Start Magazin Geschichte/n Ungewöhnliches Doppeljubiläum

Ungewöhnliches Doppeljubiläum

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Gedenkblatt auf das 50-jährige Thronjubiläum Carl Theodors als Kurfürst von der Pfalz und Herzog von Jülich-Berg. Abb. Museum Zitadelle Jülich
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Der Theodor, um den es im Folgenden gehen soll, stand nicht wie in dem bekannten Schlager der Nachkriegszeit im Fußballtor, sondern regierte über 50 Jahre bedeutende Territorien des Alten Reiches. 1742 war Carl Theodor aus dem Hause Pfalz-Sulzbach seinem kinderlos gebliebenen Onkel Carl Philipp als Kurfürst von der Pfalz und Herzog von Jülich-Berg gefolgt. Als Carl Theodor am 10. Dezember vor 300 Jahren in der Nähe von Brüssel geboren wurde, war ihm dieser Aufstieg aus einer eher unbedeutenden Nebenlinie des Hauses Wittelsbach zu einem der wichtigsten Fürsten im Heiligen Römischen Reich nicht in die Wiege gelegt worden.

Gleichwohl sahen die Wittelsbacher Hausverträge beim Aussterben einer Linie den geregelten Übergang zu einer anderen Linie der Familie vor. Damit sollten Erbstreitigkeiten innerhalb des Hauses Wittelsbach vermieden werden und der territoriale Besitz zusammengehalten werden. Das führte denn auch dazu, dass Ende 1777 Carl Theodor auch noch die Bayerische Kurwürde erbte. Er selbst soll das als ein großes Unglück angesehen haben, da er seine geliebte Residenzstadt Mannheim verlassen und nach München umsiedeln musste. Bis an sein Lebensende vor 225 Jahren hat er mit den Münchenern gefremdelt und die mit ihm. Obgleich sie Carl Theodor die Anlage des heiß geliebten Englischen Gartens verdanken, konnten sie es nie verwinden, dass der Fürst das Kurfürstentum Bayern gegen die Österreichischen Niederlande tauschen wollte. Die entsprechend geheimen Verhandlungen mit dem habsburgischen Kaiserhaus waren schon weit fortgeschritten, als König Friedrich II. von Preußen, der „Alte Fritz“, eben diese 1785 publik machte und damit Carl Theodor nicht nur vor seinen Untertanen bloßstellte.

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Friedrich II., der den Aufstieg von Brandenburg-Preußen vor allem mit militärischen Mitteln vorantrieb, ärgerte sich über Carl Theodor, dem seine Herrschaftsgebiete auf friedlichem Wege zufielen. Er soll ihn deshalb als „Glücksschwein“ tituliert haben. Die beiden Fürsten waren sich auch deshalb nicht grün, da Carl Theodor 1742 auch die Herrschaft über die Herzogtümer Jülich und Berg angetreten hatte. Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg waren in Folge des Jülich-Klevischen Erbfolgestreits zu Beginn des 17. Jahrhunderts zwischen dem Herzog von Pfalz-Neuburg und dem Kurfürsten von Brandenburg aufgeteilt worden. Beide Seiten bestanden aber wechselseitig auf den Erbanspruch auf das ganze Territorium. Mit Kurfürst Carl Philipp von der Pfalz war 1742 die Linie Pfalz-Neuburg ausgestorben. Insoweit argumentierte Friedrich II., dass nun das Haus Brandenburg zum Zuge kommen müsse. Stattdessen trat aber Carl Theodor das Erbe an, wogegen der Kurfürst von Brandenburg und König in Preußen wenig ausrichten konnte, da er mit der Eroberung Schlesiens beschäftigt war.

Carl Theodor war ein aufgeklärter Fürst, der sich mit Wissenschaft und Technik, Musik, Theater, Baukunst und vielem mehr beschäftigte. Seine niederrheinischen Besitzungen interessierten ihn vor allem wegen des dortigen erheblichen Steueraufkommens. Zwar ließ er in Benrath ein spektakuläres Jagdschloss errichten, persönlich genutzt hat er es aber nie. Auch die Festung Jülich fand weniger sein Interesse, auch wenn er den Wiederaufbau der Westfassade der Schlosskapelle nach einem Brand 1768 finanzierte. Seitdem bekrönen zwei Kartuschen mit den Monogrammen CT für Carl Theodor und EA für seine Gattin Elisabeth Augusta das Eingangsportal. Im Giebel wurde zudem eine lateinische Inschrift angebracht, die Carl Theodor als Stifter der Fassade feiert und die ein doppeltes Chronogramm bildet. Die lateinischen Buchstaben, die auch als Zahl gelesen werden können, ergeben zwei Mal die Jahreszahl 1768. Die ebenfalls von Carl Theodor gestiftete barocke Ausstattung der Schlosskapelle bestehend aus Altar, Kanzel und Taufstein befindet sich übrigens heute in der katholischen Kirche St. Martinus in Stetternich.

In Südwestdeutschland wird das Doppeljubiläum 300. Geburtstag / 225. Todestag Carl Theodors mit zahlreichen Veranstaltungen vor allem in Mannheim und Schwetzingen gefeiert. Am Niederrhein ist es eher still um ihn, sieht man von einer wissenschaftlichen Tagung ab, die im September 2024 in Benrath stattgefunden hat. Der angekündigte Tagungsband wird sicher einige neue Erkenntnisse zu diesem bemerkenswerten Fürsten und seinen Beziehungen nach Jülich-Berg enthalten. Der Tod Carl Theodors am 16. Februar 1799 blieb in Jülich weitgehend unbemerkt. Das lag daran, dass die Stadt sich seit 1794 in französischen Händen befand und bereits fünf Jahre lang Carl Theodor nicht mehr der Landesherr war.

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Guido von Büren
Eine echte Muttkrat und mit unbändiger Leidenschaft für Geschichte und Geschichten, Kurator mit Heiligem Geist, manchmal auch Wilhelm V., Referent, Rezensent, Herausgeber und Schriftleiter von Publikationen, Mitarbeiter des Museums Zitadelle und weit über die Stadtgrenzen hinaus anerkannter Historiker, deswegen auch Vorsitzender der renommierten Wartburg-Gesellschaft

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