Kennen Sie das Schlaraffenland? Nicht das, wo bestens für das leibliche Wohl seiner Bürger gesorgt ist, sondern eines der „geistigen Freuden“, in dem sich Freunde regelmäßig treffen, um sich gegenseitig humorvoll mit und über Kunst im weitesten Sinne zu unterhalten. Dieses eher unbekannte Schlaraffenland steht jedem offen und ist in fast jeder Großstadt zu finden. Lassen Sie mich von diesem Wunderland erzählen und Sie neugierig auf unser Spiel machen.
Die Bewohner nennen sich „Schlaraffen“. Einmal in der Woche – von Oktober bis April – treffen wir uns zu unserem Spiel. Da tragen wir selbst erstellte humorvolle oder auch ernste Texte vor oder rezitieren aus dem reichen Schatz der Literatur. Da musizieren wir, da werden unsere Lieder gesungen, oder wir hören einfach nur zu und haben Spaß und Erbauung. Das allein aber wäre noch kein „Spiel“. Das entsteht durch das dem ganzen Treffen zu Grunde liegende „ritterliche“ Rollenspiel. In ihm werden Schlaraffen zu „Knappen“, „Junkern“ und „Rittern“ mit bunten Rittermänteln und lustigen Ritternamen. Unser Vereinsheim ist unsere „Burg“!
Dieses „Schlaraffenland des Geistes“ ist vor 163 Jahren in Prag von Schauspielern des Deutschen Theaters als Persiflage auf die steife, nach Eitelkeiten gerierende, hierarchisch verkrustete Gesellschaft der K&K-Monarchie entwickelt worden. Und das treibt uns auch heute noch! Wir persiflieren das Streben nach Ruhm und Anerkennung, nach materiellen Werten. Im Rollenspiel gibt es einen „obersten“ Schlaraffen auf dem Thron, dem gehuldigt wird und der beim Lenken des Spiels „selbstverständlich“ immer Recht hat. Es gibt unter anderem einen Ceremonienmeister. Der Thron „hält“ sich einen Hofnarren und erlaubt großzügig eine „Opposition“. Wer diese und andere Rollen spielt, wird jedes Jahr neu gewählt.
Wie in jedem Spiel gilt auch im „schlaraffischen Spiel“ ein Regelwerk, das „Ceremoniale“. Dessen eherne Grundregel lautet: Im Spiel darf nicht über Politik, Beruf, Religion und das, was das ethische Empfinden Anwesender stören würde, gesprochen werden! Dieses Regelwerk gilt überall. Denn „Schlaraffia“ ist eine weltumspannende Vereinigung von rund 9000 Mitgliedern, und überall wird Deutsch gesprochen. Das hat damit zu tun, wie sich Schlaraffia weltweit verbreitet hat.
Naturgemäß hat Schlaraffia ein großes Anziehungspotential für Künstler, und bekannte Künstler wie zum Beispiel Gustl Bayrhammer waren schon Mitglied. Aber im Grunde stellt der kunstaffine Laie den Kern schlaraffischen Wesens dar. Entsprechend seiner Möglichkeiten arbeitet er an sich und verbessert über die Zeit seine Fähigkeiten. Die Achtung und Wertschätzung, die er dabei stets erfährt, entspringt der der Freundschaft unter den Schlaraffen innewohnenden Toleranz, die es jedem erlaubt, sich seiner Möglichkeiten entsprechend einzubringen und geachtet zu werden. Gerade für Laienmusiker bietet sich hier eine wunderbare Bühne mit einem aufgeschlossenen Publikum.
Die Mitgliedschaft bei Schlaraffia ist Männern vorbehalten. So bleibt der Reibungspunkt männlichen Imponiergehabes im Spiel außen vor. Und das ist gut so. Schlaraffia ist ein zweckfreies Spiel, das einzig der eigenen Entspannung und der gegenseitigen Erbauung dienen soll. Und für viele ist das Spiel ein Jungbrunnen, sei es als Entspannung vom beruflichen Alltag oder als Quell geistiger Anregung und Lebenselixier im fortgeschrittenen Alter. Man begegnet den überraschendsten Fähigkeiten. Einer redet in Reimen, ein anderer weiß Lebensweisheiten in kurze Fabeln zu verstecken, andere spielen Instrumente – vom Klavier bis zur singenden Säge oder dem Dudelsack. Andere wiederum können so etwas überhaupt nicht, aber sie wissen im richtigen Augenblick, eine humorvolle Bemerkung in das Spiel einzuwerfen – auch ein wichtiger Mitspieler. So ist kein Abend wie der andere. Schlaraffe ist man in der Regel bis zu seinem Tod. Und auch den Abschied vom Freund wissen wir Schlaraffen in unser Spiel einzubauen.
In Jülich leben zwar ein paar Schlaraffen, aber vor Ort gibt es keinen Verein. Ich bin der Ritter Solar-tron der Stichfestsproß, und mein „Reych“ ist Düren, die „Porta Arduennae“. Ich bin seit 37 Jahren Schlaraffe, und Schlaraffia ist ein nicht mehr wegzudenkender Teil meines Lebens geworden. Ich würde mich freuen, hier in Jülich weitere potentielle Schlaraffen zu finden, Menschen einen vollkommen neuen Aspekt ihres Lebens erschließen zu können.
Wer Interesse am Verein gewonnen hat, kann sich bei Rüdiger Urban unter der Rufnummer 02461 / 55715 melden. Er verspricht: „Sie werden es nicht bereuen.“
Alle Informationen auch unter
www.portaarduennae.de