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Wege zum Netto-Null-Energiesystem

Jülicher Systemforscher:innen richten eine regionale Lupe auf Infrastruktur, Wirtschaft und Gesellschaft

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ABB. Forschungszentrum Jülich
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Auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität: Wie kann Deutschland kostengünstig bis 2045 „Netto Null“ erreichen? Ein Team von Systemanalytikern des Forschungszentrums Jülich hat sich mögliche Szenarien angesehen und die regionalen Auswirkungen auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität untersucht. Wichtige Erkenntnisse: Die Wasserstoffproduktion wird zunächst im Norden aufgebaut. Ausbau und Nutzung von Offshore-Windenergie erfordert einen umfangreichen Ausbau der Stromnetze.

Das Wichtigste zuerst: Netto-Null bis 2045 ist noch immer möglich, sowohl technisch als auch ökonomisch – das zeigen die hochdetaillierten Analysen der Jülicher Systemforscherinnen und Systemforscher. In früheren Studien legten sie den Fokus auf die nationalen Anstrengungen auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität 2045. In ihrer Folgestudie nehmen sie nun eine regionale Perspektive ein und zeigen einen Transformationspfad, welcher alle Infrastrukturen gemeinsam in den Blick nimmt.

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Strom aus Windenergie und Photovoltaik wird in Zukunft mit über 90 Prozent den größten Anteil an der Stromversorgung ausmachen. Sollen die Kosten für den nötigen Ausbau der erneuerbaren Energien minimiert werden, muss dieser sich an die regionalen Begebenheiten anpassen. So lassen sich die Potenziale jeder Region optimal nutzen, gleichzeitig wird die Versorgungssicherheit gewährleistet.

Norddeutschland hat bedeutende Ressourcen für Windenergie. Deshalb wird dort die Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen überproportional steigen und es werden neue Energiezentren entstehen. Um diesen Standortvorteil auszuschöpfen, muss eine flexible Nutzung des Stroms möglich sein. So wird etwa der Aufbau von Elektrolyseanlagen zur Wasserstoffproduktion zunächst in den Küstenregionen vorangetrieben.

Der Aufbau einer Wasserstoffproduktion in den südlichen und östlichen Bundesländern folgt in der späteren Phase der Transformation, um die wachsende Wasserstoffnachfrage decken zu können. Etwa 10 Prozent der deutschen Elektrolyseleistung werden sich in diesen Gebieten befinden. Diese regionale Aufteilung ermöglicht eine geringe Abregelung der Erneuerbaren Energien.

Infrastrukturausbau vorantreiben
Damit alle Regionen Deutschlands profitieren können, ist ein Ausbau des Stromnetzes nötig – wichtig ist dies insbesondere für die Versorgung energieintensiver Industriezentren in Nordrhein-Westfalen und der Rhein-Neckar- und Rhein-Main-Region. Wird der Ausbau des Netzes verzögert, kann weniger Offshore-Strom bezogen werden. Das müsste dann kompensiert werden: durch den verstärkten Ausbau der Wasserstoffinfrastrukturen, erneuerbaren Energien an Land, von Stromspeichern und Rückverstromungskraftwerken. In diesen Bereichen wären dann Mehrinvestitionen von etwa 8 Prozent notwendig.

Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Entwicklung des Wasserstoffnetzes zur optimalen Verknüpfung von heimischer Produktion, Importen, Verbrauchern und Speicherstandorten. Bis 2045 werden dafür etwa 18.000 Kilometer an Leitungen benötigt. Diese müssen jedoch nicht neu gebaut werden. Der Bedarf an Erdgas wird zurückgehen – dadurch kann die bestehende Leitungsinfrastruktur auf Wasserstoff umgestellt werden.

Die Dekarbonisierung der Fernwärme erfolgt maßgeblich durch Strom und Biomasse, in Kombination mit Wärmespeichern. Biomasse- und Biogas finden dabei ihren Einsatz in ländlicheren Gebieten, Strom in den Ballungszentren.

Die Versorgungssicherheit in Zeiten von Dunkelflauten und geringerer Stromerzeugung durch Wind und Sonne wird durch Kraftwerke gewährleistet – auf Basis von Wasserstoff, Biogas und Biomasse. Ein großer Teil der Wasserstoffkraftwerks-Kapazitäten werden in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen installiert, in unmittelbarer Nähe zu Wasserstoffspeichern in Salz­kavernen. 2030 wird es gut die Hälfte aller Kapazitäten sein, im Jahr 2045 zwei Drittel. Der aus Wasserstoff gewonnene Strom kann über das Stromnetz in den Süden transportiert werden. Die umfassende Wasserstoffspeicherung, einschließlich der Umstellung der bestehenden Kavernenspeicher und des Neubaus von Salzkavernen, ist notwendig, um die benötigte Flexibilität und Sicherheit im System zu gewährleisten.

Wirtschaft und Gesellschaft
Die Transformation hin zur Treibhausgasneutralität birgt sowohl Chancen als auch Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung. So ist ein Beschäftigungswachstum gegenüber heute aufgrund steigender Nachfragen in den verschiedenen Sektoren in allen Regionen Deutschlands zu erwarten. Einige Wirtschaftszweige wie Auto- und Metallindustrie haben jedoch ein höheres Risiko für Arbeitsplatzverluste in der Transformation.

Repräsentative Umfragen zeigen, dass eine große Mehrheit der deutschen Bevölkerung eine positive Haltung gegenüber Erneuerbaren Energien und Wasserstofftechnologien hat. Diese breite Akzeptanz ist eine wichtige Grundlage für die weitere Umsetzung der Energiewende.

Eigens entwickelte Software
Die Studie beruht auf detaillierten Berechnungen mithilfe der Softwaresuite ETHOS, die von den Jülicher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eigens für diese Aufgabe entwickelt wurde. Sie ermöglicht eine wissenschaftlich fundierte Analyse von möglichst kosten­effizienten Strategien und Maßnahmen zum Erreichen der Treibhausgasminderungsziele.

Durch die ETHOS-Computermodelle lässt sich die deutsche Energieversorgung mit ihren Erzeugungspfaden und all ihren Wechselwirkungen abbilden – mit großer zeitlicher und räumlicher Detailtiefe. Die Software berücksichtigt zukünftige Vernetzungen von Energieimporten und -exporten und führt eine umfassende Infrastrukturanalyse durch, die alle relevanten Energieträger wie Strom, Gas, Wasserstoff und Wärme einbezieht. Diese umfassenden Analysen sind entscheidend, um fundierte Entscheidungen zur Gestaltung der Energiewende zu treffen und die Transformation zu einer nachhaltigen Energieversorgung effektiv voranzutreiben.

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Forschungszentrum Jülich
Das Forschungszentrum Jülich gehört zur Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren. In Jülich wird an umfassenden Lösungen für die großen gesellschaftlichen Herausforderungen in den Bereichen Energie und Umwelt sowie Information und Gehirn geforscht. Das Ziel ist es, Grundlagen für zukünftige Schlüsseltechnologien zu schaffen.

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