Sehr geehrte Damen und Herren,
der Ehrenring der Stadt Jülich kann an Personen verliehen werden, die besondere Verdienste auf politischem, wirtschaftlichem, sozialem, kulturellem, heimatpflegerischem und sportlichem Gebiet sowie auf dem Gebiet der Kommunalverwaltung für die Stadt Jülich erworben haben. Sie, liebe Friederike Doose, haben auf mehreren der genannten Gebiete besondere Verdienste vorzuweisen. Als Laudator ist es meine ehrenvolle Aufgabe, Ihnen, verehrte Gäste, die Persönlichkeit unserer neuen Ehrenringträgerin etwas näher zu bringen.
Geboren ist Friederike Maria Bomhard am 18. März 1944 als Pfarrerstochter in Erlangen.
In unser schönes Jülich kamen Sie im August 1969, soweit ich das den städtischen Unterlagen entnehmen konnte.
Seit mehr als 55 Jahren leben Sie in Ihrer Wahlheimat Jülich. Am 12. April 1976 haben Sie geheiratet. Ihr Ehemann, Conrad Doose, kann leider nicht mehr miterleben, wie Sie heute geehrt werden. Vor fast genau 4 Jahren ist er in hohem Alter und dennoch unerwartet verstorben. Kurz zuvor haben Sie gemeinsam mit ihm eine Abordnung des Fördervereins Museum Jülich e.V. in Ihrem Garten empfangen. Seine große Feier anlässlich der Minerva-Preisverleihung konnte aufgrund der damals geltenden Corona-Einschränkungen nicht stattfinden. Umso mehr freue ich mich, dass Ihre große Feier heute stattfindet.
„Die große Dame der Jülicher Sozialpolitik“ so hat der damalige Fraktionsvorsitzende Wolfgang Anhalt es anlässlich Ihres Abschieds aus dem Rat formuliert und ich finde, das trifft es sehr gut. Sie, liebe Frau Doose haben die Sozialpolitik in Jülich über mehr als drei Jahrzehnte entscheidend geprägt.
Im Jahr 1979 haben Sie bei einer Sitzung der SPD eher spontan bereit erklärt einen Beitrag zum Programm für die Bürgermeisterkandidatur von Heinz Schmidt zu scheiben. Der Artikel wurde veröffentlicht und überzeugte. Daraus resultierte die Anfrage sich als Sachkundige Bürgerin einzubringen. Durch einen Todesfall wurde wenig später der Wahlkreis Nordviertel vakant, so dass Sie schnell zur Stadtratskandidatin wurden. Friederike Doose besuchte alle Häuser und machte einen so erfolgreichen Wahlkampf, dass sie mit einer Stimme Vorsprung das Mandat holte. „Ich glaube, ich weiß auch genau, wer das war“ haben Sie dazu einmal schmunzelnd gesagt.
Was eher zufällig seinen Anfang nahm wurde zu einer beachtlichen politischen Karriere.
Von Oktober 1979 bis zum März 2008 waren Sie Stadtverordnete und Mitglied im Haupt- und Finanzausschuss.
Dabei waren Sie zunächst (1979-1989) als Mitglied im Planungsausschuss, Stellvertretende Vorsitzende im Kulturausschuss und stellvertretendes Ratsmitglied in zahlreichen weiteren Ausschüssen aktiv.
In Ihrer dritten Wahlperiode (1989-1994) haben Sie dann den Vorsitz im Ausschuss für Jugend, Familie und Soziales übernommen und waren als Mitglied im Schulausschuss und Ausschuss für Kultur und Heimatpflege tätig.
Ab 1994 waren Sie dann 2. stellvertretende Vorsitzende im Ausschuss für Kultur und Heimatpflege und weiterhin Mitglied im Ausschuss für Jugend, Familie und Soziales.
Von 1999 bis 2004 waren Sie als Ratsmitglied im Ausschuss für Soziales, Schule, Kultur und Sport tätig.
Ab 2004 bis 2008 waren Sie im Ausschuss für Kultur, Integration und Heimatpflege. Von 2004 bis Dezember 2006 waren Sie wieder Ausschussvorsitzende.
Von 1997 bis 2000 waren Sie Vorsitzende des Ausländerbeirates.
Im Jahr 1984 wurden Sie 2. stellvertretende Bürgermeisterin. Von 1994 bis 1999 dann 1. stellvertretende Bürgermeisterin.
