Manchmal ist das ja so eine Sache mit der Zukunft. Also mit der von gestern, die ja heute heute ist und der von morgen, bei der heute gestern war… Per Definition ist Zukunft nämlich lediglich die Zeit, die subjektiv gesehen der Gegenwart nachfolgt. Zeit wiederum ist eigentlich nur eine Dimension, um ein Ereignis beschreiben und dafür in seinen Parametern erfassen zu können. Die Zeit allein für sich betrachtet kennt keinen Unterschied zwischen Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit. Sie braucht eine Richtung und einen Raum, in der sie sich bewegt. Wer hätte es nicht längst vermutet: der Begriff der Zukunft ergibt sich tatsächlich aus der allgemeinen Relativitätstheorie mit ihrem Raumzeitbereich und Weltlinien. Dem Genie Albert Einstein kann ich in seinen physikalischen Gesetzen nur bedingt folgen. Dass alles relativ ist – vor allem aber Raum und Zeit abhängig vom Standort – habe ich allerdings auch ohne ihn begriffen. Spätestens, seit ich nach Übertreten der Weltlinie zwischen Nord- und Westdeutschland relativ viel Zeit im Raum der Herzogstadt Jülich verbringe. Um hier das noch in der Zukunft liegende Ereignis der eigenen Ankunft zu beschreiben, benutzen die Rheinländer gern Sätze wie „Ich komme gleich!“, „Ich komme sofort!“ oder gar „Ich komme jetzt!“. Mein norddeutsches Gehirn fing relativ lange regelmäßig an, die Zeit zu berechnen, die derjenige ab dem Augenblick der gemachten Aussage bis zum Eintreffen wohl benötigen würde – immer schön Raum und Zeit im Visier. Also den Raum, in dem er sich gerade befand und der Zeit, die man mit dem Fortbewegungsmittel seiner Wahl bis zum Ziel durchschnittlich brauchen würde. Mit Zahlen kann ich zwar umgehen, aber ich habe dabei lange Zeit die Rechnung ohne den Rheinländer gemacht, für den „gleich“, „sofort“ und „jetzt“ durch Raum und Zeit wie Gummiband dehnbare Begrifflichkeiten für die Zukunft sind. Das einzige Wort, bei dem ich sicher sein kann, dass der zukünftige Start relativ kurz bevorsteht, ist die Vorhersage: „Ich komme direkt“. Da ist drauf Verlass wie auf die Anzeige im Smartphone, wie lange der Akku noch reicht. Oder auf die Flugbahn der Himmelskörper. Oder auf das Rückrollen einer bergauf geschubsten Murmel. Alles zukünftige Ereignisse, die voraussehbar sind. Und dann gibt es da andere Dinge der Zukunft wie beispielsweise das Wetter von morgen, die Börsenkurse der nächsten Woche oder Verkehrsstaus am kommenden Wochenende, mit deren Prognosen sich ganze Berufsgruppen je erfolgloser beschäftigen, desto größer die Zeitspanne ist, die subjektiv gesehen der Gegenwart nachfolgt… Vor einer relativ langen Zeit habe ich mir im Kindergarten und Schule die Zukunft ausgemalt. Das Jahr 2000 war damals noch relativ weit weg. Science Fiction eben und jede Menge Hoffnungen und Visionen daran geknüpft. Nun ist diese Zukunft schon wieder Vergangenheit und alles ganz anders gekommen. Da haben wohl die Chaos-Theoretiker eine höhere Trefferquote, die beim Ausreizen aller Handlungsoptionen oder Kombinationsmöglichkeiten kreative Visionen entwickeln können, von denen irgendeine schon zutreffen wird. Captain Nemo, Mister Spock, Luke Skywalker und Marty McFly – unterwegs in unendlichen Welten und Zeiten, die mir heute zeigen, was gestern morgen war…
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