Wenn künftig die ersten praktisch anwendbaren Quantencomputer verfügbar sein werden, müssen Software-Entwickler und Ingenieure nicht bei Null anfangen. Auf herkömmlichen digitalen Computern lässt sich bereits heute die Funktionsweise relativ großer Quantenrechner simulieren. Der Rechenaufwand ist allerdings enorm. Mit jedem simulierten Quantenbit – kurz: Qubit – verdoppelt sich der Bedarf an Speicherplatz.
„Es gibt derzeit nur wenige Supercomputer auf der Welt, die über einen derart großen Speicher, ausreichend Rechenkerne und angemessen schnelle Netzwerkverbindungen verfügen, um selbst ein System von 45 Qubits – das war der bisherige Weltrekord – zu simulieren“, erläutert Prof. Kristel Michielsen vom Jülich Supercomputing Centre (JSC). „Ebenso wichtig ist es auch, die Software effizient auf den hochparallelen Architekturen moderner Superrechner zum Laufen zu bringen.“
Auf die Software kommt es an
Viele Codes verlieren an Effizienz, wenn die Berechnung parallel auf einer Vielzahl von Rechenknoten erfolgt. Die von Michielsen gemeinsam mit ihren Partnern seit über zehn Jahren weiterentwickelte Software skaliert dagegen nahezu perfekt: Sie zeigt selbst dann kaum Performance-Einbußen, wenn wie im Fall des chinesischen Superrechners Sunway TaihuLight mehrere Millionen Rechenkerne gleichzeitig zum Einsatz kommen.
Schon in der Vergangenheit konnte Michielsen mehrere Bestmarken erzielen. 2010 simulierte sie als Erste einen Quantencomputer mit 42 Qubits auf dem damaligen Jülicher Superrechner JUGENE. Ein Weltrekord, den sie 2012 mit der Simulation eines 43-Qubit-Systems auf dem Nachfolger von JUGENE, dem Superrechner JUQUEEN, noch übertraf. Zuletzt hatte sie gemeinsam mit Partnern der Universitäten in Groningen, Tokio und Wuhan ein Quantensystem mit 45 Qubits simuliert und damit einen Rekord aus dem Frühjahr 2017 eingestellt. Dafür waren etwas mehr als eine halbe Million Gigabyte – also ein halbes Petabyte – Speicherplatz erforderlich.
Dem neuerlichen Durchbruch, der Simulation eines Quantencomputers mit 46 Qubits, ging eine Anpassung des Codes voraus. Die Darstellung von Quantenzuständen benötigt nun nur noch jeweils 2 statt 16 Byte, ohne dass sich die Genauigkeit der Ergebnisse signifikant verringert. Von der Vereinfachung, die einer Verringerung des Speicherbedarfs um den Faktor acht gleichkommt, können auch andere Anwender profitieren. Die neue Version des Simulationssoftware ermöglicht es nun, einen Quantencomputer mit 32 Qubits auf einem Notebook mit 16 Gigabyte Arbeitsspeicher zu simulieren.
Testumgebung für Quantenalgorithmen
Wissenschaftler nutzen derartige Simulationen, um heute schon Algorithmen für künftige Quantenrechner zu entwickeln und auf relativ großen Quantencomputern zu testen. Im einfachsten Fall handelt es sich bei den simulierten Quantencomputern um ideale Quantensysteme, die sich exakt so verhalten, wie es durch die Regeln der Quantenmechanik vorhergesagt wird. Darüber hinaus lassen sich mittels einfacher Fehler-Modelle aber künstlich Störungen erzeugen, wie sie in der Realität auch von einem echten Quantencomputer zu erwarten wären. Die Instabilität der Qubits ist eines der größten Probleme bei der Entwicklung von praktisch anwendbaren Quantenrechnern – deren Korrektur Forscher und Entwickler in entsprechenden Simulationen heute schon unter Idealbedingungen erproben können.