Holzreste enthalten wichtige chemische Stoffe, die durch Raffinierung sinnvoll weiter genutzt werden können – allen voraus den Rohstoff Lignin. In Zusammenarbeit mit dem Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Institut in Reutlingen und gefördert durch das Bundesministerium für Energie und Landwirtschaft können nun die Ergebnisse der Lignin-Erforschung präsentiert werden.
Aber was kann Lignin eigentlich? Lignin kann vor allem für die chemische Produktion eingesetzt werden. So können beispielsweise Kunststoffe oder Vanillin aus Lignin hergestellt werden, aber auch Energie durch die Verbrennung des Stoffes. Somit könnte Lignin eine Alternative zur Braunkohle sein. An der FH entwickelte Prof. Tippkötter nun einen Klebstoff aus dem im Holz enthaltenen Lignin. Durch eine Kooperation mit dem Unternehmen „Four Motors GmbH“ wird dieser Klebstoff bei der Verbesserung von Rennautos eingesetzt. „Four Motors“ setzt sich zum Ziel, in ihrem „Bioconcept-Car“ nur natürliche Stoffe einzusetzen. Neben Biogas tritt dann auch der natürlich gewonnene und abbaubare Klebstoff der FH in Erscheinung. Der Biorennwagen wurde auch schon von Rapper Smudo von den „Fantastischen Vier“ gefahren, der in seiner Freizeit auch Rennfahrer ist.
Wie funktioniert das Ganze? „Im Holz befinden sich die Stoffe Lignin, Cellulose und Hemicellulose“, erklärt Prof. Tippkötter. Das Lignin kann mit Hilfe von Druckbehältern im sogenannten Organosolv-Prozess von den beiden anderen Stoffen getrennt werden. Mit dem gewonnenen Lignin kann Prof. Tippkötter biologisch abbaubaren Klebstoff herstellen. Die bleibende Cellulose kann schließlich im NOWUM-Energy-Institut der FH Aachen unter der Leitung von Prof. Dr. Isabel Kuperjans genutzt werden. Hier wird es wiederum zur Herstellung von Biogas genutzt.
In Bioraffinerien der 2. Generation wird das Verfahren der Nutzung nachhaltiger Rohstoffe angewandt. Wurden Biogase, Kraftstoffe, Chemikalien und Tierfutter in Bioraffinerien der 1. Generation noch aus Lebensmitteln wie Mais- und Zuckerrüben hergestellt, so ist es nun möglich, diese und weitere Endprodukte zwar weiterhin aus nachwachsenden Rohstoffen herzustellen, aber dafür keine Lebensmittel zu verbrauchen: ein großer Pluspunkt. Eine erste Lignocellulose Bioraffinerie der 2. Generation weihte Prof. Tippkötter 2007 am Chemie- und Industriepark Leuna in der Nähe von Leipzig (Sachsen-Anhalt) ein.
Und wie sieht die Zukunft der Bioraffinerien aus? „Lignin in Bioraffinerien vollständig einzusetzen, um einen Großteil der Rohstoffketten zu ersetzen, das wäre der Traum“, denkt Prof. Tippkötter über die weiteren Aussichten seiner Forschung nach. Darüber hinaus würde er gerne mehr in Richtung der Nutzung von Wasserstoff als Treibstoff forschen. „Es ist absehbar, dass die Fahrzeugforschung in Zukunft in Richtung Wasserstoffnutzung gehen wird“, da es leichter transportierbar, besser zu lagern, und zu tanken sei. Zudem hält der „Tank“ dann auch länger als bei einem Elektroauto. Und die Produktion von Wasserstoff wäre sogar auch durch nachwachsende Rohstoffe möglich.
Was die Zukunft der Naturstoffe angeht, so spricht man sogar schon über Bioraffinerien der 3. Generation. Hier nutzt man dann Algen oder urbane Abfälle zur Reststoffverwendung.