Ob bei Nachhaltigkeit und Mobilität oder gemeinschaftlichem Leben: Das neue Stadtquartier „Nierstein“ soll neue Standards setzen. Und die Planungen nehmen immer weiter Gestalt an. Während der jüngsten Sitzung des Planungs-, Umwelt- und Bauausschusses der Stadt Jülich (PUB) brachte Professor Dirk Junker vom beauftragten Planungsbüro JKL PartG mbB Landschaftsarchitekten & Stadtplaner aus Osnabrück die Ausschussmitglieder auf den aktuellen Stand der Masterplanung. Nach einer Vorstellungs- und Beratungsrunde in den Fraktionen und etwaigen daraus abgeleiteten Änderungen des Gesamtkonzepts soll bei der nächsten Sitzung des PUB der Aufstellungsbeschluss angegangen werden, um die weiteren Schritte im Bauleitplanverfahren zu initiieren und den Grundstein für die Zukunft des Stadtquartiers zu legen.
Zu Beginn der Planung stand ein städtebaulicher Wettbewerb, den das Osnabrücker Planungsbüro für sich entschied. „Durchgrünt, klimaangepasst, energieeffizient und sozial gemischt: Wir setzen uns hier mit den Themen der Zukunft auseinander“, ist Planer Dirk Junker überzeugt, mit dem Stadtquartier „Nierstein“ ein attraktives Quartier entwickeln zu können. Im neuen Entwurf entfällt der Schulstandort, es wurden mehr Nachbarschaftsgaragen hinzugefügt, der Anteil qualitativer Wohnbebauung liegt bei 70 Prozent, 30 Prozent des bebauten Areals sind für Dienstleistung und Gewerbe vorgesehen, hinzukommen großzügige über nicht überproportionierte Grünflächen sowie ein Park, der in der Mitte des Areals sozusagen eine identitätsstiftende Wirkung entfalten soll.
Das Wohnen ist in Nachbarschaften strukturiert, mit unterschiedliche Gebäudetypen sowie Reihenhaus- und Doppelhausgrundstücken am Nordrand des Quartiers. Rund 40 Wohneinheiten (also Wohnraum für 60 bis 80 Menschen in ganz unterschiedlichen Größen) sind um sogenannte Wohnhöfe gruppiert, die jeweils eine zentrale Mitte bilden. Zentrale Idee: Im Stadtquartier soll „soziale Energie“ freigesetzt werden, Nachbarschaft gelebt werden. Dazu soll auch die Gestaltung der Straßen beitragen, die alle gesetzliche Anforderungen erfüllen, sich aber insgesamt zurücknehmen und primär Platz für Fahrradfahrer und Fußgänger lassen. Die Anzahl der Wohneinheiten wurde im Vergleich zum Wettbewerbsmodell erhöht, es sollen mindestens 800 entstehen.
Alle Höfe und Straßen sollen für Spiel und Aufenthalt, nicht für den Verkehr gedacht sein. „Das bietet eine große neue Chance“, betont Dirk Junker. Alle Bewohner könnten zwar mit dem Auto „mal zum Haus hinfahren“, aber es soll keinen dauerhaften Verkehr geben. Dafür gibt es zentrale Nachbarschaftsgaragen, die gebucht werden können, maximal 150 Meter von der eigenen Wohnung entfernt, für Besucher offenstehend. Bei den Wohnhöfen wird es für Menschen mit Handicap jedoch Parkplätze geben, ebenso Möglichkeiten für Kurzzeit-Parker. Die gebündelten Gebäude mit gewerblicher Nutzung im Erdgeschoss sind hingegen mit Parkflächen ausgestattet, was aber die Ausnahme darstellt im neuen Quartier. In den Obergeschossen gibt es Raum für Büros, Praxen sowie Workspaces, diese Gebäude sind mit großzügigen Dachgärten ausgestattet. Angedacht ist auch, Studentenwohnungen und eine Senioreneinrichtung am Zoo mit enger Verknüpfung von Park und Quartier zu integrieren.
Zisternen auf den Dächern der Privatgrundstücke ermöglichen die Eigennutzung des Wassers und bieten zugleich Verdunstungsflächen, die sich positiv auf das Mikroklima auswirken sollen. Der Teich im zentralen Park ist so ausgelegt, um bei Starkregen ausreichend Anstaumöglichkeit zu bieten, alle Straßen und Verkehrsflächen sind aus versickerungsfähigen Materialien um möglichst wenige Flächen zu versiegeln. Bepflanze Mulden nehmen ebenfalls viel Regenwasser auf. Der Planer sprach von einem „Schwammstadtprinzip entlang der Straßen“.
Wann und wie es zur Umsetzung kommt hängt letztlich von der Entscheidungen zum Landesentwicklungsplan ab. Lesen Sie hierzu: Jülichs Großprojekte auf der Kippe?