Mal angenommen, als Gast beobachtet man einen Kellner (der Lockdown sei bereits Geschichte), der in der Silvesternacht wenige Minuten vor dem Jahreswechsel noch ein ganzes Tablett mit gefüllten Sektkelchen servieren muss. Er eilt in höchster Geschwindigkeit von Gast zu Gast. Dank seiner in vielen Berufsjahren perfektionierten Technik gelingt es ihm dennoch, kein Tröpfchen der kostbaren Flüssigkeit zu verschütten.
Atome ähneln in gewisser Hinsicht dem teuren Sekt: Sie lassen sich als Materiewellen beschreiben, die sich nicht wie eine Billardkugel, sondern wie eine Flüssigkeit verhalten. Wer Atome möglichst schnell von einem Ort zum anderen transportieren möchte, muss sich ähnlich geschickt anstellen wie der Kellner in der Silvesternacht.
Irgendwo gibt es jedoch eine Grenze, über die hinaus sich der Vorgang nicht weiter beschleunigen lässt. Das gilt für Atome genauso wie für die Sektkelche auf dem Tablett. Wo sie genau liegt, haben die Forschenden nun experimentell untersucht.
Als „Sekt-Ersatz“ diente ihnen ein Caesium-Atom, als „Tablett“ zwei gegeneinander gerichtete Laserstrahlen, die sich überlagerten. Durch diese Überlagerung entsteht eine stehende Lichtwelle: eine Abfolge von Bergen und Tälern, in denen sich das Caesium-Atom einfangen und transportieren lässt.
Wichtig sind die Erkenntnisse der Physiker unter anderem für das Quantencomputing. Denn Quantenzustände sind sehr empfindlich; sie überdauern nur eine kurze Zeit, die die Physiker Kohärenzzeit nennen. Die neue Studie zeigt, wie viele Operationen in dieser Zeitspanne maximal ablaufen können – um diese optimal auszunutzen.
Grenzwert für komplexe Operationen
Dass auch für den Quanten-Transport ein fundamentales Tempolimit gilt, haben die zwei sowjetischen Physiker Leonid Mandelstam und Igor Tamm bereits Mitte des letzten Jahrhunderts nachgewiesen. Man kann dieses allerdings nur unter bestimmten Umständen erreichen, nämlich in Systemen, in denen es lediglich zwei Quantenzustände gibt.
Anders sieht es dagegen aus, wenn aus dem Zwei-Niveau- ein Multi-Niveau-System wird. Beispielsweise weil der Abstand wächst, und das Teilchen seinen Ortswechsel in mehreren Zwischenschritten vollzieht. Auch Berechnungen, die mit Quantenrechnern möglich sind, basieren meist auf der Manipulation von Multi-Niveau-Systemen. Für diese Art von Systemen gilt die von den Forschenden bestimmte niedrigere Grenze.
Zum Interview mit Tommaso Calarco: Quanten am Limit, der die Bedeutung des Experiments und erklärt, warum Quantencomputer trotz des neuen Grenzwerts nicht unbedingt langsamer sein werden als gedacht.