Ein Team von Forschenden der Universität Wuppertal und des Forschungszentrums Jülich konnte erstmals mithilfe von zeitlich und räumlich hochaufgelösten Messungen und Modellsimulationen zeigen, wie sich das Klimagas Kohlendioxid (CO2) während des Asiatischen Sommermonsuns über dem indischen Subkontinent bis in Höhen von 20 Kilometern verbreitet. Die neuen Erkenntnisse tragen dazu bei, vorhandene Transportmodelle zu verbessern und damit die Emission und Ausbreitung von CO2 in der Atmosphäre in Südasien genauer zu erfassen und zu beurteilen. Die Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt hin zu einem genaueren 3-D-Modell der CO2-Menge und -Verbreitung in Südasien. Die Studie unter Federführung von Dr. Bärbel Vogel vom Jülicher Institut für Stratosphäre ist jetzt in der Fachzeitschrift Communications Earth & Environment erschienen.
Indien lag 2017 beim vom Menschen verursachten Ausstoß von Kohlendioxid weltweit an vierter Stelle – nach China, den USA und der EU. Doch bislang gibt es auf dem indischen Subkontinent nur sehr wenige Messstellen, die über viele Jahre und saisonal aufgelöst Treibhausgase wie CO2 oder Lachgas (N2O) erfassen – hervorzuheben ist hier Nainital, eine Kleinstadt im Norden Indiens, die auf etwa 2000 Metern Höhe liegt.
Die CO2-Daten, die an den Boden-Messtellen gesammelt wurden, konnte das Team nun zur Modellierung von Messungen nutzen, die in hoher zeitlicher und vertikaler Auflösung bei einer Messkampagne mit dem Höhenforschungsflugzeug Geophysika über dem indischen Subkontinent gewonnen wurden. Diese Messungen der Universität Wuppertal sind einzigartig, da zum ersten Mal hochaufgelöste CO2-Daten bis in eine Höhe von etwa 20 Kilometer im Zentrum des Asiatischen Sommermonsuns gesammelt werden konnten. Dieser ist eines der dynamischsten und energiereichsten Wettersysteme unseres Planeten. Er wirkt wie ein gigantischer Fahrstuhl, der Treibhausgase, ozonzerstörende Substanzen sowie Aerosole und ihre Vorläufer bis zu einer Höhe von über 16 Kilometern in die untere Stratosphäre befördert.
Die Studienführenden nutzten das am Institut für Stratosphäre entwickelte Modell CLaMS („Chemisch Langrangesche Modell der Stratosphäre“) in Kombination mit den Bodenmessungen, um damit die gemessenen Kohlendioxid-Profile zu rekonstruieren, und verbesserten so das Verständnis der vertikalen Verteilung des Klimagases in der Region des Asiatischen Sommermonsuns. Sie konnten zeigen, dass sich CO2 rasch bis in eine Höhe von 13 Kilometern ausbreitet. Darüber verlangsamt sich der vertikale Transport, jedoch wurden bis in Höhen von etwa 20 Kilometern im Vergleich zur übrigen Stratosphäre erhöhte CO2-Werte gemessen.
Nach Einschätzung der Forschenden lassen sich die neuen Erkenntnisse zur Verbreitung von Kohlendioxid von der Erdoberfläche bis hoch in die Stratosphäre dazu nutzen, die vorhandenen Modelle zum Transport von Spurengasen und Aerosolen in der Atmosphäre über Südasien zu präzisieren und damit neu zu bewerten. Gemeinsam mit den Daten der Messstationen auf dem Boden entsteht so die Grundlage für realistische 3-D-Simulationen von CO2 in der Atmosphäre über Südasien und damit für eine bessere Bestimmung der hohen CO2-Emissionen in dieser wenig beobachteten Region sowie für verbesserte Atmosphären- und Klimamodelle – auch auf globaler Ebene.