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Ulrich Backhausen

Nikolaus aus Überzeugung - der Mann mit der Mitra.

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Ulrich - Nikolaus - Backhausen. Foto: la mechky plus
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Das ist ein Nikolaus, wie er sein soll: Er trägt eine rote Robe, Mitra und Bischofsstab und auch noch ein freundliches Lächeln unter dem weiß wallenden Bart. Menschen gegenüber, denen er begegnet, strahlt er eine gewisse Gelassenheit und zugewandte Art aus, die gleich Vertrauen schafft. Er ist nicht mehr ganz jung, aber in den Augen ist ein kleines Funkeln zu sehen. So kennen ihn seit rund zwei Jahrzehnten im Advent viele Menschen im Jülicher Land. Im wirklichen Leben heißt der Mann Ulrich Backhausen und geht elf Monate im Jahr – trotz eines pensionsfähigen Alters von 69 Jahren – seiner Profession als Kaufmann nach.

Angefangen hat alles 1997, als die erste Krippe im Grünen Haus an der Kleinen Rurstraße, Ecke Grünstraße, errichtet wurde. Zu der Zeit war der „Vorgänger“ noch im Amt, und zwar an jedem Samstag. Als dieser „Nikolaus“ aber ausfiel, trat Arnold Rosenbaum, inzwischen verstorbenes Ehrenmitglied der IG Kleine Rurstraße, auf Ulrich Backhausen zu: „Wir können ein Nikolausgewand kaufen und dann machen wir selbst ,den Nikolaus‘.“ „Dass ich das werden sollte, hat er nicht gesagt“, sagt Backhausen schmunzelnd – und ihm war wohl auch zu dem Zeitpunkt noch nicht klar, dass er eine Art Berufung gefunden hatte. Inzwischen ist Nikolaus Ulrich nicht mehr nur für seine „IG“ in der Adventszeit im Einsatz, sondern ein viel gefragter heiliger Mann: So schlüpfte er mehrfach für die Werbegemeinschaft zum verkaufsoffenen Sonntag in seine Ehrenamtsrolle, hat den Arbeitskreis Integration der Stadt Jülich (AKI) zur Feier des Tages besucht, erzählte in der evangelischen Kirche vom Leben des Heiligen. Dass es bei den Protestanten keine Heiligenverehrung gibt, daran stört sich der überzeugte Katholik nicht, wie er schelmisch grinsend sagt. Vom Elternhaus christlich geprägt, so beschreibt sich der Nikolaus, der darum auch keinen „Coca-Cola“ Weihnachtsmann verteilt, sondern einen richtigen Schokonikolaus, der wie er Mitra und Bischofsstab trägt.

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Seit vier Jahren ist er auch für den Verein „Kleine Hände“ im Einsatz. Zunächst bei der Feier im Kulturbahnhof, wo er rund 100 Kinder beschenkte. Seit der Coronazeit steigt er in seinen motorisierten Schlitten – assistiert von seinem Sohn Tobias und einer Ehrenamtlichen des Vereins – und liefert die Gaben „frei Haus“. Das seien besonders besondere Glücksmomente, wie der Nikolaus strahlend erzählt. „Man bereitet so viel Freude, und die Kinder freuen sich wirklich.“ An der Türe erwarten sie ihn mit selbstgemalten Bildern, und die Eltern kämen und brächten Gebäck. „Das kommt von Herzen.“ In dieser hoch technisierten und oft auch nüchternen Zeit habe der Nikolaus einen hohen Stellenwert, weiß Ulrich Backhausen aus Erfahrung. „Es hat eine andere und sehr menschliche Ebene.“ Schon wenn er nur in seinem „Schlitten“ im Vorbeifahren gesehen wird und den Menschen zuwinkt, würden alle zurückwinken. Lachend erinnert er sich, als in der Coronazeit in Jülich die Tour „Ein Funken Hoffnung“ mit lichterkettengeschmückten Lastern und Treckern durch die Straßen fuhr und sie beim Anblick des winkenden Nikolauses mit einem Hupkonzert antworteten. Wie sehr die Menschen, denen er begegnet, in ihm „den Nikolaus“ sehen und nicht den Menschen hinter der Robe, überrascht Ulrich Backhausen immer wieder.

Ob Menschen mit christlichem oder muslimischem Glauben, solche, die Deutsch als Muttersprache sprechen oder als Geflüchtete sich nur durch einige Wörter verständigen könnten – wenn Nikolaus Ulrich unterwegs ist, dann wird er auch automatisch zum Fotomodell. Und natürlich erzählen ihm Kinder von ihren geheimen Wünschen und mehr: Kinder aus Kriegsgebieten würden sich vom Nikolaus Frieden in ihrer Heimat wünschen, „dass nicht mehr geschossen wird. Das war den Kindern sehr, sehr ernst.“ Aber durchaus auch Erwachsene wenden sich an den Heiligen. Hörbar erschüttert ist Ulrich Backhausen immer noch von der Begegnung mit einer älteren Dame, die schon lange zurückliege. Sie sei auf ihn zugekommen und habe „dem Nikolaus“ erzählt, dass sie an diesem Tag erfahren habe, dass sie unheilbar an Krebs erkrankt sei und nicht mehr lange zu leben habe. „Ich habe sie in den Arm genommen, gehalten. Wir haben einen Moment still gestanden – das sind Erlebnisse, die man nie vergisst.“ Und auch darum übt der Kaufmann das zeitintensive Ehrenamt aus: „Ich bekomme es vergolten in Blicken, in liebevollen anerkennenden Bemerkungen, einem Drücken, der Bitte nach einem gemeinsamen Foto – davon wird man superreich!“ Eine Rechnung, um im Bild zu bleiben, die mehr als aufgeht.

Üblicherweise erfüllt der Nikolaus Wünsche. Was aber wünscht sich der Nikolaus selbst? „Ich habe wenig Wünsche – eigentlich nur solche, die leider im Moment nicht erfüllbar sind nach ein bisschen mehr Frieden und Ruhe und ein wenig Normalität. Das wünsche ich mir von Herzen.“

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Dorothée Schenk
HERZOGin mit Leib und Seele. Mein HERZ schlägt Muttkrat, Redakteurin gelernt bei der Westdeutschen Zeitung in Neuss, Krefeld, Mönchengladbach und Magistra Atrium der Kunstgeschichte mit Abschluss in Würzburg. Versehen mit sauerländer Dickkopf und rheinischem Frohsinn.

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