„Ich bin ein totaler Quereinsteiger“, schmunzelt Gert Marx und berichtet, dass er eigentlich Lehrer werden wollte, dass es aber – heute undenkbar – „damals schlechte Zeiten für Lehrer waren“. Nach dem Abitur am Gymnasium Zitadelle entschied er sich zunächst dafür, Sport und Geschichte für das Lehramt in Köln zu studieren. Doch angesichts der schlechten Prognose für künftige Lehrkräfte landete das Geschichtsstudium nach einigen Semester bereits wieder am berühmten Nagel und Marx konzentrierte sich auf den Sport, dem er auf die eine oder andere Weise seither treu blieb.
1985 schloss Gert Marx das Studium an der Sporthochschule mit dem Diplom ab und meldete sich erst einmal arbeitslos. Durch Vermittlung des Arbeitsamtes landete er dann, ausgestattet mit einem Zeitvertrag über zwei Jahre, bei der Stadt Jülich. „Arbeitsbeschaffungsmaßnahme hieß das damals“, erläutert Marx im Nachhinein fast ein wenig amüsiert. Immerhin hatte die Maßnahme noch entfernt mit dem im Studium Gelernten zu tun: Als Sachbearbeiter war er fortan für alles, was in der Stadt Jülich mit Sport zu tun hatte, zuständig. 1988 dann wurde die befristete Anstellung aufgehoben: „Ich erhielt dann einen festen Vertrag.“ Privat blieb Marx immer sportlich, sogar in lehrender Funktion. So trainierte er unter anderem die 2. Mannschaft der Jülicher „Zehner“, die Senioren von Inden, Hilfarth und Welldorf und später dann die Jugendmannschaftmannschaft des Sohnes. „Das hab ich immer gerne gemacht, da hab ich wenigstens was vom Sportstudium gehabt“, konstatiert Marx rückblickend mit einem Lachen.
1996 stand dann der nächste Karriereschritt an. Dieser kam reichlich unerwartet, denn sein Vorgänger ging überraschend und deutlich früher als geplant in den Ruhestand, im August wurde der einstige Sachbearbeiter zum kommissarischen Amtsleiter ernannt. Damalige Überlegungen, Kultur-, Schulverwaltungs- und Sportamt zusammen zu legen, wurden ad acta gelegt und so wurde Marx im Jahr 2000 „richtiger Amtsleiter“ des neuen Schulverwaltungs- und Sportamtes seiner Heimatstadt.
„Grundsätzlich muss ich sagen, es war nie langweilig!“ resümiert der Fast-Pensionär, denn noch ist Marx wöchentlich vier Stunden in seinem Büro im Jülicher Rathaus anzutreffen. Eine Riesenaufgabe sei die Einführung der Offenen Ganztagsgrundschulen (OGS) gewesen, erinnert sich Marx und setzt gleich hinzu: „Wir haben schon eine Menge getan, aber die Räume reichen nach wie vor nicht.“ 2004 öffnete die erste OGS an der Promenadenschule mit rund 30 Kindern die Türen. Mittlerweile werden an allen Jülicher Grundschulen insgesamt über 500 Kinder in der OGS betreut, hinzukommen über 200 in der sogenannten Übermittagsbetreuung. Diese Zahlen steigen von Schuljahr zu Schuljahr.
