Krankheitserreger (pathogene Keime) werden immer häufiger in Seen, Flüssen und im Meer nachgewiesen. Die Ursachen können in klimatischen und demografischen Entwicklungen liegen. Chemische Verbindungen (anthropogene Spurenstoffe), die ins Wasser gelangen – so beispielsweise Antibiotika über die Kanalisation – können die Bildung von Resistenzen bei Mikroorganismen hervorrufen. Resistente Bakterien sind unempfindlich gegenüber Antibiotika. Durch die Fischzucht gelangen diese Keime vermutlich auch in unsere Lebensmittel und könnten so neben den Auswirkungen auf die aquatische Lebensgemeinschaft auch Folgen für die menschliche Gesundheit haben.
Die Wechselwirkung zwischen anthropogenen Spurenstoffen und Krankheitserregen in Binnengewässern und im Meer, aber auch deren Einfluss auf aquatische Lebensgemeinschaften (z.B. Fischfarmen) und letztendlich die daraus resultierenden Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit – etwa durch den Verzehr des Fisches – sollen jetzt erforscht werden. Dazu wurde die europäische Forschungsinitiative „AquaticPollutants“ ins Leben gerufen. Hierfür wurden jetzt 18 internationale Projekte ausgewählt, die die Thematik durch die Themenbereiche Messung, Evaluierung und Maßnahmenergreifung untersuchen sollen. Darunter befindet sich auch das Projekt „ARENA“ (Antibiotic REsisteNce and Pathogenic Signature in Marine and Freshwater Aquaculture Systems), an dem das Institut für Nano- und Biotechnologien (INB) der FH Aachen (Campus Jülich) einer von fünf Partnern ist. Die Mittel werden jeweils national zur Verfügung gestellt; so fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Teilprojekt des INB vollständig mit 249.510 Euro; das Gesamtprojektvolumen von ARENA beläuft sich auf 1.101.910 Euro. Insgesamt stehen für die europäische Forschungsinitiative „AquaticPollutants“ 20 Millionen Euro bereit.
Die Bescheidübergabe an das INB fand jetzt durch den Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, Thomas Rachel, am Campus Jülich statt. „Die Entwicklung neuer Sensoren zur Identifikation von Krankheitserregern durch die FH Aachen ist ein wichtiger Beitrag zum Schutz der marinen Umwelt und zum Erhalt der menschlichen Gesundheit“, so Staatssekretär Rachel.
„Es gibt in Aquakulturen noch keine zufriedenstellenden sensorischen Ansätze. Vor diesem Hintergrund ist unser Vorhaben eine Herausforderung“, erklärt Prof. Dr. Michael J. Schöning, Leiter des INB. Am INB sollen Sensoren entwickelt werden, die pathogene Keime im Wasser erkennen können. Konkret sollen Messproben vor Ort aus dem betroffenen Gewässer (Meer, See, etc.) mit dem zu entwickelnden Sensorsystem erfasst werden. Auf dem eigentlichen Sensorchip befinden sich Rezeptoren, die die Krankheitserregererkennen können. Die Rezeptoren werden von den beiden belgischen Projektpartnern entwickelt. Wird ein Krankheitserregererkannt, so wird ein Sensorsignal ausgelöst und entsprechend ein Alarm aktiviert. Neben dem INB sind Partner aus Belgien, Spanien, Italien und Norwegen beteiligt, die das Problem von molekular bzw. mikrobiologischer Seite aus betrachten und entsprechende molekularbiologische Tools entwickeln, um Antibiotika-Reste oder Antibiotika-Resistenz-Gene zu detektieren. „Es wird wichtig werden, eine gemeinsame Ebene der Verständigung zu finden“, erläutert Prof. Schöning weiter. Die Projektpartner werden im Rahmen der dreijährigen Projektlaufzeit eng miteinander interagieren, vor allem aber auch gemeinsame Experimente und Messkampagnen, z.B. im Mittelmeer (Spanien, Italien) oder in der Nordsee (Belgien, Norwegen), durchführen.
Prof. Ritz, designierter Prorektor für Forschung, Innovation und Transfer der FH Aachen, betont: „Ich bin dankbar, dass die Politik unserer FH Aachen einen signifikanten Beitrag zu diesem Zukunftsthema zutraut und auf die Leistungsfähigkeit der Hochschule vertraut. Ich sehe darin aber auch einen klaren Beleg, dass der Weg des INB, wichtige Zukunftstechnologien und -felder interdisziplinär anzugehen, richtig und wegweisend war und ist.“
„AquaticPollutans“ ist eine gemeinsame Forschungsinitiative der drei europäischen Joint Programming Initatives (JPIs) Water, Antimicrobial Resistance, Healthy and Productive Seas and Oceans und befasst sich mit den Risiken für die menschliche Gesundheit sowie für die Umwelt durch pathogene Keime im Wasser. Insgesamt wurden 184 Projektvorschläge eingereicht. Die Auswahl der geförderten Projekte erfolgte nach der Begutachtung durchein internationales Gutachtergremium. Das Projekt ARENA wird auf deutscher Seite durch den Projektträger Jülich betreut. Das Teilprojekt am INB startet am 1. September 2021 und hat eine Projektlaufzeit von drei Jahren.
Über das INB
Am 19. Oktober 2007 wurde das Institut für Nano- und Biotechnologien (INB) als erstes interdisziplinär ausgelegtes Forschungsinstitut der FH Aachen gegründet. Vierzehn Jahre später kann das Team um Institutsleiter Prof. Dr. Michael J. Schöning zufrieden Bilanz ziehen. „Wir bringen Nanotechnologie und Biotechnologie näher zusammen, die Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts“, wie Prof. Schöning sagt. „Eine zentrale Säule unserer wissenschaftlichen Aktivitäten definiert sich über ‚Online‘-Analysetechniken für biotechnologische und mikrobiologische Prozesse. Das neue Forschungsprojekt befindet sich somit exakt in unserem Zielfokus.“