Diese schon an sich schon beeindruckend lange Liste enthält einige Besonderheiten. Frauen im Rat waren 1979 noch eher ungewöhnlich. Eine Frau als stellvertretende Bürgermeisterin war ein absolutes Novum.
Sie, liebe Frau Doose waren zeitgleich mit dem SPD Bürgermeister Heinz Schmidt als erste Frau stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Jülich. In Erinnerung an ihn haben Sie vor einiger Zeit gesagt, dass der Jülicher Schmidt seine Herzogstadt liebte: „Er kannte seine Stadt. Er wusste, wie die Menschen ticken und er konnte Dinge immer richtig einordnen. Uns Zugereisten fehlte diese Fähigkeit damals manchmal.“
Besonders interessant finde ich die Selbsteinschätzung, die in diesem Zitat enthalten ist. Uns „Muttkrate“ fehlt wohl manchmal eher die Einsicht, dass „die Zugereisten“ durchaus selbstkritisch sind.
Nun waren Sie also stellvertretende Bürgermeisterin. Sie haben diese, aufgrund der Stimmengleichheit zunächst durch eine Losentscheidung erhaltene, Rolle mit Leben gefüllt. Repräsentieren, Reden und Grußworte halten, dafür haben Sie viel recherchiert. Eine vielbeachtete Rede haben Sie damals zur Ausstellung „Femme fatale“ gehalten. Dabei ging es um das Thema Gewalt gegen Frauen, ein ebenso wichtiges, wie schwieriges Thema.
„Auf dem Dorf“ haben Sie als Zugereiste und Akademikerin sich etwas schwerer getan. Die Einweihung der Schützenhalle in Daubenrath brach das Eis, denn Sie haben mit dem Ortsvorsteher, der Sie zum Tanz aufforderte munter eine Polka aufs Parkett gelegt.
Friederike Doose setzte sich insbesondere für Integration und Gleichberechtigung ein. Ihr langjähriges Engagement war unter anderem Grundlage für die Gründung des Ausländerbeirates und die Installierung der Gleichstellungsbeauftragten. Beides ist heute gesetzlich geregelt. Das war in den 1980er Jahren noch ganz anders.
Jülich richtete 1986 eine kommunale Gleichstellungsstelle ein und gehörte damit zu den ersten 70 Städten deutschlandweit. In einem Pressespiegel aus den Anfängen habe ich die folgende Überschrift gefunden: „Haben die CDU-Frauen an einen Herrn im Rentenalter gedacht?“. Die Ratsmehrheit aus SPD und Grünen stritt mit der CDU um die Ausgestaltung der Gleichstellungsstelle. Mittendrin selbstverständlich Friederike Doose: „… Interessant ist allerdings, dass die Solidarität der CDU-Frauen mit Männern soweit geht, dass sie sich durchaus einen Mann im Frauenbüro vorstellen können. Man kann ja wirklich alles übertreiben! … Wenn doch nun im politischen Raum die Weichen gestellt sind, wenn die gesetzlichen Grundlagen geschaffen sind und wenn es politischer Wille aller Parteien ist, etwas für die Frauen zu tun, warum – um Himmels Willen – sollen wir dann nicht damit dort anfangen, wo wir Einfluss nehmen können – in unserer Verwaltung? …“
Genau das hat die Stadt Jülich gemacht und seither haben wir eine Gleichstellungsbeauftragte.
Die Einrichtung eines Ausländerbeirates ist seit 1995 in der GO NRW unter bestimmten Voraussetzungen vorgeschrieben. (Seit 2010 als Integrationsrat.) In Jülich wurde schon vorher ein Ausländerbeirat eingerichtet, in dem Menschen, die aus dem Ausland nach Jülich gezogen waren, ihre Interessen selbst vertreten konnten. Die Mitglieder wurden 1991 erstmals von der ausländischen Wohnbevölkerung direkt gewählt. Sie, liebe Frau Doose wurden damals zur Vorsitzenden. In den folgenden 9 Jahren waren Sie der unermüdliche Motor des Ausländerbeirates. Informations- und Diskussionsveranstaltungen haben Sie ebenso organisiert wie vier Internationale Kulturtage. Ihr großes persönliches Engagement und Ihre vielen Kontakte machten dies möglich.