Darauf reagierte die Stadt mit der Schaffung von zusätzlichen Räumen. Vorübergehend mit Hilfe von Containern, in den nächsten Jahren aber auch mit Erweiterungsbauten. So sind an der Promenadenschule aktuell sechs neue Räume in der Planung, in Koslar sind es vier, und ein Ende ist nicht abzusehen, so Marx und erklärt auch gleich, warum: „Jülich wächst, hier entstehen rund 4000 neue Arbeitsplätze, da werden wir sicher noch eine Grundschule brauchen.“
Doch nicht nur der gewaltige Themenkomplex Schule fiel in seinen Zuständigkeitsbereich, auch die sogenannte „Bäderfrage“. Schon 1992 – „Das muss man sich mal vorstellen!“ – sollte das Jülicher Hallenbad inklusive Nichtschwimmerbecken saniert werden, schließlich war sogar ein „Waikiki“ genanntes Spaß- und Wellnessbad und andere Modelle am Freibadstandort im Gespräch. Doch (siehe oben) manchmal kommt es eben anders. Das Gymnasium Zitadelle brauchte neue Räume, auch der Neubau der Schirmerschule, die Aufgabe des Standortes der Realschule am Aachener Tor und die Sanierung des Schulzentrums stand mehr oder minder plötzlich auf dem Programm und die Bäderfrage musste einstweilen unbeantwortet bleiben und wurde zurückgestellt. Eine „spannende Sache“ sei auch die Sanierung des Schulzentrums an der Linnicher Straße im laufenden Betrieb gewesen, wo die Hauptschule je nach Baufortschritt mehrmals innerhalb des Gebäudes umzog und nach Fertigstellung die Realschule und die neu gegründete Sekundarschule vom Aachener Tor ins Schulzentrum umsiedelten. auch die Musikschule einen Platz bekam und die Katholische Grundschule aus- und in den nebenan errichteten Neubau einzog. Insgesamt kosteten Sanierung und Neubau rund 30 Millionen Euro und waren damit die größte Baumaßnahme, die Jülich je hatte, berichtet Marx. In seiner Amtszeit habe die Stadt viele Millionen in die Sanierung der Schulgebäude investiert, so dass die Schulgebäude in einem ordentlichen Zustand sind, stellt er dann noch fest.
Auch für den Neubau der Schirmerschule war Marx mitverantwortlich. Besonders interessant und spannend war für ihn, mit der damaligen Schulleiterin gemeinsam die Planung der Räume und deren Ausstattung maßgeblich bestimmen zu können.
2020 übernahm er nach einer Umstrukturierung in der Verwaltung den Aufgabenbereich Kinder und Jugend. Das Amt nannte sich fortan Amt für Kinder, Jugend, Schule und Sport und wurde mit rund 60 Mitarbeitern eines der größten Ämter innerhalb der Stadtverwaltung.
Im Berufsleben des Gert Marx war also eine Menge los. Hat er keine Angst, dass ihm der Ruhestand zu langweilig werden könnte? Angesichts dieser Frage muss er lachen und verneint entschieden. „Ich lese viel, spiele Tennis, gehe ins Fitnessstudio und mache Fahrradtouren mit meiner Frau“, zählt der passionierte Sportler auf. Auch der große Garten und natürlich die Enkelkinder nehmen eine Menge Zeit in Anspruch, die der „Rentner in Ausbildung“ ihnen gerne widmet. Außerdem seien da noch die betagten Schwiegereltern und der Sohn, den es beruflich nach Mexiko verschlagen hat, und den das Ehepaar Marx jetzt vielleicht etwas häufiger besuchen möchte. Nein, Langeweile werde er sicher nicht haben, stellt Marx noch einmal fest, „so ein Tag ist so schnell rum.“
Abschließend noch einmal der Blick ins Amt: Die größte Baustelle für den oder die Nachfolgerin werde „ganz klar“ die Betreuungsfrage sein, meint der scheidende Amtsleiter überzeugt, denn ab 2026 gibt es einen Rechtsanspruch auch auf die Betreuung nach der Schule und wie das umgesetzt werden solle, sei noch die Frage. Denn dafür bräuchte es schließlich auch eine Menge Personal, für das in jedem Fall bessere Rahmenbedingungen hermüssten. Auch die Sanierung und Neugestaltung der durch das Hochwasser geschädigten Sportanlagen an der Rur werden die Verwaltung noch lange beschäftigen. Und auch die Bäderfrage werde in diesem Zusammenhang gelöst, ist Marx guten Mutes: „Ich glaube schon, dass ein Schwimmzentrum mit Frei- und Hallenbad an die Rur kommt.“