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Männerballett, Majestäten und Mannschaften

Aus der ältesten Bruderschaft im Bezirksverband, den Güstener Schützen, sind ist die Welldorfer St. Hubertus Bruderschaft 1859 hervorgegangen. Heute gibt es im Jülicher Land noch 16 Bruderschaften, im gesamten Bezirksverband 21. Ein Ortsbesuch am Sandweg.

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Foto: Archiv Hubertus Schützenbruderschaft Welldorf
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Der erste Blick fällt auf einen sichtbar heißgeliebten Kicker, der zweite auf viele Rahmen, in denen kostümierte Gruppen von Männern zu sehen sind. Es sind keine Uniformierten und festlich Gekleideten bei einem Umzug, sondern eindeutig Karnevalskostüme, die getragen werden. Nicht das, was gemeinhin erwarten würde, wenn man ein Vereinsheim von Schützen besucht. Die Hubertus Schützenbruderschaft in Welldorf pflegt eine wirklich ungewöhnliche Gemeinschaft.

„Die Aufgaben, die wir wahrnehmen sind sehr vielfältig. Wir haben Glaube – Sitte – Heimat auf der Fahne stehen“, gibt Stefan Drexler, Brudermeister der St. Hubertus Schützenbrudertschaft Welldorf 1859, zu bedenken. Das ist kein bloßes Lippenbekenntnis. Am Anfang des Tages steht stets eine Messfeier: Seien es das Schützenfest, der Vogelschuss an Fronleichnam oder der Patronatstag am 3. November, wenn der Heilige Hubertus seinen Namenstag feiert – auch wenn traditionell die Hubertusmesse auf der Burg Nideggen stets im Oktober gefeiert wird. Da sind die Welldorfer nach Möglichkeit natürlich auch dabei. „Wir sind ein kirchlicher Verein“, sagt Drexler. „Es ist wichtig, dass man Flagge zeigt.“

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Nach dem lieben Gott kommt die Geselligkeit: Bekannt sind Schützen dafür, dass sie feiern können. Auch das ist Tradition. Am Fronleichnamstag wird der Wettbewerb vom Schießstand aus live auf den Vorplatz des Schützenhauses am Sandweg übertragen: „Das ist das absolute Dorffest!“, sagt Ortsvorsteher und Schützenbruder Christian Klems. Gespannt verfolgen die Gäste in geselliger Runde „bei ein paar Bierchen“, wie die vier bis sechs Ausgelosten auf das hölzerne Federvieh anlegen. „Es hängt ein bisschen vom Können ab und auch vom Glück ab, an welcher Stelle man gezogen wird“, erklären die Fachmänner. Die besten Chancen, dass der Vogel fällt und man die Majestätenwürde mit nach Hause nehmen kann, haben die Schützen, wenn sie die Aufhängung des Vogels anvisieren. Ist diese „perforiert“ ist das Schützenstück gelungen. Der Vogel fällt.

Schützen würden den Namen eben kaum tragen, wenn sie sich nicht auch Schießsport betreiben würden. Der ist übrigens ein Wintersport. Denn die Wettkämpfe werden zwischen Oktober und März ausgetragen. Die übrigen Monate sind dem Training gewidmet. Derzeit sind zwei Mannschaften und eine Jugendmannschaft aufgestellt. Die Hubertusschützen trainieren aber nicht nur über Kimme und Korn am Druckluftgewehr, sondern auch am Ball. Sie haben eine Fußballmannschaft und treten nicht nur in schützenverbandsübergreifenden Wettbewerben an, sondern haben auch schon dreimal den Pokal bei „Unser Dorf spielt Fußball“ ins Vereinsheim geholt. Der steht nun neben vielen anderen Schützen-Pokalen rund um eine Hubertus-Statuette auf dem langen Regalbrett im Schützenheim.

