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Vor 40 Jahren: Die erste Weltklimakonferenz

Es ist das Jahr 1979. Die Bundesrepublik wird 30 Jahre alt und Karl Carstens ihr fünfter Präsident. Europa wählt sein Parlament zum ersten Mal direkt und die Raumsonde Voyager 2 liefert spektakuläre Bilder von Jupiter. In Norddeutschland wütet Anfang Februar ein schwerer Schneesturm – bereits der zweite seit Jahresbeginn.

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Auch Wetterextreme wie Dürrekatastrophen in den Jahren zuvor führten zum Zustandekommen der ersten Weltklimakonferenz in Genf. Foto: Pixabay
Auch Wetterextreme wie Dürrekatastrophen in den Jahren zuvor führten zum Zustandekommen der ersten Weltklimakonferenz in Genf. Foto: Pixabay
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Schon vor 40 Jahren kam die Frage auf, ob es sich bei dem „Jahrhundertwinter“ um ein einzelnes Wetterextrem oder aber ein Indiz für einen globalen Klimawandel handele. Eine Frage, die auch eine Gruppe von Wissenschaftlern beschäftigte, die sich zeitgleich etwa 1000 Kilometer weiter südwestlich zur ersten Weltklimakonferenz in Genf traf. Auf Einladung der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) waren fast 400 Experten aus über 50 Ländern zusammengekommen, um über den Klimawandel sowie seine möglichen Ursachen und künftigen Auswirkungen zu beraten.

Ausschlaggebend für das Zustandekommen der Konferenz waren eine Reihe von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, wie auch die Erfahrung der Verwundbarkeit des Menschen gegenüber der verheerenden Kraft klimatischer Ereignisse. Einer Verwundbarkeit, die nach Aussagen des Vorsitzenden der Konferenz Robert M. White noch weiter wachsen werde, da die zugrundeliegenden Ursachen ebenfalls zunehmen würden. Europa ächzte im Sommer drei Jahre zuvor unter einer extremen Dürreperiode. 1974 fiel die Weltgetreideernte klimabedingt katastrophal dürftig aus. Überschwemmungen und lang anhaltende Trockenzeiten führten zu Hungersnöten. Gleichzeitig wurde der Einfluss des Menschen auf die Atmosphäre immer deutlicher. Unter anderem die Messungen auf dem Mauna Loa auf Hawaii Ende der fünfziger Jahre ließen eindeutig einen Trend erkennen: Die sogenannte Keeling-Kurve, benannt nach dem Klimaforscher Charles David Keeling, schrieb als erster Beleg für die menschengemachte Zunahme des atmosphärischen Kohlendioxid Wissenschaftsgeschichte.

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Das Expertentreffen in Genf war keinesfalls die erste Weltkonferenz, auf welcher der Einfluss des globalen Klimas auf den Menschen thematisiert wurde. Bereits die Konferenz der Vereinten Nationen über die Umwelt des Menschen 1972 in Stockholm beschäftigte sich als erster Meilenstein internationaler Umweltpolitik mit entsprechenden Fragestellungen. Gleiches galt für die Welternährungskonferenz 1974 oder aber weitere UN-Konferenzen zum Thema Wasser oder Wüstenbildung. Doch die Weltklimakonferenz war die erste, die explizit das Klima als Ganzes in den Blick nahm. Ihr sollten noch zwei weitere Konferenzen folgen (1990 und 2009). Auch wenn der initiale Anstoß und die erste Tagung einen klar wissenschaftlichen Fokus hatten, prägten die Konferenzen auch die klimapolitische Debatte der folgenden Jahre maßgeblich mit; von der Entwicklung des Weltklimaprogramms und der Einsetzung des Weltklimarates bis zur UN-Klimarahmenkonvention und den UN-Klimakonferenzen wie zuletzt der in Kattowice.

Am Ende der zweiwöchigen Konferenz in Genf brachten die Teilnehmer ihre Erkenntnisse in einer gemeinsamen Erklärung auf den Punkt. In einem eindringlichen „Appell an die Nationen“ warnten sie vor den Folgen des vom Menschen verursachten Klimawandels und forderten die Weltgemeinschaft zu raschem Handeln auf.

Fragen an Prof. Dr. Andreas Wahner, Institutsleiter des Instituts für Energie- und Klimaforschung IEK-8- Troposphäre am Forschungszentrum Jülich.

Prof. Dr. Andreas Wahner, Institutsleiter des Instituts für Energie- und Klimaforschung IEK-8- Troposphäre am Forschungszentrum Jülich. Foto: Sascha Kreklau
Prof. Dr. Andreas Wahner, Institutsleiter des Instituts für Energie- und Klimaforschung IEK-8- Troposphäre am Forschungszentrum Jülich. Foto: Sascha Kreklau

Als die Experten aus aller Welt vor 40 Jahren in Genf zusammenkamen, um über den Klimawandel und seinen Einfluss auf den Menschen zu sprechen, waren Sie noch Student. Haben Sie damals etwas von der Konferenz mitbekommen?

Prof. Wahner: Ja, ich habe seinerzeit von der Weltklimakonferenz und dem CO2-Problem gehört. Während meines Studiums in Bochum gab es eine enge Kooperation mit dem Max-Planck-Institut in Mainz, an dem auch Paul J. Crutzen tätig war. Crutzen war sehr aktiv in Sachen Klimawandel und ein Experte auf dem Gebiet der Atmosphärenchemie. 1995 erhielt er für seine Arbeiten den Nobelpreis. Wir haben damals scherzhaft gesagt: Falls der Meeresspiegel steigt, sind wir in Bochum sicher.

