Die Hörmuscheln explodierten! Schon über die Kirmesbrücke hinweg – und man munkelt sogar bis nach Stetternich – war die unglaubliche Stimmung in der Kulturmuschel zu hören: Auf den Stühlen und auch Tischen stehend waren 700 Frauen in Wallung, als Bel Air, Lupo, Räuber und final Cat Balou zum Mitsingen und Schunkeln animierten. Die „Jülich City Girls“ waren wie „Konfetti in der Luff“, um es mit Bel Air zu sagen. Die KG Överm Bersch mit ihrem Präsidenten und einzigen stimmberechtigten Mitglied, Thomas Beys, hat eine Marke gesetzt und gezeigt, was diese Veranstaltungshalle leisten kann. Licht, Ton, Stimmung! Hier ist richtig was möglich und die Messlatte für die Nachfolge-Events liegt hoch. Aber vielleicht lag es doch auch an den „Mädels“, die richtig zu feiern wussten? Jedenfalls waren sich die anwesenden Herren aus Technik und Theke einig: Hier war mehr Stimmung als noch eine Woche zuvor bei der Herrensitzung… Dieses Urteil sei hier nur aus Chronistenpflicht beigefügt.
Ein großartiges Bild bildeten zum Auftakt das Tanzcorps Agrippina Colonia, als die Tänzerinnen auch im wahrsten Sinne über die Bühne flogen und gleich für erste Begeisterungsstürme sorgten. Nachdem die Hände schon in Bewegung gekommen waren, wurde anschließend das Zwerchfell trainiert: Martin Schopps, bekennender Lehrer, ließ hören, zu was Bildung fähig ist. Politisch höchst unkorrekt witzelte er über Regierung und Parteien, sparte aber auch das Nachwuchsbildungsbürgertum nicht aus: Was soll man auch sagen, wenn man in die Klasse kommt, die Schüler fragt, was sie denn über Nordstream 2 wissen und die Aussage kommt: „Keine Ahnung, ich habe nicht mal Teil 1 gesehen“? Oder, wenn die weiblichen Mitarbeiter bei Amazon als Amazonen bezeichnet werden. Durch den Kakao zog er auch die gendergerechte Sprache, in der das „Stippeföttche“ künftig „cologne backsite rubble dance“ heiße und die Jungfrau im Dreigestirn zum „Never touched transgender Boy“ würde. Zugegeben nicht wirklich „mädchenspezifisch“ – aber schon, wenn Schopps erzählt, dass er dereinst sein Kind in den Schlaf sang, und ein sentimental seufzendes „oohhh“ durch die Muschel zieht. Das gibt es eben nur in dieser Sitzung! Das Grinsen des „Büttenredners“ war entsprechend beredt.
Eingeladen hatte „Der Präsident“ auch zwei, die nicht nur auf „Mädchen“ stehen, sondern auch noch Single sind: „Willi und Ernst“ fühlten sich wie im Paradies auf der Mädchensitzung. So wurde dann auch geflirtet was das Zeug hielt und sie lobten sich selbst als „zwei Sahneschnitten“, die bereit wären dieses Jahr noch die Lohnsteuerklasse zu wechseln. Noch nie hätten sie sich in einer Muschel befunden, wo die Türen abgeschlossen waren. Unfassbar wie obszön das Wort „Muschel“ klingen kann…. Großer Brüller bei den „Mädels“. Unter tosendem Applaus – aber ohne weibliche Begleitung – wurden sie verabschiedet, allerdings nicht ohne sich vorab zu vergewissern, ob denn die Brücke denn jetzt schon fertig gebaut ist. Apropos… die Brücke führte auch während des Abends oft zu Gesprächsstoff, da nicht nur Ortsfremde, sondern auch Ortskundige sich verfahren hatten. Engagierte Künstler strandeten etwa am Walramplatz und ließen sich durch Wegweisende zur Bühne lotsen. So musste hier und da zwischen den Auftritten – Achtung: Wortwitz! – eine „Brücke“ geschlagen werden.
Ein besonderer Hingucker und ein echter Mädchensitzungsauftritt waren „die Kerls“ der Formation „Fauth Dance Gentleman“. Fetzige Musik, sportliche Präsentation, „lecker Jonge“ ließen 700 Augenpaare auf der Bühne ruhen – zu einer Zeit, als es schon Keine mehr auf den Stühlen hielt. Zuletzt reichte schon ein Fußzucken, um im Saal für Ekstase zu sorgen. Spätestens dieses Jungs hatten die Stimmung auf den Siedepunkt hochgefahren, so dass Cat Balou nur noch ein Grad erhöhen musste, bis der Saal zum Finale kochte.
Anfangs „fremdelten“ einige Traditions-Gäste etwas, war doch die Bürgerhalle in Koslar immer das Wohnzimmer der Ladys gewesen. Schnell hatten sie sich aklimatisiert, denn es war eben nicht alles anders: Die Mädels waren vorbereitet! Mit tollen Kostümen und „Picknick“ im Gepäck waren sie angereist und ließen sich vom Team des Kulturbahnhofs in Windeseile ihre Getränke kredenzen. Der „KuBa“ stemmte mit der KG Överm Bersch und der Stadt Jülich als Veranstalter dieses Event gemeinsam.
Für die jahrelange Gastfreundschaft hatte sich der Präsident artig vorab bei der GKG Fidele Brüder bedankte. Die waren nämlich, wie übrigens alle Präsidenten der Gesellschaften im Jülicher Stadtgebiete, zur Mädchensitzung geladen – an den Katzentisch. Sie durften, ausdrücklich vom Präsidenten Beys so gefordert, nur aus der Ferne zugucken und nutzen diese Gelegenheit reichlich: „Rurblümchen“, „Lazarus“ und „Ulk“ zeigten ebenso wie die „Schnapskännchen“ Präsenz, Begeisterung für den neuen Veranstaltungsort und reichlich Lachen auf den hinteren Rängen.
Gleichzeitig erging die Einladung an alle Feiernde, ihre Freude auch zu teilen. Der Präsident sammelt nämlich: Einmal für die Grabung eines Brunnens in Tansania über die Neven-Subotic-Stiftung und zum Zweiten, um Tänzerin Fiona der GKG Fidele Brüder zu unterstützen, deren Behandlung sehr kostenintensiv ist. Die 15-jährige leidet an einer immunologischen Störung und dadurch sitzt im Rollstuhl.
Fotos: Nicola Wenzl und Dorothée Schenk