Angesichts des demografischen Wandels werde es immer schwerer, Auszubildende und Fachkräfte zu gewinnen, sagte Landrat Wolfgang Spelthahn. „Dies ist ein gesellschaftliches Problem.“ In Deutschland gibt es aktuell 1,7 Millionen offene Stellen. Die geburtenstarken Jahrgänge gehen schon oder gingen absehbar in den Ruhestand, gleichzeitig rückten geburtenschwache Jahrgänge nach, brachte es der Landrat auf den Punkt.
Der Kreis Düren habe deshalb das Thema schon seit längerer Zeit auf der Agenda. Bei einem Besuch in Berlin habe er mit dem Personalvorstand der Deutschen Bahn, Martin Seiler, lange über das Thema gesprochen. Später sei er nach Indien gereist, um Kontakte zu knüpfen und Fachkräfte für den Kreis Düren zu gewinnen, erzählte der Landrat – ein Ergebnis dieser Austausche ist die 1. Transformationskonferenz, die heute im Kongresszentrum des Kreises Düren im Dorint-Hotel stattgefunden hat – mit dem Personalvorstand der Deutschen Bahn. Martin Seiler, allein in Deutschland bei der Bahn AG verantwortlich für 220.000 Beschäftigte, berichtete, dass die Bahn in den kommenden Jahren rund 100.000 neue Mitarbeitende brauche. „Wir haben Kooperationen mit anderen Unternehmen geschlossen, um uns auszutauschen“, so Seiler. Wenn in einer Firma Arbeitskräfte nicht mehr gebraucht würden, könnten sie durchaus in anderen benötigt werden – deshalb der Austausch mit dem Ziel, neue Kräfte zu gewinnen. Dieses Projekt sorgt unter dem Namen „Allianz der Chancen“ bundesweit für Aufsehen. Der Personalvorstand „beglückwünschte Landrat Wolfgang Spelthahn, das wichtige Thema Fachkräftemangel auf die Tagesordnung des Kreises Düren“ gesetzt zu haben.
Man müsse vor allem auch über den Tellerrand schauen, um zu erkennen, wo und wie es Möglichkeiten der Personalgewinnung gebe,. sagte Kerstin Wagner, Leiterin der Personalgewinnung bei der Deutschen Bahn. Sie setze Personalvermittler (Recruiter) ein, die hoch spezialisiert seien und mit den Zielgruppen auf Augenhöhe kommunizieren können. Junge Recruiter sprechen junge potenzielle Beschäftigte an, ältere zum Beispiel Fachkräfte, die schon viel Erfahrung mitbringen.
Ebenso wichtig: Betriebe sollten Antworten haben, warum Fachkräfte und Auszubildende zu ihnen kommen sollen. Die Zeiten hätten sich geändert. Potenzielle neue Kolleginnen und Kollegen seien heiß begehrt und könnten deshalb Forderungen stellen, die noch vor Jahren kaum denkbar waren.
Mehr als 100 Gäste waren der Einladung zur 1. Transformationskonferenz des Kreises Düren gefolgt, darunter zahlreiche Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung. Sie kennen die heutigen Herausforderungen, die auch Kemo Razanica, Personalvorstand der RWE Power AG, beschrieb. Spontan rief Razanica seinem Kollegen Martin Seiler von der Bahn zu, er seit mit RWE der 41. Kooperationspartner und wolle sich künftig am Austausch um Fachkräfte und Auszubildende beteiligen – ein spontaner erster Erfolg der Transformationskonferenz.
Razanica verwies auf die Ausbildungszentren, die RWE im Rheinischen Revier mit seinen drei Tagbebauen unterhält. „Ich wünsche mir sehr, dass wir sie erhalten können, aber dazu brauchen wir Partner“, sagte der Personalvorstand.
Diesen Aspekt griff Landrat Wolfgang Spelthahn in der von Robert Esser (Medienhaus Aachen) moderierten Talkrunde mit Martin Seiler, Kerstin Wagner, Kemo Razanica, Dr. Stefan Cuypers (Geschäftsführer Vereinigte Industrieverbände Düren, Jülich, Euskirchen & Umgebung) und Bianca Crystal auf und sagte Unterstützung zu. In der informativen Runde ging es unter anderem darum, auf welchen Wegen und wie junge, aber auch ältere Arbeitnehmer erreicht werden können – das Spektrum ging dabei über Informationsbesuche in Schulen und Ansprachen über Social Media-Kanäle beziehungsweise digitale Karriereseiten. So führte Bianca Crystal, Geschäftsführerin Arbeitsmarktmanagement der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit, ergänzend Schnuppertage und Praktika ins Feld, die gerade nach der Corona-Pandemie wieder erheblich an Bedeutung gewännen.
Deutlich wurde, dass ein Mix aus etablierten und analogen Methoden gepaart vor allem mit innovativen digitalen angeboten erfolgversprechend seien. Immer wieder wurde deutlich, wie wichtig es heute ist, auf die Belange und Bedürfnisse der potenziellen Auszubildenden und Fachkräfte einzugehen.
Wenn es darum geht, Beschäftigte aus dem Ausland außerhalb der EU anzuwerben, ist Rechtsanwalt Claus Brockhaus jemand, der sich mit behördlichen und rechtlichen Belangen, die es zu berücksichtigen gilt, auskennt. Die Wege seien oft lang, egal ob es um die Erteilung von Visa ginge oder die Anerkennung von Zertifikaten. Darauf hatte auch Landrat Wolfgang Spelthahn schon hingewiesen, bevor Jens Bröker, Leiter des neuen Referates Wandel und Entwicklung beim Kreis Düren, konkrete Maßnahmen mit Blick auf eine Willkommenskultur beim Kreis Düren vorstellte. Jens Bröker nannte unter anderem das Welcome Center des Kreises, in dem es qualifizierte Beratung zu allen Themen des Kreises Düren gebe. Es weise ein Alleinstellungsmerkmal auf, auch im überregionalen Vergleich. Ferner nannte er das Cyber-Institut der Fachhochschule des Mittelstandes, die in Düren Studierende aus dem In- du Ausland ausbildet sowie die Wachstumsoffensive, die aufgrund der steigenden Bevölkerungszahlen beweise, wie attraktiv der Kreis Düren sei, so Jens Bröker.
Dies alles ist auch für neue Auszubildende und Fachkräfte von Bedeutung, um die es heute bei der 1. Transformationskonferenz des Kreises Düren ging. „Wir haben viele inspirierende Beiträge gehört“, betonte Landrat Wolfgang Spelthahn zusammenfassend, „wir haben zahlreiche neue Impulse erhalten, die uns allen helfen, die aktuellen Herausforderungen der Arbeitswelt gemeinsam zu meistern.“