Während der Lockdowns im Frühjahr und im Herbst musste die Tätigkeit der Insolvenz- und Schuldnerberatungsstelle des Diakonisches Werks musste so umorganisiert werden, dass weiterhin für Ratsuchende ansprechbar waren und Beratungen fortgeführt werden konnten. Das betraf insbesondere die Beratungen und Hilfestellungen zu gepfändeten Girokonten. Die Ausstellung von P-Konto-Bescheinigungen dulden keinen Aufschub. Hier seien kreative Lösungen gefragt gewesen, um trotz der Kontaktbeschränkungen zeitnah die erforderlichen Informationen und Nachweise zu erhalten. Die Beratung erfolgte überwiegend telefonisch. Die Regelungen zu den Corona-Hilfspaketen der Bundes- und Landesregierung führten zu einem erhöhten Nachfragebedarf bei Ratsuchenden und Kollegen anderer Beratungsstellen. Einen besonderen Beratungs- und Klärungsbedarf gab es nach der Auszahlung des Kindergeldbonus und bei der Frage, ob und inwieweit die Corona-Sonderprämien sowohl für Pflegekräfte als auch für andere Arbeitnehmer pfändungsfrei gestellt werden können. Auf viele weitere Fragen mussten wir kurzfristig Antworten finden: Was tun bei Einkommenseinbußen infolge von Kurzarbeit oder Zahlungsschwierigkeiten bei Verbraucherdarlehen oder Mietverträgen? Welche Tätigkeiten können während des Bezugs von Kurzarbeitergeld anrechnungsfrei ausgeübt werden? Wer hat Anspruch auf die Corona-Soforthilfen für Unternehmen und Selbstständige?
Ab Mai konnte die persönliche Beratung unter Beachtung von Schutzstandards wieder aufgenommen werden. Durch erhöhte Anforderungen an die Raumgröße, organisatorischen Aufwand bei der Terminvergabe, notwendige zeitliche Flexibilität bei Klienten und Berater, häufige Absagen aus Furcht vor Ansteckung oder wegen Quarantäneauflagen wurde die Beratung erheblich beeinträchtigt. Neue Wege mussten gefunden werden, um eine Beratungsbeziehung aufbauen und halten zu können. Das forderte uns besonders heraus, um unsere hohen Standards, die an die soziale Schuldnerberatung gestellt werden, halten zu können.
Das persönliche Beratungsgespräch stellt dabei einen wichtigen Baustein einer erfolgreichen Beratung dar. Die Abstandsregeln und das Tragen von Mund-Nasen-Schutz beeinträchtigen jedoch häufig den Aufbau einer solchen Beziehung. Die Verständigung wird wegen der fehlenden Mimik oder aufgrund der schlecht zu verstehender Aussprache für beide Seiten schwieriger. Das Gebot von „Social Distancing“ empfinden nicht wenige Ratsuchende auch als emotionale Distanz.
Die Folgen für den Erfolg der Beratung lassen sich noch nicht abschätzen. Die Notwendigkeit der Digitalisierung sowohl bei der technischen Ausstattung als auch in den Beratungsabläufen wurde durch die Pandemie deutlich und dringend. Eine Beratung über digitale Medien halten wir jedoch aus datenschutzrechtlichen und technischen Gründen für nur bedingt umsetzbar. Viele der Klienten verfügen nicht über ausreichendes Equipment für Onlinegespräche. Dennoch werden innovative, vor allem digitale Beratungsformen in Zukunft eine zunehmende Rolle spielen.
Die Zuweisung von Kunden der job-com wurde in den Monaten April und Mai Corona bedingt ausgesetzt. Es ist allerdings festzustellen, dass die Zahl der Erstgespräche von SGB II-Leistungsbeziehern seit August tendenziell zurückgeht. Viele Menschen sind verunsichert, gehören aufgrund von Vorerkrankungen einer Risikogruppe an oder ziehen sich noch stärker als früher zurück. Nicht selten melden sich Ratsuchende erst, wenn Pfändungen vorliegen. Diese wurden während des Frühjahrs häufig ausgesetzt. Auch dies kann ein Grund dafür sein, dass manche Klienten die Beratungsstelle nicht unmittelbar aufsuchten. In der Folge konnte man vermehrt Menschen, die nicht von der job-com zugewiesen wurden, Erstgespräche anbieten. Der aktuelle Schuldneratlas der Creditreform zeigt eine unverändert überproportionale Überschuldungsquote im Kreis Düren. Sie liegt mit 11,85 Prozent aller Erwachsenen über dem Landes- und Bundesdurchschnitt (9,87 Prozent). Die Stadt Düren liegt mit 16,47 Prozent deutlich an der Spitze. Dies zeigt, dass der Bedarf an Schuldnerberatung weiter sehr hoch ist. Wir rechnen damit, dass die Zahl der Haushalte mit finanziellen Schwierigkeiten infolge der Pandemie und des Strukturwandels in den nächsten Jahren deutlich zunehmen wird. Geplante Insolvenzrechtsreform Neben der Corona-Krise beschäftigte uns die geplante Insolvenzrechtsreform während des gesamten Jahres. Die EU hatte mit der Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz in 2019 entschieden, für unternehmerisch tätige Personen das Insolvenzverfahren auf drei Jahre zu verkürzen. Die Bundesregierung beschloss ferner, dass die Neuregelungen auch für Verbraucher umgesetzt werden. Im Februar erklärte die Bundesregierung, dass die Frist für die Restschuldbefreiung sukzessive von sechs auf drei Jahre verkürzt werden solle. Erst ab Juli nächsten Jahres sollte das Verfahren zur Restschuldbefreiung nur noch 3 Jahre dauern. Die Pflichten und Obliegenheiten wurden zum Teil verschärft. Bevor diese Absicht im Gesetzgebungsverfahren umgesetzt werden konnte, beschloss die Bundesregierung im Juli das Corona-Konjunkturpaket. Die Laufzeit bis zu einer Restschuldbefreiung sollte danach bereits ab dem Oktober auf drei Jahre verkürzt werden.