Start Magazin Zukunft & Wirtschaft Mit fliegenden Roboter gegen Wilderer

Mit fliegenden Roboter gegen Wilderer

Teurer als Gold: Ein Kilogramm Rhinozeroshorn bringt auf den Schwarzmärkten in Asien mehr als 50.000 Euro ein. Die illegale Jagd hat die Nashornbestände im südlichen Afrika dezimiert. Jährlich werden mehr als 1000 Tiere getötet, obwohl auf Wilderei harte Strafen ausgesetzt sind. Organisiert wird der Schmuggel von asiatischen Syndikaten, die zum Aufspüren der Tiere modernste Technik einsetzen. Um die Banden zu bekämpfen, setzen die Tierschutzorganisationen ebenfalls auf Hightech.

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Multikopter im Flug. Foto: FH
Multikopter im Flug. Foto: FH
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An der FH Aachen wird derzeit eine Technologie entwickelt, mit der dem Treiben der Wilderer im südlichen Afrika Einhalt geboten werden kann. „Wir setzen unbemannte Fluggeräte ein, die große Gebiete überwachen. Damit können wir Menschen, Tiere und Autos in Echtzeit identifizieren“, sagt Patrick Wiesen. Der FH-Absolvent forscht am FH-Institut Mobile Autonome Systeme und Kognitive Robotik (MASKOR), seine Dissertation erstellt er an der Tshwane University of Technology (TUT) in Pretoria/Südafrika.

In einem ersten Schritt werden die Gebiete, in denen die Wilderer aktiv sind, in 3D erfasst. Das betrifft etwa den Kruger Nationalpark in Südafrika, der etwa 20.000 Quadratkilometer groß ist – das entspricht etwa der Fläche Hessens. Auf der Grundlage dieser dreidimensionalen Karte kommt ein Schwarm von „Unmanned Aerial Vehicles“ (UAV) zum Einsatz, also unbemannte Fluggeräte, die autonom das Gebiet überfliegen und Aktivitäten am Boden mit Hilfe von Wärmebildkameras erfassen. Patrick Wiesen erklärt: „Mit unserer Software können wir die Daten in Echtzeit auswerten. Die Parkwächter bekommen Warnhinweise von unserem System und können gezielt einschreiten.“ Dazu werden neuronale Netze der fliegenden Roboter so trainiert, dass sie Menschen, Tiere und Autos erkennen – die Systeme lernen gewissermaßen, die Objekte aus der Luft zu identifizieren.

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Die FH-Forscher arbeiten eng mit der südafrikanischen Tierschutzorganisation SPOTS (Strategic Protection of Threatened Species) zusammen, die sich dem Schutz gefährdeter Tierarten verschrieben hat. Die Organisation setzt bereits jetzt auf den Einsatz von unbemannten Kleinflugzeugen. „Wir können SPOTS vor allem im Bereich der Software und der Datenauswertung unterstützen“, betont Patrick Wiesen. Bei einem einwöchigen Test im Dezember 2018 kam das neuentwickelte System erstmals zur Anwendung. Mit dabei waren auch die Partner von der TUT, mit der der Fachbereich Maschinenbau und Mechatronik der FH Aachen seit Jahren zusammenarbeitet. So bot die FH etwa die Summerschool zum Robot Operating System (ROS) schon dreimal in Südafrika an. Langfristiges Ziel ist es, im südlichen Afrika ein Netzwerk zur kognitiven Robotik aufzubauen. Potenzielle Partner könnten die Universität in Kapstadt und Stellenbosch sein. Treibende Kraft auf Seiten der FH Aachen ist Prof. Dr. Stephan Kallweit, der außerordentlicher Professor an der TUT ist und auf diesem Weg auch die Dissertationen von Patrick Wiesen, Josef Franko und Heiko Engemann betreut.

Bei dem Anti-Wilderei-Projekt geht es aber nicht nur um Software, sondern auch um die fliegende Hardware: Bislang ist der Aktionsradius der UAVs begrenzt, was die Einsetzbarkeit gerade in den Weiten des südlichen Afrika einschränkt. Der FH-Student Malte Holch vom Fachbereich Luft- und Raumfahrttechnik entwickelt im Rahmen seiner Bachelorarbeit eine Flugsteuerung für Senkrechtstarter – also Fluggeräte, die keine Start- und Landebahn benötigen und die trotzdem für den Streckenflug geeignet sind. Ein mögliches Anwendungsgebiet sind Lufttaxis, die zukünftig in verkehrsgeplagten Innenstädten der ersten Welt zum Einsatz kommen sollen. Für das Anti-Wilderei-Projekt können die Senkrechtstarter ebenfalls eine spannende Alternative sein. Malte Holch betont: „Wir setzen aktuell zur 3-D-Erfassung noch einen Multikopter ein. Dieser ist im Vergleich langsamer und hat nicht so eine hohe Reichweite wie der Senkrechtstarter.“ SPOTS setzt derzeit einen Starrmodellflieger ein, der ebenfalls höhere Geschwindigkeiten und Reichweiten erreicht, aber eine Start- und Landebahn braucht. Der Senkrechtstarter kombiniert die Vorteile von beiden Systemen. Auch die Kombination mit solargespeisten Elektromotoren sowie die Nutzung der Thermik wie beim Segelflug sei denkbar. Die FH-Fachbereiche Luft- und Raumfahrttechnik sowie Maschinenbau und Mechatronik arbeiten derzeit gemeinsam an weiteren Projekten rund um das Thema autonomes Fliegen.

Malte Holch hat neben Jagd auf Wilderer auch einen weiteren Anwendungszweck im Auge. Er ist in Namibia, dem nordwestlichen Nachbarland Südafrikas, aufgewachsen und hat gute Kontakt dorthin. „Ich kenne viele Farmer, die solche Systeme gerne zur Überwachung einsetzen möchten.“ Dabei gehe es darum, das Vieh zu zählen und die Zäune auf Schäden zu kontrollieren. Auch hierbei kann die Software zum Einsatz kommen, die an der FH Aachen entwickelt wird. „Für uns ist wichtig, dass wir auf einer Open-Source-Plattform arbeiten“, betonen Patrick Wiesen und Malte Holch, „unsere Partner im südlichen Afrika sollen in der Lage sein, die Systeme einzusetzen, zu warten und weiterzuentwickeln.“


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