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Klimawandel in der Südhemisphäre

Jülicher Stratosphärenforscher sind an der Messkampagne "SouthTRAC" mit dem deutschen Forschungsflugzeug HALO beteiligt, mit der über der Südspitze Südamerikas die Atmosphäre und ihre Auswirkungen auf den Klimawandel untersucht werden sollen.

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Das Forschungsflugzeug HALO. Foto: DLR / Minikin
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Während der Transferflüge zwischen Europa und Südamerika wird unter anderem erforscht, welchen Einfluss das aktuelle Verbrennen von Biomasse im Amazonas-Regenwald auf das Klima hat. Die Kampagne wird im September und November 2019 von Tierra del Fuego in Argentinien aus in zwei Abschnitten durchgeführt. Das wichtigste Ziel der ersten Phase ist die Untersuchung von Schwerewellen über diesem Teil des Kontinents und über der Antarktis. In der zweiten Kampagnenphase im November bilden Untersuchungen des Luftmassenaustauschs zwischen der untersten Schicht der Atmosphäre, der Troposphäre, und der Stratosphäre ab 18 Kilometer Höhe den wissenschaftlichen Schwerpunkt.

„In den Messflügen wollen wir vor allem die chemischen und dynamischen Prozesse untersuchen, die Spurengase wie Ozon und Wasserdampf in der Tropopausenregion beeinflussen“, sagt Dr. Björn-Martin Sinnhuber vom Institut Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Spurengase und Fernerkundung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Der Wissenschaftler koordiniert die Messflüge gemeinsam mit Kollegen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), des Forschungszentrums Jülich sowie der Universitäten Mainz und Frankfurt. „Zudem betrachten wir, welche Rolle die Verbrennung von Biomasse, wie beispielsweise die aktuellen Brände im Amazonas-Regenwald, spielt.“ Weitere Partner sind die Bergische Universität Wuppertal und die Universität Heidelberg.

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Spurengase wie Ozon und Wasserdampf sind effektive Treibhausgase und spielen eine wichtige Rolle im Klimawandel. Seit Ende der 1980er-Jahre verbietet das Montrealer Protokoll Stoffe wie Flurchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), welche die Ozonschicht stark ausdünnen. Vor allem über der Antarktis hatte sich ein großes Ozonloch gebildet. Es wird allerdings noch viele Jahrzehnte dauern, bis sich die Ozonschicht wieder erholt hat. Welche Bedeutung dies für den Klimawandel auf der Südhemisphäre hat, wollen die Forscherinnen und Forscher jetzt in der Kampagne „SouthTRAC“ (Transport and Composition of the Southern Hemisphere UTLS) untersuchen.

Das Forschungsflugzeug HALO. Foto: DLR / Minikin

Die wichtigsten atmosphärischen Voraussetzungen für die Bildung des Ozonlochs über der Antarktis sind tiefe Temperaturen und ein verminderter Austausch von Luftmassen mit mittleren Breiten. Letzteres wird durch einen stabilen Luftwirbel, den antarktischen polaren Vortex, gewährleistet, der allerdings durch starke Wellenaktivität abgebremst werden kann. „Wir untersuchen in dieser Region erstmalig die Anregung und Ausbreitung sogenannter Schwerewellen bis in die mittlere Atmosphäre in 90 Kilometer Höhe, die unter anderem durch die Überströmung der Anden und der antarktischen Halbinsel ausgelöst werden und den polaren Wirbel abbremsen“, sagt Prof. Markus Rapp vom DLR, der die Teilaspekte des Projektes zur Dynamik koordiniert. Dieser Effekt wird von Klima- und Wettermodellen bisher nur sehr unzureichend berücksichtigt. Schwerewellen sind Luftschwingungen, die beispielsweise durch Luftströmungen über Berge angeregt werden. Mit dem einfachen Auge kann man sie als Streifenmuster in Wolkenfeldern erkennen.

Insgesamt sind 13 Instrumente an Bord von HALO. Ein zentrales Instrument ist das Infrarotspektrometer GLORIA, das vom Forschungszentrum Jülich gemeinsam mit dem KIT entwickelt und gebaut wurde. Das Instrument erlaubt erstmals eine dreidimensionale tomographische Vermessung von Temperatur, Wolkenparametern und einer Vielzahl von Spurengasen in der Atmosphäre. In der ersten Kampagnenphase liegt der Schwerpunkt der GLORIA-Messungen auf kleinräumigen Temperaturschwankungen, die durch Schwerewellen verursacht werden. Schwerewellen werden beim Überqueren der Luftströmung über die Anden angeregt. Sie breiten sich dann in die höheren Atmosphärenschichten aus, wo sie brechen und den Polarwirbel abschwächen. „Dieser Effekt ist wichtig für das regionale Klima und das saisonale Wetter in der südlichen Hemisphäre, wird aber von Klima- und Wettermodellen nur unzureichend berücksichtigt“, so Riese.

Ein weiteres Jülicher Instrument ist AMICA, mit dem sich Spurenstoffe in der Atmosphäre messen lassen. „Mit unseren hochgenauen lokalen Messungen des AMICA-Instruments zielen wir vor allem auf Produkte der Biomasseverbrennung in Brasilien wie Carbonylsulfid (OCS) und Kohlenmonoxid (CO). Die Fahnen dieser Spurengase lassen sich noch bis in 14 Kilometer Höhe gut über dem Atlantik beobachten. Schließlich liefern unsere Messungen mit dem Instrument FISH wichtige Informationen über die Verteilung von Wasserdampf, dem wichtigsten natürlichen Treibhausgas.“

Bei den Messflügen werden innovative Fernerkundungsmethoden mit hochgenauen lokalen Messungen am Flugzeug kombiniert und mit Satellitendaten verglichen. „Um die Flüge optimal an die meteorologische Situation anzupassen, sind auch Atmosphärenmodellierer vor Ort und nutzen Vorhersagen des Jülicher Atmosphärenmodells CLaMS“, so Prof. Martin Riese, Direktor des Jülicher Instituts für Stratosphärenforschung und einer der Koordinatoren von „SouthTRAC“. Die HALO-Messungen werden von Messungen am Boden (z. B. Lidar, Radar, Radiosonden) und von Messungen an Bord eines Segelflugzeugs begleitet, das von der Stadt El Calafate im Süden Argentiniens aus operiert. Meteorologische und chemische Vorhersagemodelle liefern Informationen über das lokale Wetter sowie die atmosphärische Zirkulation und Spurengasverteilung, die für eine präzise Flugplanung erforderlich sind.


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