Es liegt Nervosität in der Luft. Schon am frühen Morgen geht ein Telefonat ein, in dem ein fassungsloser Anrufer schildert, dass er im Supermarkt vor leeren Regalen gestanden hätte. Beim Ortstermin bei den Jülicher Discountern sieht auf dem ersten Blick noch alles normal aus. Obst und Gemüse ist nach wie vor reichlich vorhanden, auch Süßwaren und Getränke sind in größeren Mengen verfügbar. Beim genaueren Hinschauen, fällt auf: Nudeln, Brot und ausgewählte Tiefkühlwaren sind restlos ausverkauft. Vereinzelt findet man sogar vollkommen leere Regale. Besonders trockene und länger haltbare Ware ist von Kunden in Menge gekauft worden. Ansprechpartner in Discountern halten sich mit Informationen zurück, aber hinter vorgehaltener Hand schildern die Angestellten wie unglaublich groß der Andrang über Tag gewesen ist. Fotografieren ist unerwünscht.
Die Sorge, im Falle einer Diagnose mit dem Corona-Virus eine 14-tägige Quarantäne und damit Hausarrest verordnet zu bekommen, scheint auch in Jülich zur Vorratshaltung zu führen.
Gleiche Erfahrungen gibt es in Apotheken am Ort: Hier kamen schon am Aschermittwoch Hilfesuchende in Scharen, um sich einerseits mit Mundschutz, andererseits mit Desinfektionsmitteln einzudecken und, um sich beraten zu lassen, betont Luc Rey, Sprecher der Apotheker in Jülich. Bei Fragen zum Corona-Virus seien die Apotheken eine der Anlaufstellen. „Man kann sich auf so eine Situation, in der Menschen in großer Anzahl kommen, nicht vorbereiten“, sagt Rey. „Die Verunsicherung ist sehr groß in der Bevölkerung.“
Es gebe für Apotheken einen entsprechenden Pandemie-Plan. Erstmal gelte es die eigenen Mitarbeiter zu schützen, Flächen- und Handdesinfektion und Atemschutzmasken vorrätig zu haben für die Kollegen, die in Kundenkontakt sind. Das könne im Ernstfall soweit gehen, dass man die Medikamente nur noch über die Notdienstklappe ausgäbe, um den Kontaktkreis so eng wie möglich zu halten. „Soweit sind wir hier noch nicht“, sagt Luc Rey. Es werde nach Empfehlungen der Apothekerkammer und des Robert-Koch-Instituts gehandelt. „Das muss jeder Leiter einer Apotheke für sich entscheiden“, betont der Pharmazeut.
„Die Einschätzung der Situation kann sich von Tag zu Tag etwas verändert.“ Luc Rey rät den Jülichern, die Seite des Robert-Koch-Instituts bei Sorgen und Bedarf an aktuellen Informationen anzuklicken.
Grundsätzlich gilt – wie bei jeder „Influenza“ auch –, dass Imungeschwächte sich derzeit wegen möglicher Ansteckungsgefahr nicht in größere Ansammlungen von Menschen begeben sollten. Und vor allem: „Das Händewaschen an sich ist eine gute Maßnahme und die anschließende Händedesinfektion. Das Niesen und Husten in die Ellenbeuge, Finger aus dem Mund, Finger aus der Nase – das sind banale Dinge, die eigentlich zur normalen Hygiene gehören.“ „Corona“ sei für uns etwas Fremdes, aber klar ist, dass, wer sich vor Viren schützen wolle, sinnvollerweise ein gesundes Maß an Abstand zu den Mitmenschen halte und ein gesundes Maß an Hygiene pflege.
„Man muss aufklären, nicht bagatellisieren“, betont der Apotheker. Nicht jeder, der Erkältungssymptome aufweise, sei direkt mit dem Corona-Virus infiziert. Allerdings solle zur Klärung nicht die Arztpraxis aufgesucht werden, bei der im Wartezimmer Menschen mit geschwächtem Imunsystem die Normalität sind. „Um diese und sich selbst zu schützen lieber telefonisch ärztliche Hilfe herbeiholen“. Und Geduld sollten die Menschen mitbringen, denn Wartezeiten seien vorprogrammiert. Zum üblichen jahreszeitlich bedingten Krankenstand kommen jetzt die verstärkten Nachfragen – da komme es zu zwangsläufig zu Engpässen.
In Jülich selbst gibt es noch keinen Fall einer Infektion mit dem Corona-Virus. Allerdings ist eine Lehrerin an der Katholischen Grundschule (KGS) beschäftigt, die im Nachbarkreis Heinsberg zu Hause ist und dort unter Quarantäne steht.
Als reine Vorsichtsmaßnahme hat daher die Stadt Jülich als Schulträger hat beschlossen, die KGS Jülich am Freitag, 28. Februar, zu schließen. „Weder die betroffene Kollegin noch sonst jemand an der Schule ist bisher positiv auf das Corona-Virus getestet worden“, wird ausdrücklich auf der Homepage der Schule betont. Für den morgigen Freitag ist eine Pressemitteilung der Stadt angekündigt.
Wichtiger Nachtrag:
In 98 Prozent aller Fälle werden die am Corona-Virus erkrankten Menschen wieder gesund. Das ergeben die Daten aus China. Tatsächlich wird vermutet, dass die Zahl der Infizierten, die an dem Virus stirbt, in Deutschland unter einem Prozent liegt, da angenommen wird, das es sehr viel mehr Infektionsfälle gibt, als die bislang bekannten. Für Menschen mit Vorerkrankungen scheinen die Viren besonders gefährlich zu sein. Rund 17 Prozent der Infizierten erkranken schwer, acht Prozent müssen künstlich beatmet werden. In den meisten Fällen löst das Virus jedoch nur schwächere oder sogar gar keine Symptome aus.