Wie gesichert war der damalige Forschungsstand?

Prof. Wahner: In der quantitativen Aussage zum Beispiel zu den Fragen ‚Wie stark ändert sich die Temperatur?‘ oder ‚In welcher Zeit werden die Veränderungen stattfinden?‘ waren die Ergebnisse unsicher. Dass aber die Erhöhung des CO2-Gehalts in der Atmosphäre einen erwärmenden Effekt hat, war damals schon ganz klar und etwa auch Teil der Vorlesungen, die ich an der Uni gehört habe. Das war ja auch der Grund, warum man überhaupt so viele Staaten zur ersten Weltklimakonferenz zusammenbringen konnte.

Welche Bedeutung messen Sie dieser ersten Weltklimakonferenz aus heutiger Sicht bei?

Prof. Wahner: Ich glaube, sie war ein großer Erfolg. Vor allem, wenn man es im Zusammenhang mit dem Ozonloch sieht. Hier haben sich weltweit Atmosphärenforscher zusammengetan und nach den Ursachen gesucht. Basierend auf ihren Ergebnissen einigte man sich schließlich darauf, die Emissionen von Chlorverbindungen, die das Ozon in der Stratosphäre reduzieren, einzuschränken. Man hatte seinerzeit eigentlich erwartet, dass es beim CO2 mithilfe internationaler Vereinbarungen ebenso laufen würde.

Prof. Dr. Andreas Wahner, Institutsleiter des Instituts für Energie- und Klimaforschung IEK-8- Troposphäre am Forschungszentrum Jülich.
Prof. Dr. Andreas Wahner, Institutsleiter des Instituts für Energie- und Klimaforschung IEK-8- Troposphäre am Forschungszentrum Jülich.

Copyright: Sascha Kreklau

Die Teilnehmer richteten zum Abschluss der Tagung einen dringenden Appell an die Weltgemeinschaft. Ist dieser Appell folgenlos verklungen?

Prof. Wahner: Nein, der ist nicht verklungen. Diese Konferenz und auch die folgenden haben ihre Anliegen durchaus öffentlichkeits- und politikwirksam vermittelt. Nehmen Sie das Beispiel Ozonloch. Allerdings müssen wir beim Blick auf die CO2-Messkurve auch feststellen: Der CO2-Zuwachs läuft unvermindert weiter. Das ist natürlich enttäuschend.

Wie hat sich in den letzten 40 Jahren das Verständnis vom Einfluss des Menschen und seinen Folgen verändert?

Prof. Wahner: An den Grundaussagen hat sich nichts geändert. Was sich hingegen in dieser Zeit deutlich erweitert hat, ist das Verständnis von den konkreten Auswirkungen einer höheren Temperatur auf einzelne Bereiche wie Wasserkreislauf, Niederschläge oder Stürme. Ozean, Biosphäre, Landoberfläche, Atmosphäre – wir wissen heute wesentlich mehr über die Kopplung dieser verschiedenen Teile des Erdsystems.

Es gibt Wissenschaftler, die halten die Keeling-Kurve für den wichtigsten Datensatz des 20. Jahrhunderts. Teilen Sie diese Ansicht?

Prof. Wahner: Das würde ich auch so sehen. Die Keeling-Kurve ist eine auf Hawaii begonnene Messreihe, die sehr präzise und anschaulich deutlich macht, wie die CO2-Konzentration im Laufe der Jahre ansteigt. Auch heute noch ist diese Kurve ein Referenzpunkt für CO2-Veränderungen. Seit einigen Jahren werden vergleichbare Messungen auch in der Antarktis durchgeführt und kommen zu demselben Ergebnis.

Sie waren bei letzten UN-Klimakonferenz in Kattowice dabei. Welchen Eindruck haben Sie mitgenommen?

Prof. Wahner: Ich habe mir natürlich mehr davon versprochen. Es werden immer eindringlichere und besser belegte Daten in diese Veranstaltungen eingebracht aber sie haben leider nicht die Wirkung, die man sich erhofft oder von deren Notwendigkeit wir überzeugt sind.

Bis zum kommenden Treffen in Chile ist es nur noch knapp ein Jahr. Was erwarten Sie vom nächsten Treffen?

Prof. Wahner: Der internationale Prozess muss weitergehen. Man sollte aber klar sehen, dass wir eine Veränderung brauchen. In Deutschland und Europa machen wir sehr viel. Das Ziel die CO2-Emissionen spätestens 2050 auf null zu bekommen ist notwendig, aber je weiter die Zeit fortschreitet, desto einschneidender müssen die Maßnahmen sein, die dann allerdings auch immer schwieriger umsetzbar sein werden – auch wirtschaftlich. Die Hoffnung auf eine Begrenzung des Temperaturzuwachses auf 1,5 bis 2 Grad zum Ende des Jahrhunderts ist immer weniger haltbar. Wir müssen uns vermutlich auf mehr einstellen, was gravierende Konsequenzen haben und uns weltweit wirtschaftlich deutlich teurer zu stehen kommen wird, als wenn wir in der Vergangenheit oder auch heute mit Entschiedenheit gehandelt hätten.


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