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Neue Studie beobachtet die Folgen des Lockdowns und versammelt Daten zu Schadstoffen in der Atmosphäre.

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Die Grafik zeigt die wichtigsten Emissionssektoren und Primäremissionen, meteorologische und chemische Prozesse, die Auswirkungen auf die Luftqualität und das Klima sowie die Mess- und Analysewerkzeuge. Grafik (Ausschnitt): Gkatzelis et al., 2021, S. 3
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Eine Folge der Corona-Pandemie sind weltweit Einschränkungen der Mobilität. Das hat Auswirkungen auf die Schadstoffbelastung der Atmosphäre. Forschende in aller Welt nutzen die einmalige Chance für Messungen, sammeln Daten und veröffentlichen Untersuchungen. Ein internationales Team unter Leitung des Jülicher Instituts für Troposphärenforschung stellte jetzt eine umfangreiche Übersichtsstudie der Ergebnisse bis September 2020 vor. Dazu gehört auch eine eigene Website. Dort können weitere Messdaten hinzugefügt werden, um die bisherigen Forschungsergebnisse zu ergänzen und zu verfeinern. Gleichzeitig ermöglicht die Datensammlung wissenschaftlich fundierte Vorhersagen zur Schadstoffbelastung von Mobilitätsszenarien der Zukunft.

Die Metaanalyse koordinierte Prof. Astrid Kiendler-Scharr, Direktorin des Jülicher Instituts für Troposphärenforschung. Die Analyse umfasst Messdaten von rund 200 Studien aus den ersten sieben Monaten des Lockdowns; enthalten sind die Luftschadstoffe Stickstoffdioxid, Feinstaub, Ozon, Ammoniak, Schwefeldioxid, Ruß, flüchtige organische Verbindungen (VOC) und Kohlenmonoxid. Ein Drittel der Studien berücksichtigt für die Berechnung des Lockdown-Einflusses auf die Luftzusammensetzung die vorherrschende meteorologische Situation. Der sogenannte „Government Stringency Index“ (SI), der international vergleichbar die Schärfe der lokalen Maßnahmen im Shutdown in einer Zahl zusammenfasst, fungierte als Bezugsgröße.

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Ein wesentliches Ergebnis: Der Lockdown, der ja als einziges Ziel das Bremsen des Infektionsgeschehens hat, reduziert auch weltweit die Belastung der Atmosphäre mit Stickstoffdioxid und Feinstaub – je höher der SI, desto stärker die Wirkung. Das trifft aber nur für Schadstoffe zu, die einen primär anthropogenen Ursprung haben, also vom Menschen direkt emittiert werden, und da vor allem aus dem Bereich der Mobilität. Die Ozonwerte sind dagegen gestiegen. Ursache sind atmosphärenchemische Prozesse, die durch ein Weniger an Stickoxiden in der Luft bedingt werden.

Die Studie betont auch bisherige Lücken in der Datensammlung und die Notwendigkeit weiterer Forschung. So sollte nach Einschätzung der Autoren die Beobachtung über das gesamte Jahr 2020 ausgedehnt werden. Besonderes Augenmerk richten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf Kohlenwasserstoffe, die bisher in den Studien lediglich vereinzelt untersucht werden, und auf erweiterte Analysen zur Klimawirkung der Emissionsänderungen.

Wichtige Ergänzung der Metastudie ist eine Datenbank, die über eine Website (COVID-19 Air Quality Data Collection) zugänglich ist. Sie enthält alle in der Studie enthaltene Daten zur Schadstoffbelastung, auch auf der Ebene einzelner Länder. Forschende finden darüber hinaus die Liste der bisherigen Publikationen und können sich so einen schnellen Überblick über bisherige Studien verschaffen.

Die Website ist aber auch eine Einladung an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Daten ihrer neuen Studien zur Verfügung zu stellen und damit Teil des Referenzsystems zu werden. Als „Living Version“ verfeinert sich dadurch die Darstellung der gesammelten Ergebnisse. In diese Richtung geht auch eine angedachte Weiterentwicklung der Datensammlung, die auch Messergebnisse und die Auswertung weiterer Schadstoffe enthält, die nicht Teil des bisherigen Kanons sind, zum Beispiel von Kohlenwasserstoffen.

Die wichtigen Daten könnten auch die Basis dafür bieten, die Auswirkungen auf die Atmosphärenchemie in Zukunftsszenarien besser abschätzen zu können. Dazu gehört zum Beispiel eine starke, dauerhafte Verminderung der Schadstoffbelastung bei einer weitgehenden Umstellung auf Elektromobilität.


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