Dr. Reichert schilderte Nietan in einem kurzen Rückblick die Hochwasserereignisse aus Sicht des WVER. Eine statische und großräumige Wetterlage von Frankreich bis nach Deutschland habe kontinuierliche und regional außerordentlich hohe Niederschlagsmengen mit sich gebracht. Die daraus entstandenen Extremhochwässer hätten insbesondere in den Mittelgebirgslagen der Ahr, um Schleidener Tal sowie an Vicht und Inde große Zerstörungen angerichtet.
Diese hätten auch den Verband selbst getroffen. Vor allen Dingen seinen an Ufermauern und -böschungen an den Gewässern des Verbands Schäden in dreistelliger Millionenhöhe entstanden. Einige Verbandskläranlagen seien komplett überspült worden und über Tage hinweg ausgefallen. Inzwischen seien alle betroffenen Kläranlagen und Sonderbauwerke des Verbands wieder in Betrieb. Hinsichtlich der Talsperren berichtete Reichert: „Die Talsperren haben angesichts der massiven Zuflüsse ihre Schutzfunktion erfüllt und noch Schlimmeres verhindert.“ Dies gelte besonders für die Rurtalsperre, die trotz ihres moderaten Überlaufs den Zufluss ins Talsperrensystem um ein Vielfaches gedrosselt habe.
Der WVER-Vorstand skizzierte auch Verbesserungen, die man in Zukunft im Einzugsgebiet der Rur anstreben werde. Dazu gehöre auch ein wesentlich dichteres Netz von Messsensoren, die verbesserte Informationen über Umfang und Geschwindigkeit steigender Wasserstände sowie Prognosen über die weitere Entwicklung liefern könnten. Das Ziel sei ein Hochwasserinformations- und -managementsystem für das WVER-Gebiet, mit dessen Hilfe die Arbeit der Krisenstäbe unterstützt und die Verbandsmitglieder sowie auch die Öffentlichkeit informiert beziehungsweise gewarnt werden könnten. Hier sehe er durchaus ein wichtiges Betätigungsfeld für den Wasserverband, auch wenn dies derzeit noch nicht zu den genuinen Verbandsaufgaben gehöre.
Frank Peter Ullrich signalisierte ergänzend, dass der Verbandsrat dieser Idee positiv gegenüberstehe. Ebenso strebe der WVER ein breites Bündnis zwischen Wasserverband und renommierten Fachexperten, wie beispielsweise mit dem Institut für Wasserbaus der RWTH Aachen, an. So solle in wenigen Monaten für die hauptsächlich vom Katastrophenhochwasser betroffenen Kommunen Stolberg und Eschweiler ein Masterplan entwickelt werden, der Leitlinien für einen hochwassersicheren Wiederaufbau der städtischen Infrastruktur und der privaten Gebäude betroffener Bürger und Unternehmen beinhalten soll.
Für beide Lösungsansätze gebe es bereits verbindliche Zusagen einer Förderung durch Landesmittel. Auch Frank Peter Ulrich forderte hier die Unterstützung durch die Landes und Bundespolitik: „Die Kommunen alleine sind oft schon in Folge des Strukturwandels in der Region und der Corona-Pandemie am Ende ihrer Leistungsfähigkeit und brauchen deswegen eine großzügige Förderung.“ Dietmar Nietan zeigte sich erfreut, dass die Fachleute jetzt sehr schnell an einen Tisch kämen. Er sei auch im Gespräch mit anderen Einrichtungen wie dem THW. Er stellte klar: „Als Politiker sind wir aber auf den Input der Fachleute und deren Vorschläge angewiesen.“ Er sicherte zu, entsprechende Anregungen aus der Fachwelt in die politischen Fachgremien einzuspeisen. Das sei einer der Gründe, warum er auch den Kontakt zum Wasserverband suche. Alle drei Gesprächsteilnehmer waren sich darüber einig, über das Wasser und die Verbesserungen im Bereich des Hochwasserschutzes auch weiterhin in Kontakt zu bleiben.