Einem internationalen Team von Forschenden unter Jülicher Ägide gelang es den dominanten Mechanismus der Bildung von Ameisensäure zu entschlüsseln. Damit wird es möglich, Atmosphären- und Klimamodelle weiter zu verfeinern. Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt im renommierten Fachmagazin Nature veröffentlicht.
In bisherigen Modellen der Atmosphärenchemie zur Säurebildung spielte Ameisensäure eine eher kleine Rolle – die chemischen Prozesse ihrer Entstehung waren zu wenig bekannt.
Dr. Bruno Franco und Dr. Domenico Taraborrelli vom Jülicher Institut für Troposphärenforschung konnten ihn nun entschlüsseln: Formaldehyd entsteht auf natürlichem Wege durch Photooxidation von flüchtigen organischen Verbindungen. In Wolkentröpfchen reagiert Formaldehyd mit den Wassermolekülen zu Methandiol. Der größte Teil davon wird ausgegast und reagiert mit OH-Radikalen, dem „Waschmittel der Atmosphäre“, in einem photochemischen Prozess zu Ameisensäure. Ein kleinerer Teil reagiert in der Flüssigphase des Wassertröpfchens ebenfalls zu Ameisensäure, die durch Regen verteilt wird.
„Durch die Oxidation von Methandiol in der Gasphase entsteht nach unseren Schätzungen bis zum Vierfachen dessen, was in anderen bekannten chemischen Prozessen in der Atmosphäre an Ameisensäure insgesamt entsteht“, erläutert Domenico Taraborrelli. Diese Menge reduziere den pH-Wert von Wolken und Regenwasser um bis zu 0,3, was den Beitrag des organischen Kohlenstoffs zur natürlichen atmosphärischen Säuregehalt hervorhebt.
In einem ersten Schritt überprüften die beiden Wissenschaftler ihre Theorie mithilfe von MESSy, einem globalen Modell der Atmosphärenchemie, und verglichen die Ergebnisse mit Fernerkundungsdaten. Für die Modellierung nutzten sie den Jülicher Supercomputer JURECA. Anschließende Experimente in der Jülicher Atmosphärensimulationskammer SAPHIR bestätigten die Ergebnisse. „Wir gehen davon aus, dass der aufgezeigte Mechanismus auch in wässrigen Aerosolen und für andere organische Säuren wie Oxalsäure gilt, die in den atmosphärenchemischen Modellen bisher nicht ausreichend berücksichtigt werden können“, so Taraborrelli. Das könnte unter anderem dazu beitragen, das Wachstum von Aerosol-Partikeln und die Entwicklung von Wolken besser zu verstehen.