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Überlebt?

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Am 27. Januar jährt sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zum 77. Mal. 1996 führte Bundespräsident Roman Herzog bundesweit dieses Datum als Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus ein. Sich versammeln im Angedenken an die Verfolgung von Menschen im Dritten Reich, die Ermordung von Juden, Menschen, die ihrem Glauben, ihrer politischen Überzeugung oder sexuellen Orientierung folgten oder einfach einer ungewollten Ethnie angehörten, ist wichtig.

Für ein ehrbares und angemessenes Gedenken ist kein Verein vonnöten. Es kann von der Stadt in Kooperation mit Kirchen und Schulen bestens und würdig gestaltet werden. Bewiesen haben die Genannten dies bei der Federführung zum 75. Gedenktag im November 2019. Wer sich Zivilcourage und Toleranz auf die Fahne schreibt, der sollte diese Begriffe leben und nicht ad absurdum führen. Wer als Vorsitzender mehrfach nachdrücklich dazu auffordert, die Pressefreiheit im eigenen Sinne zu beugen, und versucht, Meinungsfreiheit zu untergraben, ist meiner Auffassung nach kein Repräsentant einer „Jülicher Gesellschaft“ und schon gar nicht unserer Jülicher Gesellschaft. Zu dieser Auffassung ist offenbar auch der stellvertretende Vorsitzende der Jülicher Gesellschaft gegen das Vergessen und für die Toleranz e.V., Michael Lingnau, gekommen und hat Ende November sein Amt niedergelegt und den Vereinsaustritt erklärt. Seinen Austritt erklärte auch Bürgermeister Axel Fuchs, der als Privatperson und Kuratoriumsmitglied dem Verein angehörte. Beiden Herren ist eine Austrittsbestätigung im Dezember zugegangen.

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Die „Jülicher Gesellschaft“ hat bei ihrer Gründung vor 21 Jahren viel Gutes bewirkt, wobei das Mahnmal das sichtbarste Zeichen ist. Sie hat namhafte Unterstützer gehabt, allen voran Wolfgang Clement, der gerne in Jülich zu Gast war, und namhafte Preisträger wie Gabriel Bach, den Chefankläger gegen Adolf Eichmann. Das ist aller Ehren wert. In den letzten Jahren ist aber eine Veränderung des Geistes und der Kultur des Vereins vonstattengegangen. Fragwürdige Preisträger und Ansprachen, die sich weniger mit Toleranz und Zivilcourage denn politischer Polarisierung beschäftigten, gehören zu diesen Veränderungen. In seiner jetzigen Form muss die Frage erlaubt sein, ob sich der Verein nicht „überlebt“ hat?

Die Jülicher Gesellschaft, also die Menschen unserer Stadt, steht für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Geschichte und unserer gemeinsamen Zukunft. Sie präsentiert sich mit über 120 Nationen als Stadt der Vielfalt. Wir können das. Dazu brauchen die Jülicher keinen Verein. Dazu brauchen wir gelebte Solidarität.

IN EIGENER SACHE…
Nachbemerkung zur Erläuterung, weil in jüngster Vergangenheit zu unserer Überraschung von den Lesern Nachfragen kamen: Das Hofgeflüster ist unsere Kommentar-Rubrik. Im Beitrag wird die Meinung des Autors widergespiegelt. Wer noch einmal den Unterschied zwischen Kommentar und Artikel vergegenwärtigen möchte, findet kompetente Erläuterung auf Wikipedia. Wer es lieber im Bewegtbild hat, kann es sich bei Alpha-Lernen hier erklären lassen.


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