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Schlüsselerlebnisse

Und plötzlich ist alles anders: Der Partner verlässt Frau und Kind, die Mutter erkrankt, die Stelle ist weg und dann ist der Weg, dass die Wohnung nicht mehr bezahlbar ist, ein kurzer. 2021 startete das NRW-Projekt „Endlich ein Zuhause!“ auch im Kreis Düren, das seither mit der Mission unterwegs ist, Menschen in eigene vier Wände zu begleiten.

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Die Immoblienkauffrauen Svenja Gielen (r) undAnn-Christine Krechting (l) sind für InVia mit der Aufgabe unterwegs, Menschen ein neues Zuhause zu ermöglichen. Foto: Dorothée Schenk
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In 311 Fällen werden aktuell Wohnungen gesucht. „Wir bekommen von Vermietern gar nicht so viele Wohnungen angeboten, wie wir Nachfragen von Klienten haben“, bedauert Svenja Gielen, die die Projektleitung hat. Die Immobilienkauffrau und zertifizierte Sozialmanagerin mit Berufserfahrung in einem Geldinstitut teilt sich mit Immobilienkauffrau Ann-Christine Krechting und den beiden Fachkräften mit der Qualifikation Sozialarbeit, Marco Breuer und Kerstin Dohmen, das Büro in der Weierstraße 29. Hier können Menschen, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind, Hilfe finden. Das sind eben nicht nur jene, die bereits ohne Obdach sind, sondern auch jene, denen Räumungsklagen drohen, die wegen Schufa-Einträgen keine neue Bleibe finden können oder auch umziehen müssen, weil durch äußere Umstände der Mietzins plötzlich zu hoch ist. Mit dieser – und der ganzen Vielfalt von persönlichen Gemengelagen – beschäftigt sich das Quartett, das unter dem Dach von In Via firmiert. Und das mit großem Erfolg: In den vergangenen vier Jahren sind 895 Haushalte „aufgenommen“ worden – also im übertragenen Sinne „aktenkundig“ – und über ein Drittel davon ist erfolgreich in „Wohnraum begleitet“ worden. 928 Menschen sind auf diesem Wege vor der Wohnungslosigkeit gerettet worden.

Eine von ihnen ist Nancy, die mit ihrem Sohn an diesem Morgen das schmucke Büro in der Nähe des Kaiserplatzes in Düren besucht. Vor der Geburt des Kindes hatte sie gut verdient und ihr Leben im Griff. Sie wurde schwanger, der Partner verließ sie, in der Wohnung war Schimmelbefall. Sie selbst ist inzwischen krankheitsbedingt frühverrentet. „Manchmal spielt das Leben halt anders, als man sich das vorstellt und wünscht. Dann gehört man auf einmal nicht mehr zur Gesellschaft“ beschreibt sie ernüchtert ihre Situation. Eine neue Wohnung zu finden war entsprechend schwierig. Bis sie zufällig in der Weierstraße vorbei kam und sich zu einer Beratung entschloss. Inzwischen hat sie eine neue Wohnung und eine Perspektive. Die gelernte Kauffrau im Einzelhandel ist Anfang 30 und möchte unbedingt wieder zurück in die Berufstätigkeit. Der Anfang ist gemacht.

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Foto: Dorothée Schenk
Allein die personelle Besetzung zeigt, dass das Projekt „Endlich ein Zuhause!“ viel mehr als nur ein Maklerbüro ist. In diesem Kümmerer-Projekt, das unter dem Dach der Caritas-Tochter In Via angesiedelt ist, kommt Sachkompetenz zu Sachkompetenz. Damit ist ein ungewöhnliches Rundum-Paket geschnürt, dass nicht nur den Wohnungssuchenden hilft, sondern auch für die Vermieter ein großes Plus ist. „Ich glaube“, so Ann-Christine Krechting , „die Vermieter schätzen, dass diese beiden Seiten Beachtung finden, dass wir Verständnis für die wirtschaftliche Situation haben und nicht auf Teufel komm raus jemanden schicken.“ Details werden im eins-zu-eins-Gespräch geklärt, etwa auch, wenn bestimmte Personengruppe – Beispiel: mit Suchterkrankung – nicht als Mieter genommen werden. Dagegen wird auf der anderen Seite „Pate gestanden“, wenn ein Schufa-Eintrag vorliegt, der oft das Ausschlusskriterium für eine Vermietung ist. Da ist Überzeugungsarbeit gefragt. „Die soziale Arbeit ist halt eben dabei damit Zugangshemmnisse abgebaut werden“, erläutert Kerstin Dohmen. Und als fortwährende Begleitung. Denn auch das ist nicht zu unterschätzen: Während bei herkömmlichen Abschlüssen nach der Unterschrift unter dem Mietvertrag in einem Maklerbüro alles erledigt wäre, besuchen die Sozialarbeiter weiterhin ihre Klientel. Da wird geguckt, ob zwischen Mieter und Vermieter alles läuft, aber auch, ob Möbel so platziert sind, dass Schimmelbildung – beispielsweise – vermieden werden kann.

Nicht immer führt der Weg durch „Endlich ein Zuhause!“ in die eigenen vier Wände. Individuell wird geguckt, welche Wohnform ab besten geeignet ist. Das kann eben auch die Unterbringung in „Betreutem Wohnen“ sein oder Familienhilfen werden installiert. Darum wird eng mit dem Netzwerk zusammengearbeitet. Da kommt das Stichwort Prävention ins Spiel: Menschen sollen ihre vier Wände gar nicht erst verlieren – oder sie zumindest so lange behalten, bis etwas Neues gefunden worden ist. „Wir haben ganz viele Klienten die nicht glauben, dass es so lange dauert bis man eine Wohnung findet und so schwierig ist. Und wir sagen immer, bitte kündigen Kündigen Sie keine Wohnung. Egal wie schlimm die Wohnung ist, kündigen Sie die nicht!“

Das Ziel ist die Mieter sollen wieder attraktiver für den Wohnungsmarkt zu machen, damit sie sich in Zukunft auch wieder selber bewerben können und Erfolgschancen haben. Das gelingt einerseits dadurch, dass sie durch das Projekt „Endlich ein Zuhause!“ Fürsprecher und Begleitung haben, aber auch durch Befähigung. Nämlich in der Form, dass aussagekräftige Mappen gemeinsam erstellt werden mit Lebenslauf, Mieterselbstauskunft , Belege über Einkünfte oder Sozialbezüge und einer kurzen Bewerbung.

Bis Ende 2025 ist die Finanzierung der NRW-Landesinitiative gesichert. Ob und wie es weitergeht, weiß das Erfolgs-Quartett an der Weierstraße 29 noch nicht. Wer Wohnungen zur Vermietung anbieten möchte oder Hilfe sucht, der kann zu den Öffnungszeiten das Büro aufsuchen oder Kontakt aufnehmen unter Ruf 02421/ 20345-30 oder per Mail unter endlicheinzuhause@invia-de.


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