Warum zwar Einstein, Kopernikus und Röntgen, aber keine Straße im Jülicher „KFA-Nordviertel“ nach weiblichen Wissenschaftlerinnen wie Marie Curie und Ada Lovelace benannt ist, sei nicht nachvollziehbar, so die SPD bei der Antragstellung in der Sitzung vor der Sommerpause. Nur 30 der 150 namentlich benannten Straßen in Jülich seien Frauen gewidmet. Das soll sich in Zukunft ändern. Daraus entspann sich eine rege politische Diskussion zwischen den Parteivertretern.
Bianca Hövelmann (CDU) entgegnete, dass der Fokus nicht auf dem Geschlecht liegen dürfe, sondern entscheidend sei, wer etwas für Jülich geleistet habe. „Wir sind ja nicht gehindert, gemeinsam zu überlegen, Straßen nach Persönlichkeiten unabhängig des Geschlechts zu benennen.“ Als Gleichstellungsbeauftragte in einem männerdominierten Beruf bei der Polizei ist Maria Wilhelm (CDU) überzeugt: „Der Holzhammer bringt nichts.“ Die FDP erteilte einer Quotierung grundsätzlich eine Absage. „Ich sehe keinen Grund für einen Eingriff durch die Politik und eine Quotierung“, nahm Philipp Vollrath für seine Partei Stellung zum Thema.
SPD-Fraktionschef Harald Garding warf daraufhin ein: „Hier haben wohl einige ein Problem mit der Gleichberechtigung.“ Das führte zu deutlichen Widersprüchen von Heinz Frey (JÜL) und Peter Plantikow (CDU).
Durchaus launig und im Alter „80+“ mit über 30jähriger Ratserfahrung versehen meldete sich Wolfgang Gunia (CDU) zu Wort. Bislang seien die Vorschläge kamen von Bürgern, Vereinen oder Fraktionen gekommen. Einen Geburtsort ein Kriterium zu nehmen, sei keine ungefährliche Angelegenheit, da Jülich keine Entbindungstation im Krankenhaus mehr hätte und eine Parität herzustellen, sei mit langer Wartezeit verbunden. „Ehe wir 90 neue Straßen haben, werden viele von uns nicht mehr im Stadtrat sein“, meinte er schmunzelnd. Fatal sei auch, dass man erst Verstorbene mit einem Straßennamen ehre und es gäbe „viele Einrichtungen in Jülich, wo Frauen hervorragendes leisten, allerdings müssten sie erstmal sterben, was wir ihnen nicht wünschen.“
CDU-Vertreter Felix Brandt machte einen Kompromissvorschlag: „Wir könnten es zur guten Praxis machen, dass bei Straßennamen immer ein Frauen- und ein Männername vorgeschlagen wird – damit es zu unserer Kultur wird.“ Die Entscheidung liege dann in der Hand jedes Einzelnen bei der Abgabe des Votums.
SPD-Parteichefin Katja Böcking zeigte ihr Unverständnis für die Einwände, denn der Antrag sei „weich formuliert“ und folge keinem Absolutheitsanspruch. Nicht grundsätzlich sollten neue Straßenzüge nach Frauen benannt werden, sondern lediglich, wenn es um eine Würdigung von Persönlichkeiten geh und auch dann nur „primär“ und nicht immer. Unterstützung erhielt die SPD von Andreas Balsliemke (Grüne), der die Diskussion mit einer vorgezogenen Bundestagswahlkampf verglich „Alle sprechen von Gleichberechtigung“, sagte der Grünen-Ratsherr, „aber keine will etwas umsetzen.“
Letztlich wurde der Antrag abgelehnt, primär Frauen und Jülicher Persönlichkeiten bei Straßenbenennungen den Vorzug zu geben. Zustimmung erhielt der SPD-Vorschlag künftig wieder zu den Namen eine Erläuterung zu geben, die mittels QR-Code ausführlicher im Internet nachlesbar sein soll.