Integration und Gleichberechtigung haben Sie mit der Idee des internationalen Frauenfrühstücks in idealer Weise miteinander verbunden. Gemeinsam mit dem Netzwerk „Frauen helfen Frauen“ und der Integrationsbeauftragten des Kreises Düren, Sibylle Hausmann, haben Sie im Jahr 2006 das erste internationale Frauenfrühstück in den Räumen der Arbeiterwohlfahrt organisiert. 120 Frauen aus 12 Nationen nahmen teil. Ausländischen Frauen eine Vernetzungsmöglichkeit bieten, sie über Hilfsangebote informieren und dadurch stärken war das Ziel, das Sie sehr erfolgreich umgesetzt haben. In sechs Jahren kamen 18-mal Frauen zu diesen Frühstücken zusammen.
Besonderes Augenmerk hat Friederike Doose auch auf die Menschen in der Schweizer Siedlung gelegt. Um dem Ruf der Schweizer Siedlung als einem sozialen Brennpunkt entgegenzuwirken haben Sie im Jahr 2006 ein Kulturfest organisiert. Gemeinsam mit Petra Gase haben Sie damals die Bewohnerinnen und Bewohner überzeugt ein solches Fest zu veranstalten. Alle packten mit an, Sponsoren wurden gewonnen. „So viel Fantasie, Kreativität und Ausdauer habe ich noch nie bei einer Festvorbereitung gesehen.“ haben Sie damals über die Nachbarschaft gesagt. Das Fest wurde ein voller Erfolg.
Für Ihre großes Engagement sind Sie schon mehrfach ausgezeichnet worden. Mit dem Ehrenpreis für soziales Engagement des Kreises Düren, dem Goldenen Apfel der Werbegemeinschaft und der silbernen Venus des Frauennetzwerks.
Ihre Partei, die SPD, hat Ihnen Willi-Brandt-Medaille verliehen, mehr geht nicht.
In der Session 1988/89 waren Sie mit der damaligen Bundestagsabgeordneten Irmgard Adam-Schwaetzer und der Rektorin des Mädchengymnasiums Jülich, Dr. Rosemarie Rheinbold gemeinsam die ersten weiblichen Paten des Strohmanes der KG Strohmänner 1966 e.V. in Selgersdorf, was man durchaus auch als Auszeichnung werten darf.
Privates ist über unsere Preisträgerin nur selten in der Öffentlichkeit zu finden. Wie immer bestens informiert wusste die Presse zu berichten, dass sie, „nachdem die Kinder einigermaßen flügge waren“ als erste und einzige Frau eine Ausbildung zur Reaktoroperateurin an der FH in Jülich machten und schließlich noch ein Studium in Soziologie und politische Wissenschaft draufsattelten – zumindest bis zur Zwischenprüfung, was heute Bachelor wäre.
Dass Sie auch noch Zeit für Hobbies gefunden haben finde ich beeindruckend. Regieassistentin bei der Bühne 80 waren Sie und haben im Gospelchor der evangelischen Kirche gesungen.
Selbst eine schwere Erkrankung konnte Ihnen nicht Ihre große persönliche Einsatzfreude nehmen.
Großer persönlicher Einsatz kann manchmal auch zum Problem werden. Im Jahr 2006 haben Sie den Vorsitz im Ausschuss für Kultur, Integration und Soziales abgegeben um „eine emotionale Beruhigung und … Konzentration auf die Themen, deren sich ein Ausschuss für Kultur, Integration und Soziales unserer Ansicht nach anzunehmen hat“, zu ermöglichen. Das Wehner-Zitat: „Verzeiht mir meine Leidenschaft!“ war damals sehr treffend.
Leicht gemacht haben Sie es weder sich selbst noch Ihren Mitstreitern und schon gar nicht denen mit anderen politischen Ansichten.
Dabei ging es Ihnen stets um die Sache. „Was meine Herzensanliegen waren, da habe ich viel Arbeit reingesteckt“, sagten Sie. Ich finde, es hat sich gelohnt. Sie haben viel in Bewegung gebracht in unserer Stadt. Dafür danke ich Ihnen herzlich.
Durch dieses herausragende Engagement auf politischem, kulturellem und sozialem Gebiet, haben Sie, liebe Frau Doose, das gesellschaftliche Leben in Jülich in besonderer Weise bereichert.
Ich freue mich sehr, dass ich Ihnen nun den Ehrenring Ihrer Wahl-Heimatstadt überreichen darf.
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