Einen Fehlbetrag von über 16,5 Millionen Euro steht im Haushalte der Stadt Jülich für das Jahr 2015. 800.000 Euro mehr, als noch im Vorjahr. Bürgermeister Heinrich Stommel hat in der jüngsten Ratssitzung die Satzung vorgestellt. Wird der Haushalt bis Ende Juni verabschiedet, kann die Genehmigung dennoch auf sich warten lassen. Denn erst muss der Jahresabschluss 2012 vom Rechnungsprüfungsausschuss des Kreises geprüft werden, der ebenfalls in dieser Sitzung auf den Weg gebracht wurde.
Für die desolate Haushaltslage macht Bürgermeister Stommel vor allem den Bund verantwortlich. Immer neue Aufgaben und damit Ausgaben würden auf die Kommunen abgewälzt. Beispielhaft führte er hier die Finanzierung der geduldeten Flüchtlinge an, die gänzlich von den Kommunen getragen werden müsse. Der moderate Anstieg an Steuereinnahmen werde durch diese Kosten wieder aufgezehrt. Erst ab 2017 habe der Bund Hilfe angekündigt.
Die Bundesregierung schreibe die schwarze Null auf Kosten der Kommunen, lautet sein Vorwurf. Nur zehn Prozent der Kommunen in NRW könnten einen ausgeglichenen Haushalte vorlegen, in 68 der 359 Kommunen sei das Vermögen bereits aufgezehrt. „Eine Trendwende ist nicht erkennbar“, sagte der Bürgermeister.
Zweiter Indikator des hohen Fehlbetrags ist laut Stommel die „gleichzeitigen Verringerungen der Ansätze für die Gewerbesteuer (trotz der veranschlagten Steuererhöhungen) und die Schlüsselzuweisungen.“ Und die Kreisumlage da „fast jeder dritte Euro, den díe Stadt Jülich aufwendet, an den Kreis Düren“ gehe. Gegensteuern möchte der Bürgermeister durch drastische Steuererhöhungen und zwar bei der Grundsteuer A von 265 % auf 310 %, bei der Grundsteuer B von 480 % auf 560 % und für die Gewerbesteuer von 460 % auf 510 %. Die Frist für eine Erhöhung läuft nach Aussage des Bürgermeisters am 30. Juni ab.
In einer ersten ganztägigen Sitzung am 8. Juni wird der Haushalt 2015 und die Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzeptes bis 2023 beraten werden. Perspektivisch ist in diesem Konzept unter anderem festgelegt, dass seit 2013 die Personalaufwendungen nicht steigen dürfen. Nicht umgesetzt wurde laut Vorlage, eine Verkleinerung des Rates, weil sich durch das Wahlergebnis Überhangmandate ergaben, die Reduzierung der Zuschüsse für Bücherei und Musikschule sowie Bürgerhallen.
Noch in diesem Haushalt beschlossen werden soll nach der Vorlage der Verwaltung eine Erhöhung der Nutzungsgebühren für die Sportstätten „ansonsten kann auch hier das Konsolidierungsziel nicht erreicht werden“, heißt es. Einstellen müssen sich die Jülicher auch auf Mehrausgaben bei der Gewässerunterhaltungsgebühr. Ein Jahr braucht die Verwaltung für die Vorarbeiten zur Einführung dieser neuen Gebühr, die „einen erheblichen Aufwand darstellen, der vom zuständigen Fachbereich aufgrund anderer dringender Arbeiten (Erstellung der Jahresabschlüsse) nicht geleistet werden konnte“.
Gemeinsam mit den Gremien hatte sich die Verwaltung auf auf das späte Datum zur Einbringung des Haushaltes geeinigt, da ein entscheidender Einnahmefaktor – nämlich der Verkauf des Alten Rathauses an den Kreis Düren für 1,755 Millionen Euro – berücksichtigt werden sollte. Diese Entscheidung fiel nach Berichten der Tageszeitung im anschließenden nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung.
„Nur mit sachlichen und zielgerichteten Beratungen wird es uns gelingen, handlungsfähig zu bleiben“, sagte der Bürgermeister und nahm so die politischen Vertreter in die Pflicht. Dass die Stadt überhaupt noch handlungsfähig ist liegt daran, dass bereits im Haushalt 2014, das Mittel eingestellt wurden, die noch in diesem Jahr wirksam sind.
Bereits seit 2003 besteht der Haushalt vor allem aus Kürzungen, Personalabbau, Absenkung von Standards und Sparbemühungen. Abzubauen ist ein Defizit von 21 Millionen Euro. Außerdem liefen schon zu dieser Zeit jährliche Zinszahlungen von mindestens 800.000 Euro auf. Zur Tilgung der Defizite beschloss der Rat damals den Verkauf städtischen Vermögens, wie Bürgermeister Stommel damals referierte. Dazu gehören Abwasserkanäle, Straßenbeleuchtung und Anteile der Stadtwerke. Zwölf Jahre später besteht eine Teilsanierung des Haushaltes im Verkauf des Alten Rathauses am Marktplatz.