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Alarmsignale für kritisches Gedränge erkennen

Dicht gedrängte Menschenmassen in Stadien, Clubs, Bahnhöfen oder Fußgängerzonen: Was derzeit wirkt wie ein Bild aus einer anderen Welt, ist tatsächlich Gegenstand des europäischen CrowdDNA-Projekts, an dem das Forschungszentrum Jülich beteiligt ist.

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Fußgänger-Experiment aus dem Jahr 2013 in den Düsseldorfer Messehallen Foto: Forschungszentrum Jülich / Marc Strunz-Michels
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Wie funktioniert „Rudelverhalten“? Dieses Phänomen von menschlichem Gedränge untersuchen derzeit unter anderem Forschende aus Jülich. Mithilfe modernster Sensortechnik sollen messbare Merkmale bestimmt werden, mit denen sich das Verhalten von Menschenmengen und davon ausgehende Gefahren präzise vorhersagen lassen. Langfristiges Ziel ist eine neue Generation von Simulationswerkzeugen, die Betreiber und Organisatoren von öffentlichen Räumen und Massenveranstaltungen bei ihrer Arbeit unterstützt – in einem Leben nach der Pandemie, oder auch, um Regelungen für potenzielle COVID-19-Hot-Spots zu entwerfen.

In der Physik ist es schon lange üblich, nicht direkt messbare Zustände aus verwandten Größen abzuleiten, die sich leichter beobachten lassen. So wird beispielsweise die Temperatur oftmals über die Strahlung bestimmt, die ein Körper aussendet, oder die Ausdehnung einer Flüssigkeit. Eine ähnliche Idee verfolgen Jülicher Forschende gemeinsam mit internationalen Projektpartnern auch im Projekt CrowdDNA, das vom französischen nationalen Institut für Informatik und Automatik (INRIA) koordiniert und mit 3 Millionen Euro durch das europäische Horizon2020-Programm gefördert wird.

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„Die Hauptidee ist, dass makroskopische Merkmale Informationen enthalten, mittels derer man den ‚inneren‘ Zustand einer Menschenmenge und damit zusammenhängende Risiken präzise vorhersagen kann“, erklärt Dr. Juliane Adrian vom Forschungszentrum Jülich. Ein Beispiel ist die Geschwindigkeit einer Gruppe, die sich über Videoanalysen sehr gut feststellen lässt. Diese geht letztlich zurück auf die Bewegungen von zahlreichen Individuen, die im Gedränge wiederum verschiedenen Kräften ausgesetzt sind, etwa durch Stöße oder Körperkontakt mit den Nebenleuten.

„Diese makroskopische und mikroskopische Skala miteinander zu koppeln, ist eine der großen Herausforderungen in diesem Forschungsfeld“, sagt Juliane Adrian. Mithilfe von Bewegungsanalysen per Video und verschiedenen Sensorsystemen will sie mit ihrem Team speziell die Frage beleuchten, wie einzelne Individuen im Gedränge interagieren: Welche Körperstellen kommen in Kontakt? Wie werden die Kräfte zwischen den Personen ausgetauscht? Und wie wirken sich die Lage von Stößen oder die Struktur des Untergrunds auf das Körpergleichgewicht und damit auf das Sturzrisiko aus?

Die Erkenntnisse sollen den Grundstein legen für eine neue Generation von Crowd-Analyse- und Simulationssystemen, die weniger auf Erfahrungswerten basieren und die Dynamik von Menschenmengen anhand wissenschaftlich fundierter Merkmale präzise vorhersagen können. Im CrowdDNA-Projekt arbeiten dazu Expertinnen und Experten aus der Physik, Psychologie, Informatik und des maschinellen Lernens eng mit Unternehmen aus den Bereichen der Crowd-Simulation und des Crowd-Managements zusammen.

Die Forschungsergebnisse könnten auch in Bezug auf die aktuelle COVID-19-Krise einen wertvollen Beitrag leisten: etwa, um den Effekt von Distanzierungsmaßnahmen zu analysieren oder Pläne und Maßnahmen für überfüllte Orte zu entwickeln, die potenzielle Hotspots für COVID-19-Infektionen darstellen.


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