Die gute Nachricht zuerst: Nach längerer Vakanz ist die Stelle in der städtischen mobilen, offenen Jugendarbeit wieder besetzt: Diplom Pädagogin Jutta Camphausen ist vor vier Monaten in diesem Bereich aktiv geworden und bald gehen auch die aktiven Betreuungen in den Gruppen wieder los: Die Dörfer Bourheim, Barmen und Koslar dürfen aufatmen. Sie waren bereits in den Genuss dieser mobilen Betreuung gekommen, dann entstand eine personell bedingt längere Pause von etwa einem Jahr. Seit Mitte Januar seien in Bourheim am Sportplatz und in Barmen in der Alten Schule die Räume schon wieder offen und es gebe „eine richtig gute Nachfrage“, sagte Camphausen. Der Container in Koslar wird erst im Sommer wieder neu eröffnet. Die neue Kraft stellte sich erstmals auch im Ausschuss für Jugend, Familie, Integration, Soziales, Schule und Sport der Stadt Jülich vor. „Danke, dass sie da sind“, freute sich die stellvertretende Ausschussvorsitzende Nicole Bataille (SPD) über den lang ersehnten Neuzugang.
Als Teil eines Netzwerks für Jugendliche in Jülich bietet Camphausen in verschiedenen Frequenzen und Gruppen jeweils altersgerechte Freizeitaktivitäten an. Diese reichen von Kochen und Backen über Musik Billard und Darts bis hin zu Bewegungs- und Gesellschaftsspielen. Camphausen ist es wichtig, den jungen Menschen einen geschützten Raum zu bieten, wo sie ihren eigenen Interessen nachgehen können, statt ihnen etwas vorzugeben. Außerdem werde in diesen Räume auch gelernt, mit anderen Menschen umzugehen, und auch wie man Freundschaften schließt. Das alles sei ja durch den Lockdown verloren gegangen beziehungsweise gar nicht gelernt worden, erklärt die Pädagogin, die zuvor 20 Jahre lang in Neuseeland gearbeitet hatte. In ihrer neuen Arbeit stellt sie fest, dass die Eltern sehr interessiert seien, und selbst Engagement zeigten, dass ihre Kinder in der Freizeit auch gut beschäftigt sind. „Ich bin da sehr verwöhnt“, gibt Camphausen zu, und sagt das auch in Bezug auf einen weniger beleuchteten, aber dennoch sehr ernsten Aspekt der Situation von Jugendlichen in Jülich:
Sascha Römer, Jugendsozialarbeiter des Roncalli-Hauses, zeichnet ein düsteres Bild, was die soziale Situation von Jugendlichen in seinem Wirkungskreis angeht und sprach „Klartext“. „Damit keiner sagen kann, das habe ich nicht gewusst“, wendet er sich an die Politik Er wolle sensibler machen für die Probleme der Kids. Und er weiß wovon er spricht, weil seine Position die einzige, seit zwölf Jahren kontinuierlich besetzte Stelle, in der Jugendarbeit in Jülich ist. Er spricht von Kriminalisierungstendenzen unter den Jugendlichen, aber auch von Traumatisierungen der Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die seit 2015 immer mehr würden. Hier gebe es teilweise auch andere Rollenbilder. Die Stelle des Jugendstraßenpolizisten sei weggefallen. Dieser sei aber gut akzeptiert gewesen, kritisiert Römer. Natürlich laufe auch vieles gut, aber eben genauso Vieles liege eben im Argen, was sich durch die Pandemie noch verschärft hätte. Es fehle an Plätzen im öffentlichen Raum, nennt er der Politik mögliche Handlungsfelder, die in deren Einflussbereich lägen. Lobend erwähnte er, dass die Bolzplätze nun konkret in Arbeit seien, die aus der Mitte der Jugendlichen heraus vor fünf Jahren angeregt worden seien. Doch diese seien noch nicht ausreichend, mahnt er an. Er weiß auch: „Manche Kids erreichen wir nicht mehr. Auch nicht über die sozialen Medien.“ Römer spricht sich für kurze Dienstwege aus. „Jugendliche bräuchten Unterstützung von den Eltern, der Gesellschaft und der Politik.
Die Entwicklung sei schlimm. Die Frage sei, wo noch gegengearbeitet werden könne. „Wir machen schon viel“, kommentierte Sozialdezernent Thomas Mühlheims. Dass Jugendliche vielfach nicht gehört werden, so Mo Khomassi (SPD) beziehungsweise ein intensiver Redebedarf bestehe, wie Frank Radermacher (CDU) anmerkte, oder auch eine Task Force auch mit den kirchlichen Trägern gebildet werden könne, wie Susanne Schlüter (Grüne) anregte, ging parteiübergreifend in eine ähnliche Richtung, was an Lösungen möglich sei. Allerdings wies Bürgermeister Axel Fuchs darauf hin, dass diese Probleme alleine von der Kommune Jülich nicht gelöst werden könnten. Hier sei auch der Kreis Düren gefragt. Ein entsprechender Kontakt ist anvisiert.