Er blieb von der Ausbildung bis jetzt zum Schluss in dem einen Betrieb, wo auch viele andere Kollegen bereits seit ihrer ersten beruflichen Stunde mitarbeiten. Das schaffe ein gutes Betriebsklima. „Wir lassen keine guten Azubis gehen“, sagt Hans Diederichs bei der Fritz Pogenwisch GmbH & Co. KG in Jülich. Er ist selbst Ausbilder ist und pflegt auch guten Kontakt zu den Lehrern des Berufkollegs in Jülich. Gute Lehrlinge zu finden sei heute aber nicht mehr so einfach. Es herrsche ein sogenannter Bewerber- beziehungsweise Arbeitnehmermarkt, wo der Suchende derjenige ist, der am „Drücker“ ist, weil es mehr offene Stellen als Bewerber gibt.
Am 30. Juni hört Diederichs für immer in dem Unternehmen auf, in dem er schon als junger Mann angefangen hat und 1991 in seine jetzige Position aufgestiegen ist. Er geht dann in den Ruhestand. Aber er schwärmt noch heute von seinem erlernten Ausbildungsberuf Groß- und Ausbildungskaufmann mit Schwerpunkt Haustechnik. „Das hört sich nach einem kaufmännischen Beruf an. Die kaufmännischen Fähigkeiten muss man auch haben, aber die Technik steht im Vordergrund“, erklärt er. Das sei auch wichtig, denn wenn ein Kunde zum Beispiel ein Bad plane, dann müsse der Mitarbeiter wissen, was er dafür benötigt. Bäder würden heute meist im sogenannten „3 D“ am Computer geplant. Außerdem seien Bäder heute immer stärker zum Bestandteil vom Wohnkomfort geworden.
Bei den Kunden von Pogenwisch, einem Großhandelshaus für Haustechnik mit großer Badausstellung, handelt es sich jedoch weniger um sogenannte Endkunden, sondern eher um selbständige Handwerker. Das Unternehmen ist Spezialist im Bereich Sanitär, Heizung Klima sowie Elektroinstallation, und hier eben im sogenannten Business-to-Business Sektor tätig. Auch moderne Photovoltaik-Anlagen gehören zum vielfältigen Spektrum des Unternehmens, das in Jülich erst in der Grünstraße, dann in der Römerstraße ansässig war und jetzt im Königskamp seinen Sitz hat. Mittlerweile gehört Pogenwisch zu einer großen Firmen-Gruppe. Es seien viele Abhollager dazugekommen und es gebe insgesamt in der Gruppe 2400 Kolleginnen und Kollegen, freut sich Diederichs über diese aus seiner Sicht sehr positive Entwicklung. Es ist schnell klar, dass da Begeisterung und Zugehörigkeitsgefühl mitschwingt.
Wie war das damals, als er angefangen hat?
Diederichs komme eigentlich aus der Landwirtschaft. Doch die Eltern hätten sofort eingesehen, dass das keine Zukunft habe. Und so hat er sich beim Arbeitsamt vorgestellt. Das Gespräch sei kurz, aber erfolgreich gewesen. „Du biss ene Buhrejung. Du kannst arbeede.
Dich nehmen wer“, hätte der Berater kurzerhand gesagt. Und was sieht er selbst als seine wichtigste Eigenschaft im Beruf? „Das ist einfach der Biss“, sagt er kurz und knapp. Und die Freude, mit Menschen zu arbeiten.
Wie war das denn früher, als er anfing? Damals habe es natürlich noch keine Rechner gegeben. Gerechnet wurde stattdessen händisch. Telefone gab es wenige, und aus dem Fernschreiber kamen die Lochstreifen. Die Lieferscheine wurden noch per Hand geschrieben. Diese habe er dann vor Ort beim Unternehmen Eisenjansen aus Geilenkirchen, das Pogenwisch damals übernommen hatte, per Hand eingepflegt.
Seit 1984 habe die EDV Einzug gehalten. Aber nicht nur die technische Ausstattung habe sich geändert. Auch die Mentalität der potenziellen Auszubildenden sei heute eine andere: Es gebe eine stärkere Freizeitorientierung, gepaart mit einer Haltung „Wenn der nicht mehr macht, mache ich auch nicht mehr“, sieht Diederichs kritisch. Geld sei auch nicht mehr so wichtig wie früher. Das möchte er nicht als gut oder schlecht bewerten. Aber er sieht auch fehlende Ernsthaftigkeit unter den jungen Menschen: Wenn am Berufskolleg Vorstellungsgespräche simuliert werden, stellen Pogenwisch Azubis aus dem dritten Lehrjahr ihr Unternehmen vor. Da war Diederichs immer dabei und konnte beobachten, dass die Motivation der Schülerinnen und Schüler oft fehle, sich vor der Gruppe so etwas zu trauen. „Keine Lust“ sei einfach keine gute Antwort, findet er. Zur Motivation betone er immer wieder, dass Handwerk heutzutage wirklich mehr denn je den vielgepriesenen „goldenen Boden“ habe und sich die Verdienste der Absolventen in Zukunft sehr positiv entwickeln werden. Dann seien zum Schluss doch alle ruhig und hörten zu, weiß er.
In „seinem“ Unternehmen werde kaufmännisch ausgebildet, aber auf einem sehr hohen technischen Niveau, lobt Diederichs seinen Arbeitgeber. Jedes Jahr würden zehn Azubis für drei Jahre genommen. „Wenn die einmal bei uns sind, ziehen die auch mit“, weiß er die manchmal anfänglich etwas zögerliche Motivation einzuschätzen. Standard sei aber, sich vorher zu informieren, was das Unternehmen überhaupt mache, wenn ein Schüler zum Vorstellungsgespräch kommt. Egal ob Junge oder Mädchen, das sei ausgewogen. Kommunikation, das sei natürlich das A und O und wichtiger als die Abschlussnote. Der geforderte Abschluss müsse schon die Höhere Handelsschule sein, sonst kämen die Azubis in der Ausbildung nicht mit, erklärt er.
Wenn Diederichs so erzählt, kommt doch am Ende der Gedanke, dass er selbst das Ende noch gar nicht so realisiert hat. Er erzählt eine Anekdote: Einst sei die Einbruchmelde-Anlage auf ihn geschaltet gewesen. Er habe mit seiner Frau im Kreise der Bekannten Silvester gefeiert, und um 23.30 Uhr sei der Alarm losgegangen. Seine Frau habe ihn dann zum Ort des Geschehens gefahren. Alles hatte sich als Fehlalarm herausgestellt, und so habe das Ehepaar das Feuerwerk von Pogenwisch aus angeschaut. Das schafft Erinnerungen, die er sicher mit in den Ruhestand nehmen wird. Was dann geplant ist? Fahrradtouren mit Freunden. Sich mal an das Gärtnern heranpirschen, was bisher seine Frau erledigt habe. Das Loslassen scheint ihm jedenfalls keine Angst zu machen. Er hat entspannte Pläne. Wichtig sei ihm, dass er auch weiterhin viel unter Menschen ist, schließt Diederichs.
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