Stunde null in Jülich: Wer die Luftaufnahmen der Stadt nach der Bombardierung vom 16. November 1944 gesehen hat, kann sich nicht vorstellen, dass hier schon ein Jahr später wieder über 6.000 Menschen lebten. Sehr viele von ihnen wohnten in notdürftigen Schuppen oder in Kellerräumen, außerdem waren 45 Nissenhütten überall in der Stadt verteilt aufgestellt worden. Um die Wohnungsnot zu lindern spendete die Schweiz im Rahmen der sogenannten „Schweizer Spende“ an die drei am schwersten betroffenen Städte der englischen Besatzungszone hölzerne Wohnbaracken, die vorher als Militärbaracken verwendet worden waren.
Neben Wesel und Düren erhielt auch Jülich 15 Schweizer Holzbaracken. 34 Familien konnten hier untergebracht werden, der Andrang war sehr groß. Die Schweiz stellte zusätzlich auch Möbel, Kleidung und Lebensmittel zur Verfügung. Allerdings war die Schenkung an Bedingungen geknüpft: Für jede Wohnung sollte von der Stadt Ackerland zur Verfügung gestellt werden, damit sich die Bewohner selbst mit Nahrungsmitteln versorgen konnten. Außerdem wurde verlangt, dass die Häuser als geschlossenes „Dorf“ aufgestellt wurden.
Die Stadt stellte ein Gebiet zwischen der Alten Dürener- und der damaligen Lohfeldstraße für den Bau der Siedlung zur Verfügung, die ersten beiden Baracken wurden 1946 fertiggestellt und dienten als Kantine und Werkstatt. Die weitere Erschließung des Areals durch die Stadtwerke stellte die Stadt allerdings vor große Herausforderungen, da nicht genug Material vorhanden war, um die Rohre zu verlegen. Auch der Innenausbau der Häuser wurde durch Materialmangel immer wieder verzögert. Erst im Laufe des Jahres 1947 wurden weitere Baracken fertig gestellt.
Wenn die Wohnsituation in diesen Holzbaracken auch deutlich besser war als in den vorher genutzten Notwohnungen, so waren die Lebensumstände in der ab 1947 „Schweizer Siedlung“ genannten Wohnsiedlung doch alles andere als komfortabel: Die Dächer waren undicht, gemauerte Schornsteine wurden erst 1948 eingebaut, sanitäre Einrichtungen mussten sich mit Nachbarn geteilt werden und befanden sich auf dem Hof. Dennoch war die Zahl der Bewerber groß: Im März 1947 meldete der Wohnungsbauausschuss, dass von über 300 Bewerbern nur noch 20 berücksichtigt werden konnten. Bevorzugt wurden dabei „politisch Geschädigte“, außerdem diejenigen Wohnungssuchenden, deren Häuser nach ihrem Auszug wiederhergestellt werden konnten. Erst Mitte der 1950er Jahre wurden die Holzbaracken durch einfache Steinbauten ersetzt. 1960 beschloss der Stadtrat, die in die „Schweizer Siedlung“ führende Straße in Schweizer Straße umzubenennen, zur Erinnerung an die in der Nachkriegszeit so wichtige Spende