Zwillinge sind immer ein Hingucker. Vor allem wenn sie eineiig und doch zwei sind. Sie üben einfach eine Faszination fürs Auge aus. Meist sind sie gleich groß, haben wie in diesem Fall gleichfarbige Augen – braun – und gleichen sich verblüffend. Nicht wie ein Ei dem anderen, aber eben doch so frappierend, dass es für Nicht-Familienangehörige gar nicht so einfach ist, die feinen Unterschiede auszumachen. Ben und Felix Schröder machen dabei keine Ausnahme. Noch in diesem Jahr 2022 werden sie 2 Jahre alt und sind ganz schön mobil.
Im hauseigenen „Kletterpark“ an der Bahnhofstraße erklimmen sie die Mini-Sprossen, um mit Hallo die Rutsche herunterzufegen. Gardinen dienen zum Versteckspielen, untersucht wird, wie Türen auf und wieder zu gemacht werden können, und während Ben schon mal Bauklötze staunt, nimmt Felix gerne eine Kostprobe. „Felix, nimmst Du das bitte aus dem Mund?“, mahnt Mutter Anja, die während des Kaffeebesuchs ihre beiden Nachwuchsartisten immer im Blick behält. Bei zwei statt einem hat man halt immer mehr als beide Hände voll zu tun. Da ist es ein Glück, wenn Ehemann Michael seine Hände beisteuern kann. Banale Dinge wie das Zubettbringen werden ansonsten zum Ballanceakt. „Arbeitstechnisch ist es halt immer mehr als mal 2“, ist die Erkenntnis des Zwillingsvaters, und er rechnet vor: „Man hat ja nicht mehr Zeit, muss aber im gleichen Zeitraum 2 versorgen, hat also weniger Zeit als die Hälfte.“ Verwirrend, aber so ist das Leben mit einem Doppelpack schon mal.
Alles mal zwei ist nötig, wenn man Zwillinge hat. Oder nicht? „Bei Geschenken kommt natürlich alles doppelt“, gibt Anja Schröder zu und weist mit dem Finger auf die identischen „Kuschelhasen“. Und Kleidung für festliche Anlässe gibt es schon mal in zweifacher Ausfertigung. „Wenn wir eingeladen sind, dann ist das Startoutfit gleich. Aber ich habe schon früh gesagt, dass ich keine Lust habe, beide umzuziehen, wenn einer sich das Oberteil schmutzig gemacht hat. Das kostet auch wieder Zeit“, gibt die Zwillingsmutter unumwunden zu. „Wenn wir etwas anschaffen und es nicht beide gleichzeitig brauchen, gibt es nur ein Exemplar.“ Das gilt für Regenjacken, die es in Blau und Grün gibt, ebenso wie für Schuhe und beispielsweise für Spielsachen wie die Kugelbahn oder den Medizinball. Schließlich will auch teilen und gemeinsames Spielen gelernt sein. Das beherrschen Ben und Felix nach Aussage der Eltern allerdings schon ziemlich gut. Dabei kommen auch die unterschiedlichen Charaktereigenschaften zum Ausdruck: Felix ist der Abenteuerlustigere, sagt der Vater, aber der Sensiblere, sagt die Mutter, und dickköpfiger. „Ja“, nickt sie dem Filius zu, „guck mich nicht so an!“ Ben setzt sich gerne erst mal in die Ecke und guckt sich das alles an. Er ist geduldiger und kann auch schon mal vergnügt eine Zeitlang mit demselben Spielzeug Zeit verbringen. Und er ist ein guter Zuhörer. Es ist die Zeit, in der angehende Zweijährige Wörter entdecken: „Tschüss“ passend zur winkenden Hand, „Hi“ und „Auto“ sind die ersten verbalen Gehversuche. Darüber hinaus, da sind sich Anja und Michael Schröder sicher, pflegen die Zwillinge ihre eigene Mundart: Minutenlang erzählt Felix seinem Bruder Ben Dinge, die sicher von weltbewegender Bedeutung sind. Die Eltern verstehen kein Wort, wissen aber: „Die beiden verstehen sich!“
Was sich übrigens nicht verdoppelt, sondern eher halbiert, ist der elterliche Schlaf, wie zu erfahren ist. „Man hat mir immer gesagt, ich solle die Zeit zum Schlafen nutzen, wenn die Kinder auch schlafen“, erzählt Anja Schröder und rollt mit den Augen. Denn wenn Ben schlief, war Felix wach und umgekehrt. Inzwischen habe es sich etwas „synchronisiert“. Und wenn man tagsüber nicht schläft, muss es nachts auch nicht durchgehend sein. Für Felix und Ben ist spätestens um halb sieben Tag. „Ich frag mich manchmal, woher sie das haben“, grinst Anja in Richtung Ehemann Michael. „Wenn sie nach mir kommen würden, würden sie auch 13 Stunden schlafen.“
Was ihnen aber von beiden Elterteilen bereits im Blut liegt, ist das Karnevalsgen. „Wir stimmen sie schon ein“, grinst Michael Schröder und spielt von Brings „Polka, Polka!“ an. Sofort unterbrechen die Jungs ihre gerade noch wichtige Tätigkeit und beginnen rhythmisch in den Hüften zu wippen und zu tanzen – strahlend über das ganze Gesicht. Einfach großartig – doppelte Freude und doppelter Spaß!
Apropos: So ganz einfach ist es offenbar auch für Zwillingseltern nicht immer, die Söhne zweifelsfrei auseinanderzuhalten. Als Weihnachtsgeschenk erhielten die Großeltern eine Schneekugel mit einem Bild von einem Jungen auf jeder Seite. „Habt Ihr eigentlich nicht gemerkt, dass auf beiden Fotos Felix zu sehen ist?“, soll Opa Klaus grinsend gefragt haben. „Tja – zwei unterschiedliche Fotos, aber derselbe Junge drauf“, lacht Michael Schröder über die optische Verwechslung. Ob sich das Ben und Felix wohl später mal zunutze machen? Literarische Vorbilder dafür gibt es ja genug, und nach Aussage der Eltern wächst gerade das Interesse an Büchern. Es bleibt spannend!