einmal mehr am Haushaltssicherungskonzept vorbeigekommen sind. Ein Thema, das den HERZOG ab Neujahr ebenso beschäftigen wird wie die Villa Buth, der Walramplatz – der Einzelhandel kommt, sagte Planer Hans-Wilhelm Hambloch – und im Laufe des Jahres der 30. Kunsthandwerkerinnen-Markt und der 80. Jahrestag der Zerstörung Jülichs. Die Bandbreite bleibt groß.