Demnächst könnte eine weitere „Sportart“ hinzu kommen. Die Jungschützen wollen eine alte Welldorfer Tradition wiederbeleben. Das Fahnenschwenken. „Wir hatten in den Hochzeiten über zehn Fahnenschwenker mit eigenen Fahnen“, berichten die Herren. Jungschütze Stefan Kieven spricht derzeit die alten Trainer an und „dann wollen sie wieder loslegen. Da würden wir uns sehr freuen.“

Die Welldorfer Schützen sind auch ein „Dorfverein“, dem übrigens 200 Mitglieder angehören. „Wir sind im Ort immer präsent, auch wenn es Arbeit gibt“, betont Stefan Drexler. „Dafür sind wir bekannt.“ Das gilt ,wenn die Madonna an der Kirche auf einen neuen Platz gestellt werden soll ebenso wie für die Betreuung der Marienkapelle, die die Hubertusschützen vom Kapellenbauverein übernommen haben. „Das ist unsere Immobilie“, schmunzelt Christian Klems, der das kleine Gotteshaus am Ortseingang „betreut“, für Sauberkeit sorgt und immer wieder die Kerzen auffüllt. „Man sieht wie sehr die Menschen das annehmen: eine Kerze anzünden, sich hinsetzen und ein bisschen Einkehr halten.“ Inzwischen hat er bei der Aufgabe Unterstützung von einem 16-jährigen Jungschützen, der auf Klems Aufruf in einer Sitzung reagiert hat.

Zum Dorfleben gehört aber selbstredend der Karneval, an dem sich die Schützen ebenfalls beteiligen. Das kam so: 1995 kam es zur „Schnapsidee“, wie Christian Klems grinsend erzählt, ein Männerballett auf die Beine zu stellen. Die „Fashion Oldies“ wurden gegründet und betreiben seither ihre Aktivitäten vor allem zum eigenen Spaß an und zur Gaudi des Publikums. „Wir waren nicht ehrgeizig genug, um top-Leistung abzuliefern, da ging es um Karneval und Freude haben“, erzählt Klems und plötzlich ergeben die gerahmten Fotografien an der Vereinswand Sinn. Es habe tatsächlich junge Männer gegeben, die seien nur bei den Hubertusschützen Mitglied geworden, weil sie unbedingt mittanzen wollten. Lachend erinnern sich die Klems und Drexler an die legendären Frauensitzungen im Ort – die sind leider Geschichte. Die „Fashion Oldies“ waren auf Bitten der Frauengemeinschaft auch bei Organisation, Auf- und Abbau in die Bresche gesprungen „in der Hoffnung, dass sich welche finden, die es weitermachen“. Die war vergeblich. Klems bedauert, dass das nicht gelungen ist: „Es ist schade, weil wieder etwas im Dorfleben verloren geht, das klasse war.“ Aber Karneval ist eben nicht das Kerngeschäft von Schützen.

Fazit: Die Welldorfer Hubertus-Schützenbruderschaft ist ein Verein der Kirche, einer der Brauchtum pflegt, ein Sportverein und ein Karnevalsverein? „Es ist eine Gratwanderung zwischen Tradition und Moderne“, sagt Stefan Drexler. In diesem Bewusstsein hat im Februar 2020 der Generationenwechsel stattgefunden, als Drexler nach 28-jähriger Amtszeit von Christian Klems das Brudermeisteramt übernommen hat. Zeitgleich wechselte auch die Geschäftsführung: Oliver Berresch übernahm den Posten von seinem Schwiegervater Arnold Berrisch, der 29 Jahre das Amt ausgeübt hatte. „Jetzt sind junge viele Leute im Vorstand“, sagt Christian Klems nicht ohne stolz, „gut durchmischt: Frauen und Männer und immer zwei Vertreter der Jungschützen, die sich auch bereit erklärt haben, Funktionen zu übernehmen.“

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Dorothée Schenk
HERZOGin mit Leib und Seele. Mein HERZ schlägt Muttkrat, Redakteurin gelernt bei der Westdeutschen Zeitung in Neuss, Krefeld, Mönchengladbach und Magistra Atrium der Kunstgeschichte mit Abschluss in Würzburg. Versehen mit sauerländer Dickkopf und rheinischem Frohsinn.

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